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Verabschiedung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

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Am 3. Juli 1957 wurde das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vom Bundestag verabschiedet. Dieser Entscheidung waren jahrelange Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen, Wirtschaftsverbänden, Parteien und Bundeswirtschaftsminister vorausgegangen. In den Beratungen über das Gesetz konnte ein Abgeordneter im Wirtschaftspolitischen Ausschuß sogar die Grundfrage aufwerfen, ob man denn überhaupt so genau wisse, was Wettbewerb sei.

Ludwig Erhard hatte dazu in seiner Programmschrift "Wohlstand für alle" ausgeführt: "Nun mag von meinen Gegnern die Frage aufgeworfen werden, ob die von mir so betonte Freiheit des Unternehmers nicht gerade dadurch zu sehr eingeschränkt wird, daß man dem Unternehmer nicht mehr gestatten möchte, seine Freiheit so zu gebrauchen, wie er es für richtig hält. Diese Frage zu stellen und zu beantworten, heißt den eklatanten Unterschied zwischen der sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie in Westdeutschland seit 1948 zu verwirklichen suchen, und der liberalistischen Wirtschaft alter Prägung aufzuzeigen. Nach meiner Auffassung beinhaltet die soziale Marktwirtschaft eben nicht die Freiheit der Unternehmer, durch Kartellabmachnungen die Konkurrenz auszuschalten; sie beinhaltet vielmehr die Verpflichtung, sich durch eigene Leistung im Wettbewerb mit den Konkurrenten die Gunst des Verbrauchers zu verdienen. Nicht der Staat hat darüber zu entscheiden, wer am Markt obsiegen soll, aber auch nicht eine unternehmerische Organisation wie ein Kartell, sondern ausschließlich der Verbraucher. Den Gegenpol der wirtschaftlichen Freiheit stellt die Ausprägung wirtschaftlicher Macht dar. Der Gesetzgeber muß also dem Problem der wirtschaftlichen Macht als einem möglichen Störfaktor des marktwirtschaftlichen Gleichgewichts seine besondere Aufmerksamkeit schenken."

Obwohl sich die Wirtschaftsverbände prinzipiell zu einer freiheitlichen Marktordnung bekannten, bestanden in vielen Einzelfragen zum Teil erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Wirtschaftliche Zusammenschlüsse hatten in Deutschland seit Ausgang des 19. Jahrhunderts historische Tradition. Gab es 1875 lediglich 8 Kartelle, so vergrößerte sich deren Zahl seit der Gründung des Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikats 1899 ständig. Zwei Jahre später gab es 143 Kartelle, 1910 waren es 673. 1930 wurde mit etwa 3000 der Höhepunkt erreicht. Diese Globalzahlen beschreiben allerdings die damaligen Verhältnisse nur ungenau, da sich der Kartellierungsgrad der einzelnen Wirtschaftsbranchen oft stark voneinander unterschied.

Die öffentliche Meinung (Nationalökonomen, Juristen, Parteienvertreter und Gewerkschafter) hatte nichts gegen Kartellierung einzuwenden, viel jedoch gegen Trusts. Hierbei handelt es sich um Unternehmenszusammenschlüsse, bei denen die einzelnen Unternehmen im Unterschied zum Konzern meist ihre rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit verlieren. Charakteristisch für den Trust ist das Anstreben der Marktbeherrschung zur Gewinnmaximierung.

