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Veranstaltungsberichte

Chancen für die indische Zukunft

1. Deutsch-Indischer Wirtschaftsdialog in der Indischen Botschaft Berlin

Am 8. Juni fand unter dem Motto „Mittelstand – Make in India“ der 1. Deutsch-Indische Wirtschaftsdialog in der Indischen Botschaft Berlin statt. Organisiert wurde dieser gemeinsam von der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Indischen Botschaft und dem Büro des Abgeordneten Mark Hauptmann.

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Die Veranstaltung brachte über 200 deutsche und indische Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen und ermöglichte einen fundierten Austausch über Möglichkeiten der engeren deutsch-indischen Zusammenarbeit in verschiedensten Wirtschaftsbereichen.

Die Redner aus Politik und Wirtschaft gingen auf Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft in Indien ein, verdeutlichten aber auch die großen Chancen, die Indien - wirtschaftlich und demographisch rapide wachsend - für deutsche Investoren bietet. Der Subkontinent gilt heute – mit einem Wirtschaftswachstum von 7,9 Prozent im ersten Quartal 2016 – als die Wachstumslokomotive Asiens. Der Indische Botschafter, Gurjit Singh, sah in der demographischen Entwicklung immense Chancen für die indische Zukunft. 800 Millionen Inder seien unter 35 Jahren. Eine erfolgreiche und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung könnte aus diesen Menschen Konsumenten und Steuerzahler von morgen machen.

Heute leben 30 Prozent der indischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze, die Gesellschaft ist durch extreme Gegensätze gekennzeichnet. Sollte es aber gelingen, die extreme Armut zurückzudrängen, versetzen vor allem die demographische Entwicklung und der damit einhergehende Anstieg der Binnennachfrage Indien in eine komfortable Ausgangslage. Auch Nalin Kohli, Sprecher der indischen Regierungspartei Bharatiya Janata Party (BJP), verwies auf die die sogenannten „3Ds“, die für eine weitere positive Entwicklung Indiens im globalen Wettbewerb sprächen: Democracy, Demography, Demand (Demokratie, Demokratie und Nachfrage). Laut Kohli berge auch die Zunahme der Handynutzung Chancen für die Entwicklung der indischen Bevölkerung. Schon heute gebe es eine Milliarde Mobiltelefone in Indien, ein großer Teil davon seien Smartphones. Damit könnte die Bevölkerung einfacher erreicht und ein besserer Zugang zu Informationen und Bildungsangeboten geschaffen werden. Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Regierungsberater, Mohan Guruswamy, rechnete vor, dass es in Indien im Jahr 2050 rund 900 Millionen Menschen in der Mittelschicht gebe.

Aufwind für die deutsch-indischen Beziehungen

Mehrere indische Vertreter betonten, dass Deutschland eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Subkontinents spiele. Schon heute sei die Bundesrepublik der engste Handelspartner Indiens in der EU. Das ingenieurwissenschaftliche Know-how mache Deutschland zu einem idealen Partner. Die Bundesrepublik stehe für Struktur und Technologie – zwei Komponenten, die in Indien dringend benötigt würden.

Mit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Narendra Modi (BJP) im Jahr 2014 erlebten die deutsch-indischen Beziehungen Aufwind. Modi steht für eine sehr proaktive Außenpolitik. 2015 – Indien war Partnerland der Hannover Messe – besuchte er medienwirksam Hannover und präsentierte seine Vision von engen wirtschaftlichen deutsch-indischen Beziehungen. Die von Modi initiierte „Make in India“-Kampagne konnte viel Aufmerksamkeit für das aufstrebende Land generieren. Ausländische Investoren beschweren sich jedoch oft über den langsamen Fortgang der Dinge und eine fortschrittsfeindliche Bürokratie.

Vorbild duale Ausbildung

Im Rahmen der Panel-Diskussion beschrieben deutsche in Indien tätige Unternehmer die Herausforderungen, die ein Engagement in Indien mit sich bringt, und zeigten die Bereiche auf, in denen Handlungsbedarf besteht. So habe man bspw. auf ein teils unzureichendes Ausbildungsniveau der indischen Arbeitskräfte mit eigenen Ausbildungsprogrammen im Sinne der dualen Ausbildung reagiert. Der Aufbau einer leistungsfähigen und anwendungsorientierten Ausbildungsinfrastruktur stößt in Indien auf großes Interesse und deutsche Good-Practice-Beispiele in der Ausbildung sowie in der Ausbilderqualifizierung können einen wichtigen Beitrag zur indischen Entwicklung leisten. Die Unternehmensvertreter priesen auch Synergien, die sich durch die deutsch-indische wirtschaftliche Zusammenarbeit ergäben. Eine Kombination der deutschen und der indischen Mentalität, wie bspw. der deutschen Präzision und der indischen Spontaneität biete enorme Potentiale.

Handlungsbedarf beim Klimawandel

Der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Hans-Joachim Fuchtel, versicherte, er habe das deutliche Klopfen Indiens an der Tür der deutschen Wirtschaft gehört und werde sich dafür einsetzen, dass diese Einladung in die richtigen Kreise getragen werde und die Beziehungen noch enger würden. In Anbetracht vieler gemeinsamer Herausforderungen verwies PSts Fuchtel auf den akuten Handlungsbedarf im Bereich des Klimawandels. Er sehe große Entwicklungspotentiale in einer engeren internationalen Vernetzung der Kommunen. Kommunale Klimapartnerschaften zwischen Deutschland und Indien könnten – auch im Nachgang an die Klimakonferenz COP 21 in Paris im vergangenen Jahr – zu gemeinsamen Lösungen führen. In Bezug auf den CO²-Verbrauch sehe er Deutschland noch als Entwicklungsland. Pro Person verbrauchten die Deutschen im Schnitt acht Mal mehr CO² als die Inder.

Investitionsstrategien

Eine letzte Empfehlung an die deutsche Wirtschaft kam von dem indischen Wirtschaftsexperten Dr. Rajiv Kumar. Indiens Bundesstaaten seien sehr divers und vom Ausmaß her sei Indien eher mit einem Kontinent zu vergleichen. Deshalb lege er interessierten Investoren nahe, sich bei ihrem Indien-Engagement auf einzelne Staaten und die dort herrschenden Bedingungen zu konzentrieren, anstatt auf Bundesebene anzusetzen.

Die Veranstaltung verdeutlichte, dass ein stärkeres deutsches Engagement in Indien nicht nur für die wirtschaftliche, sondern auch für die gesellschaftliche Entwicklung Indiens einen Mehrwert birgt. Zwar gibt es viele bürokratische und praktische Hürden, mit denen sich deutsche Unternehmer in Indien konfrontiert sehen. Dies wurde jedoch von Regierungsseite erkannt und erste Schritte wurden unternommen. Die deutschen Vertreter zogen eine positive Bilanz ihres Engagements auf dem Subkontinent und gaben sowohl für die indischen Behörden als auch für deutsche Interessenten wichtige Hinweise, wie eine künftige Zusammenarbeit verbessert werden kann.

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