Im Titelbild: Die Teilnehmer der Freundeskreis-Exkursion nach Thüringen, im Hintergrund die Wartburg
Zu Beginn des Programms der Exkursion sprach Dr. Marko Kreutzmann von der Forschungsstelle für Neuere Regionalgeschichte an der Friedrich Schiller Universität Jena über die Grundzüge der Geschichte Thüringens. Dabei beschrieb er vor allem wie zahlreiche Kleinstaaten - es waren zeitweise fast 30 - die Geschichte Thüringens maßgeblich geprägt haben, und warf die Frage auf, ob man die deutsche Kleinstaaterei eher als Menetekel oder als Glücksfall einzuschätzen hätte.
Am folgenden ersten Exkursionstag ging es von der Eisenacher Südstadt hinauf zur Wartburg. Diese lernten die Teilnehmer nicht nur als Deutschlands bekannteste Burganlage und Rückzugsort Luthers kennen, sondern auch als wichtigen deutschen „Erinnerungsort“: Seit dem 19. Jahrhunderts ist die Burg immer wieder als Instrument geschichtspolitischer Inszenierungen genutzt worden - vom Wartburgfest, zu dem 1817 Jenaer Burschenschafter aufriefen, über die Renovierung als dynastischem Denkmal für das Fürstenhaus Sachsen-Weimar- Eisenach, Versuchen der Nationalsozialisten, sie zur Gauburg umzufunktionieren, bis zu den Veranstaltungen der DDR anlässlich des Luther-Jubiläums von 1971. Dass Eisenach allerdings für mehr steht als die Wartburg und über eine vorbildlich sanierte Altstadt mit herausragenden Museen verfügt, verdeutlichte den Reiseteilnehmern am Nachmittag ein mehrstündiger Stadtrundgang mit anschließendem Besuch im Museum für Johann Sebastian Bach, den berühmtesten Sohn der Stadt.
Für eines der dunkelsten Kapitel thüringischer und deutscher Geschichte hingegen steht das oberhalb von Weimar auf dem Ettersberg gelegene und 1937 von den Nationalsozialisten eingerichtete Konzentrationslager Buchenwald, das die Teilnehmer am nächsten Tag besuchten. In zwei sehr differenzierten Führungen beschrieben die Mitarbeiter der Gedenkstätte nachdrücklich, wie das System von Terror und Vernichtung sowohl aus Opfer- aber auch aus Täterperspektive funktionierte und arbeiteten heraus, auf wie vielfältige Art und Weise das Lager von Buchenwald in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben der Weimarer Bevölkerung eingebunden war. Dem Mythos, die Menschen in Weimar hätten von der Existenz Buchenwalds nichts gewusst, erteilten sie so nachhaltig eine Absage.
Über die lange, traditionsreiche Geschichte jüdischen Lebens in Thüringen informierte am Nachmittag dann in einem Gespräch mit den Teilnehmern der thüringische Landesrabbiner Alexander Nachama in der neuen Synagoge von Erfurt. Ein stimmungsvoller Gottesdienst, zu dem die Teilnehmer im Gestühl des Hochchores des Erfurter Doms mit Blick auf dessen berühmte gotische Fenster Platz nehmen durften, beschloss das Programm des zweiten Exkursionstages.
Am dritten Exkursionstag Tag lernten die Reiseteilnehmer Weimar aus drei verschiedenen Perspektiven kennen: Ein Besuch im 2019 neu eröffneten Bauhausmuseum informierte zunächst über Gründung und Geschichte der Bauhausschule, Weimars und Deutschlands wichtigstem Beitrag zur Geschichte der Moderne im 20 Jahrhundert. Ein anschließender Stadtrundgang führte die Gäste zu den wichtigsten Stätten des klassischen Weimar der Goethe- und Schillerzeit - von der Herzogin Anna Amalia-Bibliothek über das Haus der Frau von Stein, das Goethehaus und das Schillerhaus bis zum Goethe - und Schillerdenkmal vor dem Weimarer Nationaltheater.
Welche Rolle dieses wiederum bei der Gründung der ersten deutschen Republik, die 1919 in Weimar aus der Taufe gehoben wurde, spielte, erfuhren die Teilnehmer schließlich im 2019 neugegründeten Haus der Weimarer Republik. Es habe sich der Pflege der Erinnerung an die Weimarer Republik verschrieben und wolle deren Relevanz für unsere Gegenwart hervorheben, betonte dessen Geschäftsführer Stephan Zänker im Gespräch mit den Gästen, bevor diese die Möglichkeit erhielten, sich in der Dauerstellung über verschiedene Facetten der Geschichte der Weimarer Republik zu informieren.
Mit dem Gefühl, sie seien sehr gut über die facettenreiche politische und kulturelle Geschichte Thüringens informiert worden, machten sich die insgesamt 24 Teilnehmer aus neun Bundesländern nach einer allgemeinen Abschlussdiskussion schließlich am 15. Oktober wieder auf den Rückweg in ihre Heimatregionen.
Dr. Stefan Vöhringer