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Veranstaltungsberichte

Internationale Kooperation in Zeiten der globalen Krise

von Martin-Maurice Böhme
Am 14. und 15. September 2009 führte die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit dem führenden indischen Wirtschaftsforschungsinstitut ICRIER und den Partnern CEPII und bruegel aus Europa eine Konferenz zur Finanzmarktkrise aus der Sicht der G20-Staaten durch. Internationale Experten erläuterten ihre Perspektive zur Krise. Dabei wurden Aspekte, wie die Notwendigkeit von Reformen innerhalb der Bretton Woods Institutionen und Ungleichgewichte im internationalen Geldmarkt-System thematisiert.

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Mehr als 100 Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft waren der Einladung der Organisatoren nach Neu-Delhi gefolgt, um sich mit den Auswirkungen und möglichen Lehren aus der globalen Finanzmarktkrise auseinanderzusetzen. Es nahmen ebenso Vertreter der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) an der Konferenz teil, wie Teilnehmer aus den westlichen Industriestaaten in Europa, Canada und den USA. Aus Deutschland hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung Dietrich Jahn, Bundesfinanzministerium, Leiter der Unterabteilung VII A - Geldpolitik, Kreditaufnahme, Finanzmarktfragen, und Dr. Stormy-Annika Milder, SWP, Senior Researcher und KAS-Altstipendiatin, eingeladen.

Die Gruppe der 20 etabliert sich langsam aber sicher als herausragendes Format zur Diskussion von politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen mit globaler Dimension. Dabei sind die Positionen der Industriestaaten weitgehend bekannt, jedoch mangelt es insbesondere den Schwellenländern an Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Situation und Herausforderungen. Das Ziel der Konferenz war es deshalb auch, kurz vor dem G20-Gipfel in Pittsburgh/USA und richtungsweisenden Konferenzen von International Monetary Fund (IMF) und Weltbank im Oktober eine Plattform zu schaffen, um neue Denkweisen für die internationalen Finanzmärkte zu diskutieren. Die wichtigsten Konferenzergebnisse sollen in konkrete Politikempfehlungen gebündelt und im Rahmen des Gipfels veröffentlicht werden.

Gerade Indien hat sich im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der Gruppe der 20 feste Ziele gesetzt. Der Governor der Reserve Bank of India, Dr. D. Subbarao, verwies in seinem Statement auf die wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen beiden Jahre und nannte vier Aspekte an denen Indien – unter anderem im G-20 Verbund - künftig arbeiten müsse: ein Ausgleich der globalen Ungleichheiten zwischen Industrie- und Schwellenländern, die internationale Koordination der Geldpolitik innerhalb der G20, die Beschränkung von Inflation sowie den Ausbau der Beziehungen zwischen den Finanzmärkten, der Realwirtschaft und wirtschaftlichem Wachstum. Unter diesen vier Aspekten ist im Bezug auf Indien besonders die Inflation hervorzuheben. Die indische Rupie hat in den vergangenen vier Monaten im Verhältnis zum Euro etwa 10 % an Wert eingebüßt. Für die Preissteigerungen in Indien verantwortlich sind vor allem die stark gestiegenen Lebensmittelpreise in Folge von Nahrungsmittelknappheit, die in der landwirtschaftlichen Produktion durch ausbleibende Regenfälle ausgelöst wurde. Daneben fügte Subbarao hinzu, dass Indien, genauso wie die anderen Mitglieder der G20, ein Interesse an stabilen internationalen Finanzmärkten habe und an einer Lösung der Krise mitarbeiten müsse, um weitere mögliche Krisenherde einzudämmen.

