Das schnelle Wachstum und der steigende Einfluss Chinas sowie das Aufstreben der Wirtschaftsmacht Indien haben zu einer Verlagerung des Fokus vom Westen auf den Osten geführt. Um diese These zu unterstreichen, wurden im Laufe der Konferenz verschiedene Perspektiven und Dimensionen einer „Neuen Weltordnung“ diskutiert und ihre Auswirkungen auf verschiedene Bereiche, einschließlich Sicherheit, Wirtschaft und Technologie, analysiert. Damit einher gingen Debatten über unterschiedliche multilaterale Konstrukte, wie „Indopazifik", „Eurasien" und „BIMSTEC” sowie über Indiens Engagement bei den VN, der WTO und anderen multilateralen Gremien. Fragen kreisten zudem um die zukünftige Rolle von Cyber, Weltraum und KI in Indien.
Die Konferenz begann mit einer Einführungsrede des Vorsitzenden von Global Dialogue Review, Moses Manoharan. Es wurde beschrieben, wie das aktuelle globale Umfeld von nationalen Ansätzen, hybriden Kriegen, Terrorismus sowie Cyber- und Social-Media-Dynamiken geprägt werde. Generalleutnant P.S. Rajeshwar beschrieb die gegenwärtigen Beziehungen Indiens im Verteidigungsbereich sowie mit seiner unmittelbaren und erweiterten Nachbarschaft. Die Hauptansprachen zu Beginn hielten der ehemalige indische Außenminister Salman Khurshid und der nepalesische Industrieminister Sunil Bahadur Thapa. Thapa betonte die Bedeutung von BIMSTEC für Indien und für dessen Nachbarn und erklärte, dass „Multilateralismus das neue Mantra für eine neue Weltordnung” sei. Indien müsse seine Worte durch konkrete Initiativen stärker untermauern, vor allem um seine Schlüsselrolle in der Region zu fördern. Darüber hinaus würde die Förderung von BIMSTEC zur absoluten Notwendigkeit avancieren, um die gemeinsamen Sicherheitsherausforderungen der Region anzugehen und durch einen multilateralen Ansatz wirtschaftliches Wachstum zu erzielen.
Peter Rimmele, Leiter des KAS-Auslandsbüros in Indien, hob in seiner Rede die immer wichtigere globale Rolle hervor, die Indien in naher Zukunft bei der Multilateralismus-Förderung spielen könnte. Des Weiteren betonte er, dass „es offensichtlich ist, dass Indien bereits seit einiger Zeit Multilateralismus verkörpert und als Gründungsmitglied eine entscheidende Rolle in multilateralen Organisationen wie SAARC, BIMSTEC, BRICS, IORA und Quad spielt."
Ein besonderer Schwerpunkt der ersten Sitzung lag auf der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Indiens, strategischen Partnerschaften und der militärischen Zusammenarbeit mit den Großmächten. Dr. Meenai erörterte die Notwendigkeit für Indien, seine ausländischen Einsätze für den globalen Frieden an seinen eigenen nationalen, strategischen Interessen auszurichten, zumal Indien bereits eine der führenden Nationen sei, die das Personal für die VN-Truppen stelle.
„Viele Wege führen zu einer integrativen Vision, die Nationen in Frieden und Wohlstand verbindet" lautete die Ausgangsthese für die zweite Sitzung unter dem Vorsitz von Vizeadmiral Shekhar Sinha. Hintergrund der Diskussion war der Mangel an Konnektivität und wirtschaftlicher Integration zwischen den südasiatischen Staaten. Die verschiedenen „Rückschläge”, mit denen Indien konfrontiert werde, wie das rasche Wachstum Chinas sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus verteidigungspolitischer Perspektive, seien besorgniserregend und erforderten eine langfristige Vision der indischen Führung, um diese Probleme anzugehen. Während China über eine wirtschaftliche Freiheit verfüge, so hätte Indien die politische Freiheit und müsse sie nun zu seinem eigenen Vorteil nutzen, formulierte Dr. Dolla.
