Berge mit Schnee, Palmen und Zitronen, Sonne und Glitzerwasser! Villen, in denen zum Beispiel George Clooney übernachtet und in denen Szenen für „James Bond“ und „Star Wars“ gedreht wurden! Dazwischen lebt ein bescheidener Polit-Superstar weiter – wenigstens seine Gedanken, Gefühle und Geschichten: Konrad Adenauer! Der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland verbrachte in Cadenabbia am Comer See seinen Urlaub – seit 1959. In der zweiten Märzwoche 2019 trafen sich in der Villa La Collina Gäste der Konrad-Adenauer-Stiftung aus Hamburg: Mitglieder der CDU Harburg, Bezirksversammlung und der Bürgerschaft lernten die Geschichte des Politikers und seiner Partei kennen. Sie wurden auf den letzten Stand des Brexits und der Europawahl gebracht. Sie hörten Historisches über die CDU Hamburg – und planten ihren eigenen Wahlkampf. Journalist Marcus Schmidt begleitete die Gruppe nach Italien:
Bei der Anlandung mit dem Boot von Como: Direkt an der Promenade spielt Adenauer weiter sein Kugelspiel Boccia – in Bronze gegossen. „Da issaja“, hört man eine Dame sagen. Hat man Serpentinen und eine Toreinfahrt überwunden, öffnet sich ein 27.000 Quadratmeter messender Dschungel: Pinien, Palmen und Rosen treiben üppig. Von nur zwei altgedienten Gärtnern betreut. Seit den 90ern können bis zu 60 Gäste die Villa und die Accademia erleben. Natur- und Denkmalschutz verhindern den weiteren Ausbau – zur Freude der Besucher. Lernen und sich mit anderen Menschen aus aller Welt treffen, sind dort nur zwei Ziele. Denn die Stiftung für politische Bildung konnte die „Gedenkstätte von nationaler Bedeutung“ 1977 erwerben. Ein internationaler Treffpunkt für Politiker, Juristen, Künstler, Menschenrechtler, Journalisten – und Wähler!
Politikwissenschaftler Dr. Andreas Grau verwaltet 18 Kilometer Akten zur Geschichte der Partei und Adenauers am Rhein. In der Akademie am See erklärte er unter anderem die Theorie, „dass die Partei in den Lagern des dritten Reiches entstanden sei“. Demokratie, Menschenwürde, Meinungsfreiheit, Privateigentum und das friedliche Zusammenleben der Völker haben die verschiedenen Gründer als Antwort auf die Katastrophe des Nationalsozialismus und der Weltkriege in die Programme der späteren CDU geschrieben.
Grau erklärte ebenfalls, wie die Hamburger CDU immer wieder zu Erfolgen in der SPD-Hochburg Hamburg kam. Namen wie Erik Blumenfeld und des Ersten Bürgermeisters Ole von Beust ließen bei einigen Anwesenden, „schöne Erinnerungen aufkommen“. Und wer wusste, dass die CDU Hamburg in einer Privatwohnung gegründet wurde? „Ahas“ und viele Nachfragen waren die Folge.
Zur aktuellen Brexit-Lage und einer Wahl-Vorschau trat Tagungsleiter und EU-Kenner Daniel Jarzembowski vor die Gäste. „Immerhin ist Großbritannien etwa 40 Jahre in der Europäischen Union“. Und rund eine Millionen Menschen aus dem United Kingdom leben auf dem Festland. Sogar beim Abendessen stellte er noch die aktuelle Lage in London und Brüssel dar. Die wechselte und ändert sich immer noch fast stündlich. Die Anwesenden erzählten ihre Eindrücke, teilten Sorgen und Chancen für Hamburg. Klar für viele: „Europa ist alternativlos“.
Die Gasse und die Kirche, die Adenauer besuchte, erwanderten sich die Gäste schon am ersten Tag.
Einen vollen Tag lang arbeitet die Gruppe auch an Ihrem Wahlkampf – hinter verschlossenen Türen.
Bellagio, der Ort auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, führte vorbei an der Rockefeller-Villa. Ein Kloster und Kaffees boten Eindrücke, die schon „Conny“ gehabt haben könnte. Immer fachkundig vorneweg: Kunsthistoriker Guido Paolo Ortelli!
Einen räumlichen Höhepunkt bot die – spontan organisierte – Führung zu Villa. Die liegt auf dem Gipfel. Den Blick durch den Garten genoss der Kanzler immer wochenlang. Der frühere Zahlmeister der MS Europa hält den Betrieb auf hohem Niveau: „Ohne den Charme und den Geist der Adenauer-Zeit zu vernachlässigen.“ Wirkungsvoll: „Um mehr miteinander zu sprechen und die Umgebung intensiver zu erleben, gibt es keine Fernseher in den meisten Zimmern.“ Die Idee zu dem Reiseziel hatte Adenauers Außenminister Heinrich von Brentanao, dessen Familie in der Region weit verbreitet ist.
Adenauer starb 1967 im Alter von 92 Jahren. Bis dahin war er 15 Sommer lang zu Gast in dem gelben Haus. Der Bürgermeister, Friseur und Polizist des Ortes führten den Kanzler in die Boccia-Runde ein. Das Spiel bewegt auch heute noch jeden Gast auf zwei Bahnen im Garten der Akademie. Bewegt wirklich!
Die Rückreise bot dann weitere touristische Höhepunkte: Das Leben der Mode- und Kultur-Metropole Mailand! In der zweitgrößten Stadt Italiens stießen sie auf die Scala, den Dom, einen Ferrari-Shop, die Einkaufspassage der Modehäuser – und frittierte Pizza! Die Berufstätigen stehen vor dem alten „Sorbillo“ Schlange. Immer in Sorge, dass das Gebäck nicht auf die schickem Kleider und Anzüge in der Modehauptstadt tropft. Und Führerin Chiara Silva wusste Spannendes und Lustiges zu erzählen. „Leonardos Förderer Luduvico Sforza kannte kaum etwas von den künstlerischen Fähigkeiten des Mannes, den er in seine Stadt lud“. Leonardo soll ihm geschrieben haben: „Ich bin auch Maler.“
„Was nehmen Sie mit von der Reise?“ Das fragte unser Reporter zwei Politiker aus dem Süden Hamburgs. Brit-Meike Fischer-Pinz: „Es war richtig toll, die eigenen Arbeit in einen historischen Kontext einzubetten. Die Kombination aus Wasser und Bergen war einfach das Beste an der Umgebung.“ Der Vorsitzende der Bezirksversammlung Ralf-Dieter Fischer: „Lage, Umgebung, Ambiente und italienisches Essen sorgten für eine lockere Stimmung, in der man ernsthafte politische Themen vertiefen konnte – ohne norddeutschen Streit.“ Etwas habe er festgestellt: „Manches, was zu Adenauers Zeiten passiert ist wiederholt sich – zum Beispiel Personenwahl ohne Programm.“ Sein Appell: „Wir müssen darauf achten, das Erbe Adenauers nicht zu verplempern.“
Text verfasst von: Marcus Schmidt
Text veröffentlicht von: Dr. Karolina Vöge