Länderberichte
Die von der Liberaldemokratischen Partei
Japans (Liberal Democratic Party of Japan,
LDP) in den letzten Monaten geführte weitestgehend hilflos agierende Regierung unter Premierminister Taro Aso wird den Meinungsumfragen zufolge die anstehenden
Unterhauswahlen gegen die von Ichiro Ozawa geführte Demokratische Partei Japans
(Democratic Party of Japan, DPJ) verlieren.
Wenn sich die Umfragen als richtig herausstellen sollten, bedeutete eine Wahlniederlage der LDP das Ende einer sehr langen
politischen Ära in Japan. Die LDP hat Japan
seit 1955 bis heute (mit einer 11-monatigen
Unterbrechung 1993/1994) unterunterbrochen regiert.
Das Land befindet sich in einer schweren
Rezession, und die jüngsten Wirtschaftsdaten deuten darauf hin, dass die globale Finanz- und Wirtschaftskrise Japans Volkswirtschaft in den kommenden Monaten schwerer und länger als andere westliche Industriestaaten belasten könnte.
Die Exporte des Landes sind dramatisch
eingebrochen, das Bruttosozialprodukt hat
nahezu 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr
verloren, die industrielle Produktion ist innerhalb weniger Monate so stark gefallen
wie noch nie nach Ende des 2.Weltkriegs,
und die Arbeitslosenquote ist auf für Japan
sehr hohe 4,4 Prozent gestiegen.
Die reale Arbeitslosigkeit ist sogar wahrscheinlich noch um einiges höher, was mit
der Besonderheit des japanischen Systems
zur Errechnung der Arbeitslosenquote zu
erklären ist. Wer nur einen Tag im Jahr gearbeitet hat, gilt gemäß der japanischen Berechnungsmethode innerhalb eines Kalenderjahres nicht als arbeitslos.
Die gute Nachricht ist, dass Japans Banken
(zumindest bisher) besser als die Banken in
Europa und den USA mit der Finanzkrise
umzugehen scheinen. Nicht zuletzt deswegen, weil Japans Bankenkrise der 1990er
Jahre zu zahlreichen Reformen und Verbesserungen des Kreditvergabesystems in Japan geführt haben.
Diese waren seinerzeit notwendig, nachdem
Japans Banken mit Unterstützung bzw. unter Druck der LDP jahrzehntelang Kredite an
Firmen vergaben, ohne gesetzlich gezwungen gewesen zu sein sich abzusichern dass
diese Unternehmen (vorwiegend des Mittelstands) in der Lage sind, die Kredite zurückzuzahlen. Dieses System des Geldverleihens führte nach dem Platzen der Spekulationsblase auf Japans Immobilienmarkt
Ende der 1980er Jahre zu einer enormen
Anzahl sog. notleidender Kredite (die sog.
non-performing loans). Das japanische Bankensystem geriet dadurch in den 1990er
Jahren an den Rande eines Kollapses und
konnte nur durch massive und wiederholte
Kapitalinjektionen der Regierung Ende der
1990er Jahre gerettet werden.
Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft
Im Februar dieses Jahres gab das japanische Finanzministerium bekannt, dass Japans Bruttosozialprodukt von Oktober bis Dezember 2008 um rund 3,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist. In
der Eurozone betrug das entsprechende Minus 1,2 Prozent, in den USA waren es 3,8
Prozent. Verglichen mit dem Vorjahr sank
die Wirtschaftsleistung Japans im vierten
Quartal sogar um rund um 12,7 Prozent.
Das ist der größte Einbruch der japanischen
Wirtschaftleistung seit 35 Jahren.
Zum ersten Mal in Japans Nachkriegsgeschichte sind Massenentlassungen Teil einer
japanischen Wirtschaftskrise. Es wird geschätzt, dass bis Ende März rund 400.000
japanische Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz
verlieren werden. Angesichts des Einbruchs
der Nachfrage nach japanischen Autos und
Elektronikprodukten planen Toyota, Sony,
Pioneer, Hitachi und andere in den nächsten
Monaten tausende von Arbeitplätzen abzubauen. Nissan hat damit bereits begonnen
und kündigte im Februar an, schrittweise
rund 20.000 Arbeitsplätze über die nächsten
Jahre abzubauen.
Sinkende Exporte
Ebenso schlecht steht es um Japans Exporte, wie im Februar von Japans Finanzministerium bestätigt wurde. Nach Angaben des Ministeriums sind Japans Exporte im Januar
im Vergleich zum Vorjahresmonat um rund
46 Prozent gefallen.
Die japanischen Exporte in die USA sanken
dabei um 53 Prozent, in die EU um 47 und
nach China um 45 Prozent.
