Veranstaltungsberichte
Die PDF-Datei enthält einen ausführlichen, von den deutschen Reiseteilnehmern gemeinsam erstellten und von Frau Dr. Kristina Eichhorst redigierten Bericht.
Die erste Station der Reise (13.-15. Juli) war Tel Aviv, die zweite (15.-19. Juli) Jerusalem, verbunden mit einem halbtägigen Aufenthalt in Ramallah. Das öffentliche Leben in Jerusalem und Ramallah war geprägt durch den Ramadan, den islamischen Fastenmonat (in diesem Jahr 10. Juli bis 7. August). Hinzu kam am 16. Juli der Tischa beAv, ein jüdischer Fast- und Gedenktag. Am Vorabend des Tischa beAv erlebten die Seminarteilnehmer in der Altstadt von Jerusalem besonders intensiv das Nebeneinander von Juden und Muslimen. Während Tausende von Juden zur Westmauer des Tempelplateaus („Klagemauer“) pilgerten, herrschte im muslimischen Viertel ein festliches Treiben anlässlich des Fastenbrechens nach Sonnenuntergang.
Tag 1 und 2: „Israels innenpolitische Reformagenda“
Nachdem der ehemalige Kadima-Abgeordnete Yohanan Plesner am Abend des 13. Juli (Samstag) aus Insider-Perspektive die Veränderungen der Parteienlandschaft und der politischen Kultur Israels beleuchtet hatte, stand am 14. Juli (Sonntag) das Thema „Israels innenpolitische Reformagenda“ auf der Tagesordnung. Zu diesem Thema gab der Fernsehjournalist David Witzthum (Channel 1) am Morgen eine umfassende Einführung. Beim anschließenden Besuch der in Jaffa gelegenen „Open Clinic“ der Physicians for Human Rights – Israel lernten die Seminarteilnehmer ein Beispiel für das lebendige zivilgesellschaftliche Engagement in Israel kennen.
Nachmittags erläuterte Arik Rudnitzky vom Konrad Adenauer Program for Jewish-Arab Cooperation an der Universität Tel Aviv die Lage der arabischen Minderheit (20%) in Israel. Am Abend traf sich die deutsch-amerikanische Gruppe mit Dr. Benedikt Haller, dem deutschen Gesandten in Tel Aviv, der über die Entwicklung und den aktuellen Stand der deutsch-israelischen Beziehungen referierte und mit den Teilnehmern diskutierte.
Tag 3: „Israels Sicherheitsbedürfnisse in einem sich verändernden regionalen Umfeld“
Der 15. Juli (Montag) stand im Zeichen des Themas „Israels Sicherheitsbedürfnisse in einem sich verändernden regionalen Umfeld“. Dr. Amichai Magen, Dozent am IDC Herzliya, ging der Frage nach, ob aus dem „Arabischen Frühling“ ein „Islamistischer Winter“ zu werden drohe. Seine Kernthese: Die Dynamik der Entwicklung in Nordafrika und im Nahen Osten sei als „Krise der Staatlichkeit“ zu deuten; dabei widmete er sich vor allem der destruktiven Rolle nichtsstaatlicher Akteure wie Hamas und Hisbollah. Anschließend trug Minister a.D. Jossi Beilin, einer der Architekten des Oslo-Prozesses, seine Überlegungen zur Notwendigkeit und Realisierbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung vor.
Am Nachmittag bekamen die Seminarteilnehmer in Sderot – geführt von Hauptmann d. Res. Kobi Harush – vor Augen geführt, welche Belastungen ein Leben unter ständiger Bedrohung durch Raketen aus dem Gaza-Streifen mit sich bringt. Die südisraelische Stadt Sderot liegt in unmittelbarer Nähe des Gazastreifens und hat schon seit vielen Jahren unter diesem Beschuss zu leiden. Die Weiterfahrt nach Jerusalem, wo das Seminar bis zum 19. Juli fortgesetzt wurde, wurde dazu genutzt, im Rahmen einer „strategic tour“ die komplizierten Demarkationslinienverläufe zwischen Israel und dem Westjordanland, zwischen den Zonen A, B und C innerhalb des Westjordanlandes sowie zwischen Ost- und West-Jerusalem zu erklären.
Tag 4: „Die palästinensische Perspektive“
Der Vormittag des 16. Juli (Dienstag) galt der palästinensischen Sicht des Konflikts.
Professor Sami Adwan, Erziehungswissenschaftler an der Universität von Bethlehem, stellte die Ergebnisse der palästinensisch-israelisch-amerikanischen Gemeinschaftsstudie „Sind wir Opfer unserer eigenen Narrative? Die Darstellung des ‚Anderen’ in israelischen und palästinensischen Schulbüchern“ vor.
