Veranstaltungsberichte
Eine Gruppe von 15 Israelis und Palästinensern nahm vom 7.-10. September in Cadenabbia, Italien, an einem Seminar für junge palästinensische und israelische Aktivisten und Journalisten teil. Die Teilnehmer repräsentierten verschiedene demographische Teile der Bevölkerung in der Region und trugen nicht nur zur politischen Diskussion bei sondern ermöglichten zudem einen intimen Einblick in die Herausforderungen, denen sich israelische und palästinensische Bürger in der Region stellen müssen.
Die Teilnehmer flogen am Mittag des 7. Septembers über Ben-Gurion Airport von Tel Aviv los und kamen abends in der Villa La Collina am Comer See an. Nach dem Abendessen und einem einleitenden Briefing durch den Leiter der KAS Israel, Dr. Michael Borchard, sowie den anderen Partnern des Seminars, Nidal Foqaha und Daphna Perry von der Geneva Initiative, stellten sich die Teilnehmer vor, erklärten ihre Motivation, an dem Seminar teilzunehmen und lernten sich untereinander kennen.
Am nächsten Tag gaben die Repräsentanten der Geneva Initiative einen Überblick über die Hauptpunkte der Geneva Vereinbarungen und präsentierten ihre Lösungsvorschläge für die jeweiligen Hauptkonfliktpunkte. Im Zuge der nächsten Sitzung präsentierte Dr. Borchard die jüngste Studie der KAS, die zusammen mit IDI und PSR durchgeführt wurde und zeigte die herrschenden Missverständnisse zwischen Israelis und Palästinenser, bezüglich der jeweils anderen Seite, auf. Dr. Borchard zeigte zudem die umstrittensten Punkte des Konflikts auf sowie welche Gruppe am schwersten von einer künftigen Lösung zu überzeugen sei und was als Anreiz dienen könnte, um diese von einem Friedensabkommen zu überzeugen.
Dr. Borchards Anweisungen zufolge, erarbeiteten die palästinensischen Teilnehmer die politischen Trends und Entwicklungen innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde. Der Palästinensische Direktor der Geneva Initiative, Herr Nidal Foqaha, gab den Teilnehmern ein kurzes Update über die nationale Politik und die palästinensischen Kommunalwahlen, die noch während des Seminars abgesagt worden waren. Er erklärte die Rolle des Obersten Palästinensischen Gerichtshofs und seine abnehmende Unabhängigkeit. Ein palästinensischer Teilnehmer gab daraufhin einen kurzen Überblick über die Situation in Hebron sowie die auferlegten Einschränkungen, die die palästinensische Bevölkerung dort hinnehmen müsste. Ein weiterer Palästinenser hielt einen Vortrag über die Lage der Jugendlichen in der Palästinensischen Autonomiebehörde und darüber, wie vor allem die hohe Arbeitslosigkeit immer mehr Frustration bei den jungen Erwachsenen auslöse.
Nach dem Mittagessen informierten die israelischen die palästinensischen Teilnehmer über die aktuelle politische Lage in Israel. Die israelischen Journalisten legten zum einen einen besonderen Fokus auf aktuelle Trends in der israelischen nationalen Politik, zum anderen auf geopolitische Entwicklungen in der Region. Der israelische politische Aktivist erzählte von den relativ neuen Parteien in Israel, Yesh Atid und Kulanu, und erläuterte deren Themenschwerpunkte. Nach dieser Sitzung machte sich die Gruppe auf den Weg zu einem geführten Bootstrip auf dem Comer See und etwas Freizeit in der malerischen Stadt Bellagio.
Der nächste Tag begann mit einem Briefing Dr. Borchards über die Wahrnehmung Israels in der Welt. Er brachte seine Sorgen darüber zum Ausdruck, dass Israel sich bewusst von der westlichen Welt distanziere. Danach hielt der Architekt, Yehuda Greenfield-Gilat, der an der Gestaltung des „Jerusalem annex of the Geneva Accord“ mitgewirkt hatte, einen kurzen Vortrag über den Lösungsvorschlag der Geneva Initiative zur Aufteilung Jerusalems zwischen Israel und einem zukünftigen palästinensischen Staat. Nach einer Kaffeepause fuhr er fort, von möglichen Lösungen der palästinensischen Flüchtlingsproblematik zu erzählen und betonte, wie wichtig eine florierende palästinensische Wirtschaft zur Rehabilitierung und Integrierung der Flüchtlinge in den palästinensischen Staat sei. Er schloss mit der Aussage, Israel müsse – im eigenen Interesse - alles unternehmen, um der palästinensischen Wirtschaft, vor allem im Jordantal, zu helfen und diese zu stärken.
Nach dem Mittagessen durfte die Gruppe den bekannten palästinensischen Journalisten Mohammed Daraghmeh willkommen heißen, der als Journalist für die palästinensische Presse arbeitet. Die größte Herausforderung der Medien dort sei deren fehlende Unabhängigkeit und Pressefreiheit und deren Verbindung zur Regierung - sei es zur Palästinensischen Autonomie in der Westbank oder der Hamas in Gaza. Nach dem Vortrag Daraghmehs teilten sich die Teilnehmer in unilaterale Gruppen auf und diskutierten, was jeder einzelne zu einer Lösung beitragen könnte und was von der jeweils anderen Seite dazu benötigt würde. Am Nachmittag konnten die Teilnehmer ihre Zeit frei gestalten.
Am letzten Tag wurden die Teilnehmer in gemischte Gruppen aufgeteilt, um zu diskutieren, wie jeder einzelne den Dialog und eine Übereinkunft zwischen Israelis und Palästinenser fördern könnte. Zwei Wege zur Verstärkung der Interaktion und Begegnung wurden vorgeschlagen: Einmal müsste es eine verstärkte Berichterstattung über das alltägliche Leben in der Westbank geben. Zum anderen sollten mehr Akteure involviert werden, die sich für eine Zweistaatenlösung aussprechen. Nach einem abschließendem Evaluationsgespräch und Bemerkungen verließ die Gruppe die Villa in Richtung Flughafen nach Tel Aviv.