Der Wert der in den letzten Monaten nach
Japan importierten Güter und Waren übertreffen die Exporte dabei um rund 7,8 Milliarden Euro. Das ist Japans größtes Handelsdefizit seit 1980, und bereits im letzten
Jahre verteuerten sich Japans Exporte in die
USA aufgrund des gestiegenen Yen um rund
25 Prozent.
Der Rückgang japanischer Exporte ist auch
deswegen beunruhigend bzw. von großer
Bedeutung, weil Japans wirtschaftlicher Aufschwung der vergangenen Jahre in erster
Linie bzw. ausschließlich vom Export und
Investitionen im Ausland getragen wurde.
Boomende Exporte nach China leisteten
2003 und 2004 einen wichtigen Beitrag, Rezession und Deflation in Japan zu beenden.
Industrielle Produktion
Von September bis Dezember 2008 verzeichnete Japan einen Rückgang der industriellen Produktion um mehr als 30 Prozent, nachdem in erster Linie Automobilhersteller
und Elektronikkonzerne auf die dramatisch
sinkende Nachfrage reagierten. Analysten
fürchten, dass sich der Rückgang der industriellen Produktion sogar noch steigern
könnte, falls sich die Nachfrage nach japanischen Autos and Elektronik in den nächsten
Monaten nicht stabilisiert.
Auch in der herstellenden Industrie Japans
gibt es momentan nur schlechte Nachrichten. Von Januar bis Februar dieses Jahres
sank die Produktion der herstellenden Industrie um 10 Prozent, was dazu führte,
dass Arbeitsplatzangebote in diesem Industriezweig um rund 18 Prozent sanken.
Fallender Binnenkonsum
Japans Binnenkonsum schrumpfte in den
letzten Monaten um 0,4 Prozent. Das ist jedoch noch nicht als ein Einbruch des Binnenkonsums zu bezeichnen und in Anbetracht der Rezession in Japan ist es eher
bemerkenswert, dass der Binnenkonsum
bisher nur weniger als um ein halbes Prozent gefallen ist. ‚Shopping’ ist und bleibt
trotz Wirtschaftskrise Teil der japanischen
Freizeitkultur, auch wenn die anstehenden
Massenentlassungen manch einem Japaner
ohne Zweifel diesen Freizeitspaß verderben
wird.
Japans Konsumenten haben sich in der Vergangenheit und während der fast 1o Jahre
dauernden Rezession in den 1990er Jahren
mit nahezu null wirtschaftlichem Wachstum
erstaunlich kauffreudig erwiesen bzw. haben
sich, um es salopp auszudrücken, ihre
‚Kauflaune’ nicht verderben lassen.
Japanische Haushalte haben sich in den
1990er daran gewöhnt, dass ihre Löhne
sanken bzw. nicht wuchsen. Es sanken die
Ersparnisse, ohne dass sich dadurch das
Konsumverhalten der Japaner grundlegend
änderte. Das bedeutete, dass die Binnennachfrage auch während der japanischen
Wirtschafts- und Bankenkrise der 1990er
Jahre stabil blieb, was die wirtschaftliche
Erholung Japans von 2003-2008 begünstigte.
Die Situation heute jedoch ist eine andere:
Der japanische Arbeitsmarkt ist in den
1990er flexibilisiert worden, und mittlerweile ist schätzungsweise jede dritte feste Stelle in eine zeitlich befristete umgewandelt
worden, was in den nächsten Monaten, in
Zeiten bevorstehender Massenentlassungen,
Einfluss auf das Konsumverhalten der Japaner haben wird.
Die neuesten Zahlen aus Japan zu den Ausgaben der privaten Haushalte bestätigen
das bereits: Diese schrumpften im Dezember 2008 um 4,6 Prozent und im Januar
2009 sogar um 5,9 Prozent im Vergleich zu
den Vorjahresmonaten.
Automobilindustrie in der Krise
Die globale Nachfrage nach japanischen Autos fiel in den letzten Monaten um rund
70 Prozent. Japans Automobilhersteller haben nach Angaben der Japan Automobile
Association (JAA) im Januar dieses Jahres
rund 41 Prozent weniger Autos als im Januar des Vorjahres hergestellt. Während es im
Januar des Jahres 2008 noch 976.975 waren, waren es im Januar 2009 nur noch
576.539.
Toyota kündigte an, 2009 weltweit nur noch
6,3 Millionen Autos herstellen zu wollen.