Bereits am Tag zuvor betonte Montek Singh Ahluwalia, stellv. Vorsitzender der indischen „Planning Commission“ und Sherpa für Indien in der G20, dass die Schwellenländer immer mehr an Bedeutung gewinnen würden und damit einhergehend das Einsehen der westlichen Industriestaaten, wichtige Schwellenländer und andere Schlüsselländer in globale Entscheidungsprozesse einzubeziehen, wachsen müsse. Im Bezug auf die wichtigen Institutionen in der Finanzkrise griff Ahluwalia insbesondere den International Monetary Fund (IMF) heraus, der nicht immer eine glückliche Rolle gespielt habe, das gelte gerade für sein Verhältnis zu den Schwellenländern in Asien. Positiv sei, dass das Komitee zur Finanzstabilisierung des IMF nun mit allen Mitgliedern der G20 besetzt sei – insgesamt müsse aber die Glaubwürdigkeit der Institutionen erhöht werden. Auf die Einzelstaaten der G20 bezogen äußerte Ahluwalia die Besorgnis, dass die Analyse der Krise nicht zu nationalem finanziellen Protektionismus führen dürfe, der letztlich nur den Schwellen- und Entwicklungsländern schade und den Industriestaaten nicht nutze.

Diese Sichtweise bestätigte auch Agnès Benassy-Quéré, Direktorin des französischen Think Tanks CEPII. Die Finanzwissenschaftlerin hat gemeinsam mit ihrem Team das Rechenmodell „Mirage“ entwickelt. Damit können die Forscher von CEPII die protektionistischen Bestrebungen innerhalb der G20-Staaten messen. Tatsächlich sei seit dem Ausbruch der Krise im Jahr 2007 ein weltweites Ansteigen des Protektionismus feststellbar, dies gelte insbesondere für die Industrieländer. Benassy-Quéré fügte in ihrem Vortrag allerdings hinzu, dass auch in früheren Zeiten der wirtschaftlichen Krise vergleichbare Tendenzen zu beobachten gewesen wären. Insofern sei die Abgrenzung des eigenen Marktes eine durchaus „normale“ Reaktion der Einzelstaaten. Mittelfristig müsse sich der Fokus aber wieder auf das globalisierte Handeln richten.

Der Tenor der Konferenz von KAS und ICRIER lautet, dass in Pittsburgh wegweisende Entscheidungen für die Finanzmärkte getroffen werden müssen – das beinhaltet ein Umdenken in der Finanzarchitektur, auch zu Gunsten der großen Schwellenländer. Als ein wichtiger Aspekt im Rahmen einer Reform der Märkte, wurde in vielen Vorträgen die stärke Regulierung des Finanzsektors thematisiert. In diesem Zusammenhang gab es durchaus kontroverse Ansichten zur Begrenzung von Managergehältern und deren Boni. Europäische Konferenzteilnehmer begrüßten die Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Präsident Nicolas Sarkozy und Premierminister Gordon Brown, die in einem offenen Brief die G20 aufgefordert hatten, die Bezahlung des Spitzenpersonals von Aktiengesellschaften an engere Regeln zu knüpfen. Indische Vertreter plädierten in dieser Frage für eine Selbstregulierung der Märkte und dafür, die Höhe der Vorstandsgehälter den Aktionären zu überlassen. Übereinkunft unter den Experten bestand in der Notwendigkeit zur Förderung von nachhaltigem Wachstum, einer weiteren Stützung der Kreditinstitute, wo dies nötig ist sowie in der Reform der internationalen Institutionen, insbesondere von International Monetary Fund, Weltbank und World Trade Organization. Einigkeit bestand auch darüber, dass systemrelevante Kreditinstitute zu einer ausreichenden Eigenkapitalquote verpflichtet werden müssen, um mögliche Liquiditätsengpässe in Krisenzeiten zu vermeiden. Hierzu lautete die Expertenmeinung, müssten die G20-Staaten eine Schwelle für Systemrelevanz definieren und international gültige Standards festlegen. Abschließend ist noch der Aspekt des Verbraucherschutzes zu nennen, der Bestandteil vieler Statements war. Die Krise habe deutlich gezeigt, dass private und institutionelle Anleger besser vor systemischen Risiken im Finanzmarkt geschützt werden müssten. Denn die möglichen Folgen einer Insolvenzwelle im Bankenbereich seien für die Kunden von Kreditinstituten und Investmenthäusern in Anbetracht der globalisierten Märkte nicht im vollen Umfang vorhersehbar.

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