Das dritte Panel erörterte unter anderem die Zusammenarbeit sowie die Konfrontation zwischen den Großmächten Russland und China. Panelist Dr. Talukdar erwähnte, dass während des Gipfeltreffens der Shanghai Cooperation Organization die strategischen Beziehungen zwischen Russland und China stark erschienen, Russland jedoch den chinesischen Einfluss in seinem Hinterhof, d.h. Zentralasien, nicht dulden würde. Eurasien mache 65% der Landmasse der Welt aus. Viele würden seine Bedeutung als die einzige Möglichkeit empfinden, ein Gegengewicht zur amerikanische Dominanz auf der Weltbühne herzustellen.
Die anschließende Session behandelte die Themen künstliche Intelligenz, deren Auswirkungen sowie Einbeziehung in Verteidigungstechnologien. Da Cyber Warfare und Cyber Space von vielen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren aktiv genutzt werde, wurde die Bedeutung der KI von den Diskussionsteilnehmern hervorgehoben. Die Hypothese war, dass Waffensysteme schnell von analogen zu digitalen Plattformen wechseln würden. Dies sei ein neues Fachgebiet, in dem es viel zu entdecken gäbe. Es sei derzeit allerdings noch sehr unvorhersehbar und erfordere von Indien äußerste Vor- und Weitsicht. Indien müsse mit der Zeit gehen und sicherstellen, dass die verwendeten Technologien seinen Verteidigungs- und Sicherheitsanforderungen entsprechen würden. Wie Air Marshal Sachdeva sagte, "werden die Soldaten von morgen viele IP-Adressen tragen", so ist es für Indien als wichtigen globalen Akteur von zentraler Bedeutung, die Integration solcher Technologien insbesondere im Zeitalter einer neuen Weltordnung anzupassen und zu fördern.
Das fünfte Panel behandelte die immer wichtiger werdende Rolle des Indo-Pazifik. Es wurde hervorgehoben, wie wichtig es sei, dass sich Indien auf seine maritime Strategie konzentriere, um sich als führend in der Region zu profilieren. Laut der Redner sollte sich Indien auf die Stärkung der Beziehungen zu direkten und erweiterten Nachbarn konzentrieren, da Sicherheits- und Wirtschaftsbedenken in diesen Staaten direkte und indirekte Konsequenzen für Indien haben würden. Die Beziehungen zwischen Indien und den USA wurden erwähnt und in diesem Kontext die 2 + 2-Gespräche im Jahr 2018, bei denen das COMCASA-Abkommen vereinbart und der Status Indiens als Major Defense Partner der USA unterstrichen wurde. Dieser Prozess wurde als Reaktion auf Chinas zunehmend aggressiveren Ansatz durch seine Belt and Road Initiative (BRI) beschrieben.
Die abschließende Diskussion konzentrierte sich auf das von der indischen Regierung proklamierte „Make in India“-Konzept und dessen Auswirkungen auf den Verteidigungssektor. Ausgangspunkt der Debatte war Indiens große Abhängigkeit von Importen im Verteidigungsbereich. Kompensationsgeschäfte wurden als mögliche Lösungen erörtert. Darüber hinaus würde eine bessere Abschätzbarkeit, u.a. der Verteidigungsausgaben, eingefordert, welche dazu beitragen würde, das Vertrauen der Unternehmen in den Verteidigungssektor zu stärken. Es gehe nun darum, in- und ausländsiche Investitionen zu befördern, während gleichzeitig die nationale Verteidigungsindustrie in Indien ausgebaut werden müsste.
Abkürzungsverzeichnis:
BIMSTEC Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation
VN Vereinte Nationen
WTO Welthandelsorganisation
SAARC Südasiatische Vereinigung für regionale Kooperation
BRICS Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften bestehend aus Brasilien, Russland, China, Südafrika und Indien
IORA Indian Ocean Rim Association
Quad Quadrilateral Security Dialogue bestehend aus USA, Japan, Australien und Indien