Das sind 27 Prozent weniger als im letzten
Jahr als der weltgrößte Automobilkonzern
noch rund 8,6 Millionen Autos produzierte.
Auch Mitsubishi Motors, welches Verluste
von 60 Milliarden Yen (rund 465 Millionen
Euro) prognostiziert, wird bis Ende März und
dem Ende des japanischen Finanzjahrs
330.000 weniger Autos als im Vorjahr herstellen. Wenn sich die Lage nicht weiter verschlechtert, wird allerdings vermutet, dass
Japans Automobilhersteller ihre Produktion
im April oder Mai wieder erhöhen werden.
Deflation lauert schon (wieder)
Noch ist es in Japan nicht so weit, aber in
Anbetracht der steigenden Arbeitslosigkeit
und den fallenden Exporten wird es wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, bis sich
das Land wieder (und nach einer langen Deflationsphase in den in 1990er Jahren) in
Richtung Deflation bewegen wird. Wie in
den 1990er in Japan würde eine Deflation
erneut die Profite und Investitionen von Unternehmern reduzieren und diese unter Umständen zu weiteren Entlassungen zwingen.
Entlassene Arbeitnehmer kaufen wenig bzw.
gar nicht, was die deflationären Tendenzen
dann noch einmal verstärken würde.
Die Bank of Japan (BOJ), die in den letzten
Monaten ihren Leitzins auf 0,1 Prozent reduziert hat, kündigte an, in den nächsten
Monaten verstärkt Unternehmensanleihen
zur deren Entlastung zu kaufen. Anders als
noch während des Beginns der Rezession in
Japan in den 1990er Jahren, hat die BOJ
diesmal rechtzeitig reagiert.
Allerdings bleiben der BOJ aufgrund des
sehr niedrigen Leitzinses (anders als der
Fed in den USA oder der EZB in Frankfurt)
nur noch sehr limitierte monetäre Optionen
zur Verhinderung von Deflation bzw. zur
Stimulierung der japanischen Wirtschaft.
LDP-Regierung ratlos und am Ende
Die Umfragewerte der Regierung im Allgemeinen und des Premierministers Taro Aso
im Speziellen sind derweil so schlecht wie
die Konjunkturdaten des Landes.
Regierungschef Aso ‚genießt’ nach den
jüngsten Meinungsumfragen derzeit
Zustimmungsraten von ca. 15 Prozent,
und die Rezession wird vermutlich dafür
sorgen, dass seine und die seiner Partei in
den nächsten Monaten weiter in den Keller
sinken.
Eine Umfrage der Nihon Keizai Shimbun Ende Februar kommt zu dem Ergebnis, dass
die Ablehnungsrate Asos mittlerweile auf 80
Prozent angestiegen ist. Wenn die Umfragen
Recht haben, machte dies Aso zu einem der
unbeliebtesten Premierminister der japanischen Nachkriegsgeschichte. Lediglich der
LDP-Politiker und Premierminister 2000/2001 Yoshiro Mori, dessen Zustimmungsraten bis zu seinem Rücktritt konstant
unter 10 Prozent lagen, war unpopulärer
bei Japans Wählern.
Deutlichstes Indiz dafür, dass Aso und seinem Kabinett wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz und Reformwille fehlen, ist
die Entscheidung die vom ehemaligen japanischen Premierminister Junichiro Koizumi
begonnene Privatisierung der Post zu unterbrechen. Die Privatisierung der Post, das
Herzstück Koizumis Reformen, sollte bis
2017 abgeschlossen sein, aber in Anbetracht der derzeitigen Unterbrechung ist sehr
zweifelhaft, ob dieser Fahrplan eingehalten
werden kann.
Koizumi kritisierte Aso dafür in der Öffentlichkeit in aller Deutlichkeit und sprach ihm
vor laufender Kamera die Kompetenz ab,
Japan in Zeiten der Wirtschaftskrise zu führen. Offene Rebellionen in der japanischen
Politik im Allgemeinen und innerhalb der
LDP im Speziellen waren bisher eine Seltenheit bzw. widersprachen den ungeschriebenen Regeln japanischer Politik gemäß derer
innerparteiliche Konflikte hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden, um dann
der Öffentlichkeit den Eindruck bzw. die Illusion eines innerparteilichen Konsenses in
Personal- und Sachfragen zu vermitteln.
Unter normalen Umständen gäbe es innerhalb der LDP wohl noch mehr Druck auf den
Premierminister das Parlament aufzulösen,
aber in Anbetracht der Tatsache, dass die
LDP Unterhauswahlen mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit verlieren
würde, ist es durchaus nicht unverständlich,
dass die Regierung sich mit dem Ausrufen
von Neuwahlen Zeit lässt.
