Wenige Tage vor den Parlamentswahlen ist es zu neuen Kontroversen wegen der Ersetzung von Kandidaten gekommen, die durch ein sog. informelles Bündnis ermöglicht werden sollte. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass solche Kontroversen auch deswegen
auftreten, weil das neue Wahlgesetz Rechtslücken aufweist, die unterschiedliche rechtliche Interpretationen zulassen.
Im Fall von Roberto Contreras, einem Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters von San Pedro Sula, der zweitgrößten Stadt von Honduras und dessen wichtigster Wirtschaftsstandort, wurde die Kandidatur beim Nationalen Wahlrat CNE durch eine unabhängige, von ihm selbst gegründete
Bewegung, registriert. Dann aber beantragte Contreras beim CNE die Genehmigung eines informellen Bündnisses zwischen seiner unabhängigen Bewegung, der linken Partei Libre und der Partei Salvador de Honduras. In diesem Bündnis sollte Contreras der Kandidat für das Bürgermeisteramt
sein. Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse:
- Roberto Contreras kandidierte zunächst in den Reihen der Liberalen Partei von Honduras(PLH) für die Vorwahlen im März 2021 um das Amt des Bürgermeisters von San Pedro Sula.Er zog jedoch seine Kandidatur zurück und nahm nicht an den Vorwahlen teil.
- Nach den Vorwahlen meldete Contreras seine unabhängige Bewegung an, um auf diesemWeg zu kandidieren, was vom CNE auch genehmigt und bestätigt wurde.
- In der ersten November Woche 2021 (weniger als einen Monat vor den Präsidentschafts-,Parlaments- und Kommunalwahlen) versuchte Contreras beim CNE, auf seine unabhängige Kandidatur zu verzichten um sich anschließend als neuer Kandidat der Libre für das Amt des Bürgermeisters von San Pedro Sula registrieren zu lassen.
- Der CNE genehmigte Contreras zwar den Rücktritt von der Kandidatur als Kopf der unabhängigen Bewegung, lehnte seine Registrierung als Kandidat der Partei Libre jedoch ab, und zwar mit der Begründung, dass er zuvor unter den Bewerbern der PLH registriert war. Contreras hatte zwar an den Vorwahlen nicht teilgenommen, jedoch war er während dieses Teils des Wahlprozesses eben für eine andere Partei als die Libre registriert.
Einige Juristen halten die Sperre von Contreras als Kandidat des informellen Dreierbündnisses für richtig, andere sind der gegenteiligen Meinung. Die gleichen Meinungen und Widersprüche herrschenauch unter den Mitgliedern des CNE. Contreras hält dies für einen schmutzigen Trick der Regierungsparteien. Es wird nämlich davon ausgegangen, dass die Nationalpartei PNH im Falle des Zustandekommens dieses Bündnisses ihre
Vormachtstellung und damit das Amt des Bürgermeisteramtes von San Pedro Sula verlieren würde. Außerdem wurde angekündigt, dass die unabhängige Bewegung, die Contreras registriert hat, nun dessen Bruder Rolando nominieren werde, um die ursprünglichen Pläne des Bündnisses
zu verwirklichen und das Bürgermeisteramt der Stadt anzustreben. Hierzu wird der CNE eine neue Entscheidung fällen müssen.
Die zuvor beschriebenen Ereignisse beweisen wie schwach und improvisiert das honduranische Wahl- und Rechtssystem ist.
Auch die Nationalpartei PNH hat nämlich einen Kandidatenwechsel vorgenommen und Mauricio Oliva (derzeit Präsident des Nationalkongressses und Verlier der Präsidentschaftsvorwahlen seiner Partei) nominiert, als Abgeordneter für das Zentralamerikanische Parlament (PALACEN) zu kandidieren. Der entsprechende Antrag wurde vom CNE ohne Einwände genehmigt und registriert.
Dieser politische Schachzug der PNH wird Oliva helfen, seine parlamentarische Immunität zu erhalten.Er ist wiederholt der Korruption beschuldigt worden und benötigt daher möglicherweisediesen Schutz. Das PARLACEN ist in den letzten Jahren zum „Schutzschild“ für korrupte Politiker in
Zentralamerika geworden.
Die Entscheidung des CNE zugunsten von Oliva steht im Widerspruch zur Entscheidung gegen Contreras,
da auch Oliva bei den Vorwahlen für eine andere Kandidatur registriert war.
Artikel 115 Nummer 10 des Wahlgesetzes: (Es ist den Parteien verboten), „einen Kandidaten
gleich für welches Wahlamt zu nominieren, die bereits für eine andere Partei oder in derselben
Wahlperiode kandidiert haben“.