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Demokratie-Gipfel findet ohne die Länder des Nördlichen Dreiecks statt

von Dr. Rudolf Teuwsen

Wöchentlich Neues aus Guatemala, Honduras und El Salvador

Liebe Interessierte an der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Guatemala und Honduras: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie in Mittelamerika aus? Welche anderen Ereignisse des politischen und wirtschaftlichen Lebens in diesen Ländern geschehen sonst noch? Und wie arbeitet die KAS eigentlich unter den derzeitigen Bedingungen? Wenn Sie die Antworten auf diese oder ähnliche Fragen interessieren, bieten wir Ihnen in diesem Blog Woche für Woche die wichtigsten Neuigkeiten und einen kleinen Einblick. Danke für Ihr Interesse und viel Vergnügen bei der Lektüre.

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Wenn US-Präsident Joe Biden am 9. Dezember den Demokratie-Gipfel eröffnet, an dem rund 110 Staaten teilnehmen werden, dann werden nicht nur Russland und China nicht dabei sein, dann fehlen von den 35 Ländern Lateinamerikas und der Karibik ebenfalls acht. Lässt man einmal Haiti wegen seiner inhärenten Instabilität außen vor, dann haben mit Kuba, Nicaragua, Venezuela und Bolivien vier der acht eine bereits lange Tradition des Anti-Amerikanismus vorzuweisen. Aber die übrigen drei gehörten bislang zu den engsten Verbündeten der USA und sind von dem großen Nachbarn im Norden immer noch wirtschaftlich abhängig. Es sind die drei Länder des sog, Nördlichen Dreiecks: Guatemala, Honduras und El Salvador.
Im Falle des letztgenannten wäre eine Einladung bei Präsident Nayib Bukele, der keine Gelegenheit auslässt, sich in den Sozialen Medien abfällig über die USA zu äußern, wohl ohnehin auf taube Ohren gestoßen. Die USA haben daher in der vergangenen Woche die Beziehungen zur Regierung El Salvadors offiziell eingefroren.
Im Falle von Honduras, wo am ersten Adventssonntag gewählt wurde, ist Präsident Juan Orlando Hernández an den Tagen des Demokratie-Gipfels nur noch geschäftsführend im Amt. Zudem sitzt sein Bruder wegen Drogenhandels in den USA im Gefängnis.
Im Falle von Guatemala ist die Nicht-Einladung jedoch ein wenig überraschend und muss zugleich als deutliches Warnsignal wahrgenommen werden. Immerhin hatte Vizepräsidentin Kamala Harris im Juni ihre allererste Auslandsreise überhaupt nach Guatemala geführt, und sie hatte mit Präsident Alejandro Giammattei ein Programm zum Kampf gegen Unterernährung und Korruption vereinbart. Mit 6,5 Millionen Dosen Impfstoff haben die Amerikaner mit weitem Abstand den größten Beitrag dazu geleistet, dass in Guatemala inzwischen immerhin rund ein Viertel der Bevölkerung über 12 Jahren vollständig geimpft ist. Aber die Zerstörung der Gewaltenteilung durch die Regierung und ihre Unterstützer, insbesondere die Schwächung der Unabhängigkeit der Justiz, sowie mehrfache ruppige Antworten Giammatteis auf diesbezüglich Ermahnungen und Warnungen der Amerikaner haben offenbar zu einer deutlichen Entfremdung auch in Washington geführt.
Von Kommentatoren in den guatemaltekischen Medien wird diese Entwicklung mit großer Sorge gesehen. Vor allem weisen sie darauf hin, dass die ohnehin abnehmenden ausländischen Direktinvestitionen im Land fast völlig verschwinden könnten. Das wäre für das wirtschaftliche Wachstum des Landes und den Kampf gegen Armut und Hunger fatal.

Im Kontext des diesjährigen Orange Day (Tag des Kampfes zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen) fallen folgende bedrückende Zahlen besonders auf: In den ersten zehn Monaten dieses Jahres hat in Guatemala alle vier Stunden ein Mädchen, das noch keine 15 Jahre alt war, ein Kind entbunden, und alle 95 Minuten wurde ein weiteres Mädchen dieser Altersgruppe schwanger. Den im ersten Halbjahr registrierten 2.737 Schwangerschaften stehen aber nur 1.896 Anzeigen wegen Vergewaltigung eines Kindes gegenüber, von denen nur 75 Fälle Jungen betrafen. Das bedeutet, dass nur zwei Drittel der Fälle des sexuellen Missbrauchs eines Mädchens unter 15 Jahren überhaupt zur Anzeige gebracht wurden. Insgesamt suchen in Guatemala nur 40 Prozent der Frauen, die Opfer einer Gewalttat wurden, irgendwelche Hilfe; noch weniger wenden sich an die Justizbehörden und erstatten Anzeige.