Das Ende der Amtszeit Koizumis im September 2006 bedeutete gleichzeitig das
(vorzeitige) Ende japanischer Wirtschaftsund Strukturreformen. Keiner der Nachfolger Koizumis hat bis heute Anstrengungen
unternommen, seinen Reformkurs fortzusetzen. Shinzo Abe (Sept. 2006-Sept. 2007)
war während seines kurzen Mandats mehr
mit innerparteilichen Skandalen als mit Innenpolitik beschäftigt, Yasuo Fukuda (Sept.
2007-Sept. 2008) fehlte die innerparteiliche
Unterstützung und Autorität für einen Reformkurs und Taro Aso zeigt sich (wie in der Vergangenheit) eher interessiert, die von Koizumi begonnenen Reformen rückgängig zu machen als diese voranzutreiben.
Innerhalb der LDP gibt es derzeit keinen Politiker, der sowohl die Kompetenz als auch
die Unterstützung innerhalb der Partei hätte, die notwendigen wirtschaftlichen und
strukturellen Reformen wiederaufzunehmen.
Japan bräuchte weitere und umfassende
Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsreformen,
um das Land wieder attraktiver und bezahlbarer für ausländische Investoren zu machen. Die Verdoppelung ausländischer Investitionen bis zum Jahre 2010 war eines
der wirtschafts- und handelspolitisch wichtigsten Anliegen der Regierung Koizumis.
Der derzeitige Reformstopp in Japan jedoch
wird wahrscheinlich sicherstellen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden wird.
Japans Haushalt
Am 28.Februar ist Japans 88 Billionen Yen
Haushalt im Unterhaus verabschiedet worden. Danach wird er zur Abstimmung ins
Oberhaus eingebracht werden, wo die DPJ
aller Voraussicht nach dem Gesetzesentwurf
mittels ihrer Mehrheit nicht zustimmen wird.
Die DPJ kann die Verabschiedung des Budgets jedoch letztendlich aufgrund der Zweidrittelmehrheit der LDP im Unterhaus nicht
blockieren sondern nur um einen Monat
verzögern. Artikel 60 der japanischen Verfassung gibt der Regierungspartei das Recht, einen Gesetzesentwurf entgegen
dem Willen der Mehrheit der Opposition Gesetz werden zu lassen, wenn sie im Unterhaus eine Zweidrittelmehrheit hat.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Japan sich
im Laufe des Jahres (auch unter einer DPJ-Regierung) gezwungen sehen wird, eine
Reihe von Zusatzbudgets zu verabschieden,
welche die bereits astronomisch hohe
Staatsverschuldung Japans (180Prozent des
BSP des Landes) weiter in die Höhe treiben
wird.
Neben dem regulären Haushaltsbudget bemüht sich die Regierung derzeit, zwei Sonderbudgets zu verabschieden: eines in Höhe
von 2 Billionen Yen zur Finanzierung von
Steuererleichterungen für Haushypotheken
und umstrittene Bargeldzahlungen an Japans Haushalte; ein anderes über eine Billion Yen für die Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf lokaler Eb ene.
Um die Konjunktur zu stimulieren, verabschiedete das japanische Parlament bereits
im Januar ein Sonderausgabenpaket im Umfang von 4,8 Billionen Yen (40.8 Milliarden
Euro), inklusive eines ‚Konsumgutscheins’
über 12000 Yen (102 Euro) für jeden Steuerzahler. Analysten und Ökonomen jedoch
kritisierten, dass der Umfang des Konjunkturpakets viel zu klein sei und bezweifeln
die Wirkung der ‚Konsumgutscheine’ zur
Ankurbelung des Binnenkonsums.
DPJ eine Alternative?
Bisher hat sich die DPJ unter Ichiro Ozawa
in erster Linie darauf beschränkt, von der
LDP geführte Regierungen zu bekämpfen
bzw. ihre bei den Oberhauswahlen im Juli
2007 gewonnene Mehrheit dazu benutzt, die
Regierungsarbeit und Japans Gesetzgebungsprozess zu behindern bzw. zu verlangsamen. Ozawa hat es sich seit Jahren
zur ‚Mission’ gemacht, die von der LDP geführten Regierungen zu stürzen - zuletzt mit
Erfolg nach den kurzen und von Skandalen
und politischen Misserfolgen charakterisierten Amtszeiten von Shinzo Abe und Yasuo
Fukuda.