Dr. Khalil Shikaki, Direktor des mit der Konrad-Adenauer-Stiftung seit vielen Jahren zusammenarbeitenden Palestinian Center for Policy and Survey Research (PSR), arbeitete auf der Grundlage aktueller demoskopischer Befunde heraus, worin sich die Meinungen der palästinensischen Öffentlichkeit zum Konflikt von denjenigen in Israel unterscheidet: Einerseits gebe es Mehrheiten auf beiden Seiten für eine Zwei-Staaten-Lösung und gegen eine Ein-Staat-Lösung; es herrsche auch mehrheitlich Skepsis in Bezug auf die Realisierbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung innerhalb der kommenden fünf Jahre. Andererseits seien die meisten Israelis gegen einen Siedlungsstopp und eine Rückkehr zu den „Grenzen von 1967“, während die meisten Palästinenser genau dies wünschten.
Den Aufenthalt in Ramallah schloss ein Gespräch mit Lucy Nusseibeh ab. Frau Nusseibeh ist Direktorin des Institute of Modern Media (IMM) an der Al-Quds-Universität. Ihr Thema war die Rolle von Frauen in der palästinensischen, aber auch in der israelischen Gesellschaft bei der Moderation und Lösung von Konflikten in Innern sowie über Außengrenzen hinweg. Sie konnte dabei aus ihren vielfältigen Erfahrungen mit palästinensischen Fraueninitiativen schöpfen. Wichtig sei, so Lucy Nusseibeh, dass Frauen dazu ermutigt und befähigt würden, ihre Position öffentlich zu artikulieren. In den Palästinensischen Gebieten hätten Frauen traditionell ein ausgeprägteres Selbstbewusstsein als in anderen arabischen Gesellschaften.
Am Nachmittag trafen sich die Seminarteilnehmer mit Ofra Strauss, der Vorstandsvorsitzenden der [Strauss Group | http://www.strauss-group.com/en/].Diese Gruppe ist eines der größten und erfolgreichsten israelischen Unternehmen, dem es zugleich gelungen ist, sich auf dem Weltmarkt erfolgreich zu behaupten. Ofra Strauss selbst ist das Bespiel einer Unternehmerin, die in ganz praktischer Weise soziale Verantwortung lebt. So ist sie Präsidentin vonJasmine,einer NGO, die jüdische und arabische Frauen dabei unterstützt, kleine Unternehmen aufzubauen und zum wirtschaftlichen Erfolg zu führen.Jasmine,hervorgegangen aus einem gemeinsamen Projekt der KAS Israel und desCenter for Jewish-Arab Economic Development,ist ein Partner der KAS Israel. Ofra Strauss sprach über die Notwendigkeit innenpolitischer Reformen in Israel und beschrieb die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen in Israel als Motoren sozialer, ökonomischer und kultureller Innovation. Ihre eigene Unternehmensphilosophie sei auf Nachhaltigkeit ausgerichtet: Die Der nächste Seminartag (Mittwoch, 15. Juli) war dem Thema „Von Trauer zu Hoffnung“. Am Vormittag und am frühen Nachmittag (bis 15.30 Uhr) stand ein Besuch der Gedenkstätte Die Seminarteilnehmer besuchten am späteren Nachmittag die „Das Heilige Land: Religion und Politik“ war das Thema des 6. Seminartages (Donnerstag, 18. Juli). In den Räumen Jerusalemer Büros des Der Dekan der anglikanischen Anschließend lernten die Seminarteilnehmer im Rahmen einer Führung durch die international gefeierte Ausstellung über Herodes den Großen und einen Besuch des Herodions die enorme ethnische und religiöse Vielfalt kennen, die bereits in der Antike Jerusalem und seine Umgebung prägten. Die damalige Auseinandersetzung des Judentums mit Hellenismus und römischer Zivilisation ist in vieler Hinsicht zu vergleichen mit der geistigen Herausforderung, vor welche die säkulare Moderne Religion heute stellt. Am frühen Abend traf sich die Gruppe mit Botschafter a.D. Dr. Dore Gold, dem Präsidenten desTag 5: „Von Trauer zu Hoffnung“
Tag 6: „Das Heilige Land: Religion und Politik“
Tag 7: Bilanz und Evaluation
Den Vormittag des 19. Juli nutzten die Seminarteilnehmer und -veranstalter, Bilanz zu ziehen und das Programm – insgesamt sowie in seinen Komponenten – einer kritischen Evaluation zu unterziehen. Das Ziel des Programms – nämlich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Deutschland und den Vereinigten Staaten ein tieferes Verständnis der Bedeutung Israels und seiner Nachbarn für die transatlantischen Beziehungen zu vermitteln – wurde vollumfänglich erreicht. Moniert wurde vor allem, dass das Programm zu wenig Zeit gemeinsame Reflexion gelassen habe. Insgesamt fiel die Bewertung jedoch sehr positiv aus.
Eine nachhaltige Wirkung ergibt sich sowohl daraus, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Erfahrene und Gelernte nach ihrer Rückkehr weiter verbreiten können, als auch daraus, dass sie untereinander den sehr intensiven Austausch fortsetzen werden, den ihnen das Studien- und Dialogseminar ermöglicht hat. Es wirkte wie ein gutes Omen, dass wenige Stunden nach dem Ende des Seminars US-Außenminister Kerry bekanntgab, dass demnächst in Washington direkte israelisch-palästinensischen Friedensgespräche wiederaufgenommen würden.