Nach mehreren Jahren der Ungewissheit hat der Kongress von Guatemala nun mit der sehr großen Mehrheit von 107 Stimmen das PPP-Projekt des Ausbaus der Autobahn zwischen den Orten Escuintla und Puerto Quetzal, dem Pazifikhafen des Landes, verabschiedet. Die Straße existiert bereits als Nationalstraße, wird aber nun innerhalb der nächsten drei Jahre von einer privaten Betreiberfirma zur Autobahn ausgebaut. Die Investitionen dafür belaufen sich auf rund 110 Millionen Euro. Das Geld soll in den auf den Ausbau folgenden 22 Jahren durch die Erhebung von Mautgebühren wieder zusammenkommen. Zudem muss die Firma ab dem ersten Jahr des Ausbaus acht Jahre lang eine Lizenzgebühr von vier Prozent der Einnahmen abtreten, ab dem neunten Jahr für den Rest des Betriebes sogar gut 40 Prozent. Dafür verpflichtet sich der Staat im Gegenzug, eine in einigen Kilometern Entfernung praktisch parallel verlaufende weitere Nationalstraße in Stand und in Betrieb zu halten. Mit dem Projekt besteht dann zwischen der Hauptstadt und der Pazifikküste beinahe eine durchgehend vierspurige Straßenverbindung; es bleibt ein Flaschenhals, der mitten durch die Stadt Palín. Dennoch dürften sich der Gütertransport und der Ausflugsverkehr zwischen Guatemala-Stadt und der Küste beschleunigen. Kritik an dem Projekt üben jedoch die Anwohner der Route, die die Straße bislang gebührenfrei nutzen konnten und für die die Maut von 15 Quetzales (umgerechnet ca. 1,80 Euro) pro PKW eine nicht zu unterschätzende finanzielle Belastung bedeuten. Wollen sie diese vermeiden, müssen sie in Zukunft Umwege in Kauf nehmen und auf weniger gut ausgebaute Nebenstraßen sowie die parallele Nationalstraße ausweichen.

Erst zwei Tage vor den Wahlen in Honduras hat der Nationale Wahlrat (Consejo Nacional Electoral, CNE) die notwendige Ausrüstung erhalten, um, wie gesetzlich vorgeschrieben, spätestens drei Stunden nach Schließung der Wahllokale von dort die ersten vorläufigen Ergebnisse an die Zentrale in der Hauptstadt Tegucigalpa übermitteln zu können. Die Firma, von der die 2.400 Multifunktionsgeräte zum Scannen der Wahlzettel und zum Ausdruck der Ergebnisse bestellt worden waren, hatte ungeeignete Produkte geliefert, so dass der CNE in einer Notmaßnahme die Geräte von den Kollegen der Dominikanischen Republik sowie El Salvadors ausleihen musste. Da keine Zeit blieb, die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in die Benutzung einzuweisen, wurde jedoch bezweifelt, dass das System zufriedenstellend funktionieren würde, vor allem in den ländlichen Wahllokalen, wo zudem die Versorgung mit Mobilfunk und Internet schwach ist.
Gut zwei Millionen der Wählerinnen und Wähler, das sind immerhin 37 Prozent aller Wahlberechtigten, sind zwischen 18 und 30 Jahren alt. Sie könnten für den Ausgang der Abstimmung eine entscheidende Rolle spielen. Während in den Umfragen zwar die Kandidatin der oppositionellen linken Partei Libre, Xiomara Castro de Zelaya, und der Kandidat der regierenden Nationalpartei (Partido Nacional de Honduras, PNH), Nasry Asfura, vorn liegen, zeigen dieselben Umfragen auch, dass 40 Prozent der Wahlberechtigten sich noch nicht für einen Kandidaten entschieden haben, und vor allem, dass die Mehrheit der genannten Gruppe der 18-30jährigen dazu neigt, die dritte politische Kraft des Landes, die Liberale Partei (Partido Liberal de Honduras, PLH) zu wählen, weil sie sich von ihr die größte Stabilität für das Land erwartet. Der Präsidentschaftskandidat der PLH, der Bankier und Unternehmer Yani Rosenthal, der hinter den beiden anderen weit abgeschlagen an dritter Stelle lag, musste darauf hoffen, dass die jüngeren Wähler auch tatsächlich an die Urnen gehen und nicht aus Frustration über die mangelhafte Wahlvorbereitung und den inhaltsleeren Wahlkampf zu Hause blieb.

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22. November 2021
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