Allerdings ist die DPJ alles andere als eine
‚neue’ politische Kraft in Japan und eine
mögliche Regierungsübernahme der Partei
Ozawas wäre alles andere als eine politische
‚Revolution’ in Japan 54 Jahren unterunterbrochener LDP-Herrschaft.
Viele Mitglieder der DPJ, allen voran Ozawa,
der in den 1980er und 1990er Jahren die
einflussreiche Position des LDP-Generalsekretärs bekleidete, sind ehemalige
LDP-Mitglieder, die zusammen mit Ozawa
die LDP zu Beginn der 1990iger Jahre aus
Protest wegen zahlreicher innerparteilicher
Skandale und Korruptionsfälle verließen.
Bisher hat sich kein Politiker der DPJ in der
Öffentlichkeit als Reformer hervorgetan
bzw. die Partei hat bisher kein Konzept präsentiert, wie es im Falle einer Regierungsübernahme plant, die Rezession und den
wirtschaftlichen Abschwung in Japan zu bekämpfen. Ausländische Regierungschefs und
Außenminister jedoch zeigen sich derweil
bei Japanbesuchen verstärkt interessiert,
nicht nur Aso sondern auch Ozawa zu treffen. Zuletzt war das der Fall bei US-Außenministerin Hillary Clinton im Rahmen
ihrer ersten Asienreise.
Anders als die LDP jedoch stehen die DPJ
und Ozawa nicht für bedingungslose Loyalität gegenüber dem Militärallianzpartner in
Washington, und es ist im Falle der Übernahme der Regierungsgewalt durch die DPJ
zu erwarten, dass sich diese stärker als die
Liberaldemokraten für die Weiterführung
der (immer wieder von den USA blockierten
und verschobenen) Diskussion um die Reduzierung der amerikanischen Truppenpräsenz in Japan und die Reduzierung des japanischen finanziellen Beitrages zur Unterhaltung des amerikanischen Militärs einsetzen wird.
Derzeit sind in Japan rund 50.000 US-Soldaten stationiert, und Tokio steuert pro
Jahr rund 5 Milliarden US-Dollar (rund 75
Prozent der Gesamtkosten) zu deren Unterhaltung bei. Die Finanzierung amerikanischen Militärs ist Teilen der politischen Opposition schon lange ein Dorn im Auge, und
das Einverständnis der Regierung, Teile der
Kosten für die Umstationierung amerikanischer Truppen von Okinawa nach Guam in
Höhe von rund 6 Milliarden Dollar zu übernehmen, nahm die Opposition zum Anlass,
lautstark eine Neudefinierung der amerikanisch-japanischen Sicherheitsallianz zu fordern. Japan, kritisieren Teile der Opposition,
dürfe nicht länger der ‚Vasall’ der USA sein.
Fazit
Japan hat ein schweres Jahr vor sich, und
die Regierung unter Taro Aso agiert seit
Monaten so derartig hilflos und glücklos,
dass Japan zu wünschen ist, dass er eher
früher als später das Unterhaus auflöst und
Neuwahlen ausruft.
Spätestens bis zum 11.September muss er
das tun, um dann innerhalb von 40 Tagen
(sprich bis spätestens Mitte Oktober) Unterhauswahlen stattfinden zu lassen wie es
Artikel 45 der japanischen Verfassung vorsieht.
Die oben besprochenen Wirtschafts- und
Konjunkturdaten sind derzeit dramatisch
schlecht, und eine neue japanische Regierung wird 2009 und 2010 enormes politisches und finanzielles Kapital investieren
müssen, um dem Einbruch der Wirtschaftsleistung des Landes entgegenwirken zu
können.
Japans politische Opposition, die DPJ in vorderster Reihe, steht seit Monaten in den
Startlöchern. Die DPJ hatte der LDP bereits
im Juli 2007 unter dem ähnlich hilflos agierenden damaligen Premierminister Shinzo
Abe eine schwere Niederlage bei den Oberhauswahlen zugefügt, und die LDP konnte
Japan nach der Wahlniederlage nur Dank
ihrer Zweidrittelmehrheit im Unterhaus regieren.
Die LDP hat Japan seit 1955 praktisch unterunterbrochen regiert, und erst seit sich
Japan in den letzten Jahren in Richtung eines 2-Parteien-Systems (LDP-DPJ) entwickelt, ist eine Regierung ohne LDP-Beteiligung eine realistische Option japanischer
Politik.
Wie die Meinungsumfragen der letzten Wochen und Monate belegen, ist das derzeit
der vom japanischen Wähler bevorzugte
Wahlausgang.