Es herrschte die Ansicht vor, daß die Beseitigung des sogenannten ruinösen Wettbewerbs durch Kartelle und Syndikate das beste Mittel zur Verhinderung einer Vertrustung der deutschen Wirtschaft nach amerikanischem Vorbild sei. Diese Auffassung wurde durch Reichsgerichtsurteile von 1890 und 1897 unterstützt. Doch erst mit einer am 2. Januar 1923 erlassenen Verordnung versuchte man, gegen den Machtmißbrauch der Kartelle vorzugehen. Dabei blieb der Grundgedanke erhalten, daß Kartelle an sich zulässig seien und nur der Mißbrauch durch Aufsicht geregelt werden müsse. Der Nationalsozialismus stellte schließlich die Kartelle in den Dienst seiner Wirtschaftslenkung. Diesem Ziel dienten auch das Zwangskartellgesetz vom 15. Juli 1933 und die Marktaufsichtsordnung vom 20. Oktober 1942.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erließen die westlichen Besatzungsmächte ein grundsätzliches Kartellverbot und ordneten eine Dekartellierung an, die sich neben den Kartellen auch gegen Konzerne als zentral geleitete Zusammenschlüsse abhängiger Unternehmen und gegen marktbeherrschende Einzelunternehmen richtete. Die Entflechtung der Wirtschaft wurde zum geflügelten Wort. Die Siegermächte sahen in einer Schwächung der deutschen Wirtschaft eine günstige Gelegenheit, die ehemals gute Position deutscher Produkte auf dem Weltmarkt, aus der sie teilweise im Verlaufe des Kriegsgeschehens die Deutschen verdrängt hatten, weiterhin zu behalten und auszubauen. Diese Absicht blieb der deutschen Seite nicht verborgen, so daß man das Kartellverbot zunächst überwiegend als Willkürmaßnahme der Sieger auffaßte, das nur dazu bestimmt sei, die Wirtschaftskraft des besiegten Deutschlands zu lähmen. Aus dieser Auffassung heraus ist es verständlich, daß die Initiativen von westdeutscher Seite sich zunächst darauf beschränkten, zu den von den Alliierten erlassenen Verordnungen Gegendarstellungen vorzulegen. Erst Mitte 1949 hatte ein Kreis von Sachverständigen und Regierungsbeamten einen Entwurf zu einem Konzentrationsgesetz erarbeitet, der am 5. Juli 1949 dem damaligen Direktor der Verwaltung für Wirtschaft, Ludwig Erhard, vorgelegt wurde, aber nicht den Vorstellungen der Amerikaner entsprach und deshalb zurückgezogen wurde.

In den ersten Auseinandersetzungen um das GWB ging es vor allem um eine prinzipielle Frage: Erhard, der dabei von amerikanischer Seite zusätzlich unter Druck gesetzt wurde, trat für ein generelles Kartellverbot ein. Auf Seiten der Verbände lehnte man dies ab, weil man Marktabsprachen in Krisenzeiten zur Vermeidung eines ruinösen Wettbewerbs durchauf für notwendig hielt. Letztlich ging es um die Entscheidung, ob eine Verbots- oder eine Mißbrauchsregelung geschaffen werden sollte.

Das am 3. Juli verabschiedete Gesetz folgte dem Verbotsgrundsatz, berücksichtigte jedoch eine Reihe von Ausnahmen und Übergangsregelungen. Zudem hatte sich zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Kartellgesetzes das Hauptproblem der Wettbewerbsgestaltung verlagert. Nicht die Kartellierung sondern die Fusionierung begann, das System der sozialen Marktwirtschaft zu beeinträchtigen. Die Bundesregierung vertrat zunächst die Auffassung, daß es wegen des harten Wettbewerbs auf sich ständig erweiternden Märkten immer weniger möglich sei, marktbeherrschende Macht zu bilden oder zu erhalten. Die Regierungskreise setzten darauf, daß das Bundeskartellamt, das Kartellgericht und die Monopolkommission geeignete Mittel seien, unzulässige Kartelle zu verhindern.

In der praktischen Umsetzung spielten für das Bundeskartellamt, das 1958 seine Tätigkeit aufnahm, zunächst die Übergangsbestimmungen des GWB eine wesentliche Rolle. Danach blieben vor allem "Altkartelle", wenn sie bestimmten Voraussetzungen genügten, weiter wirksam. Die Verfahren zur Freistellung vom Kartellverbot nahmen die Berliner Behörde jahrelang in Anspruch.

Trotz der Tatsache, daß z.B. in den ersten zehn Jahren der Geltung des GWB mehr Kartelle genehmigt als abgelehnt wurden, zeigte sich in heftigen Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen, Bundeskartellamt und amtlicher Wettbewerbspolitik, daß zumindest in Einzelbereichen einer Wettbewerbsverzerrung erfolgreich entgegengetreten werden konnte. Hierzu gehört beispielhaft die Intensivierung des Bankenwettbewerbs durch die Zinsfreigabe zum 1. April 1967.

Mit der Novelle des GWB vom 3. Januar 1966 hatte die Bundesregierung die behördlichen Eingriffsrechte wesentlich erweitert und dem Bundeskartellamt ein Instrument an die Hand gegeben, wirkungsvoller gegen marktbeherrschende Unternehmen vorzugehen.

Die fortschreitende Integration der Märkte, auch über den europäischen Rahmen hinaus, führten in der Folgezeit zu weiteren Novellierungen des Gesetzes. Trotz solcher Fortschritte traten immer wieder Unzulänglichkeiten zu Tage, so daß die Diskussionen über den praktischen Nutzen des GWB bis heute nicht abreißen.

Zur Diskussion über das GWB finden Sie auch Unterlagen in den Akten des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), die im Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP) unter der Signatur VI-003 aufbewahrt werden.

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