Mit der zunehmenden Verbreitung sozialer Medien im Leben fast aller Menschen besitzen Influencer die nötige Reichweite, Meinungen eines breiten Publikums zu beeinflussen. Während Influencer in den sozialen Medien in der Regel mit Themen wie Lifestyle, Mode und Comedy in Verbindung gebracht werden, könnte ihr Einfluss auch im politischen Bereich genutzt werden. In Angesicht der näher rückenden Parlamentswahlen in Jordanien am 10. September 2024, haben das KAS-Jordanien-Büro und Qased Training and Empowerment eine dreiteilige Workshop-Reihe gestartet. Sie soll jordanische Social Media Influencers über die Wichtigkeit, den Inhalt und den Ablauf des jordanischen Wahlprozesses informieren. Dabei ist das Ziel, das Bewusstsein und die Beteiligung junger Menschen an den bevorstehenden Wahlen zu erhöhen.
Der erste von drei geplanten Workshops fand am 29. Juni 2024 in Amman statt. Dieser sollte die teilnehmenden Influencer thematisch mit dem Thema Parlamentswahlen und deren System vertraut machen. Nach der Ankunft der Gäste begrüßte einer der beiden Moderatoren dieser Sitzung, Rashed Al Assaf von Qased, die teilnehmenden Influencer und insbesondere den Ehrengast S.E. Musa Al Maaytah, Vorsitzender des Unabhängigen Wahlausschusses (IEC).
S.E. Musa Al Maaytah gab dann einige einleitende Bemerkungen, die die Teilnehmer in das Thema und die Bedeutung der bevorstehenden Wahlen einführten. In seiner Rede erläuterte er das Wahlsystem mit all seinen technischen Besonderheiten und Neuerungen seit den Reformen im Jahr 2022. Er betonte die Bedeutung eines demokratisch gewählten Parlaments in Jordanien, das sich aus mehreren Parteien zusammensetzt, und wies auf die jüngsten Probleme in einigen westlichen Ländern hin, die zunehmend entweder Rechts- oder Linksrucke erleben. Mit den Worten "ein Parlament könnte nur aus Frauen, aber niemals nur aus Männern bestehen", unterstrich S.E. Musa Al Maaytah die Bedeutung der Präsenz von Frauen im politischen Leben und ihrer Beteiligung in Parlamenten. Damit verwies er auf das neue Quotensystem für Frauen im Rahmen des reformierten Wahlgesetzes von 2022. Dieses erhöht nömlich die Zahl der für Frauen reservierten Sitze auf 19, verglichen mit 15 Sitzen bei den Wahlen von 2020 und 2016.
Anschließend richtete Dr. Edmund Ratka, Resident Representative der KAS Jordanien, ebenfalls einige Begrüßungsworte und ein Dankeschön an den Mitveranstalter und neuen Partner Qased. Ratkas Rede gliederte sich in drei Hauptpunkte. Zum Einen würdigte er den Spirit und die Idee, die hinter dem Wahlgesetz stehen, da diese den Schritt Jordaniens hin zu einer stärkeren bürgerlichen und politischen Beteiligung zeige. Zweitens ging er auf die Bedeutung der sozialen Medien ein, da diese den Ort darstellen, an dem man die Menschen in der heutigen Zeit finden könne. Schließlich stimmte Ratka S.E. Musa Al Maaytah zu, dass sich das politische Parteiensystem in vielen Staaten in einer Krise befindet, die neue Wegen der demokratischen Organisation benötigen. Er zeigte sich dementsprechend neugierig unf hofft auf einen schrittweisen politischen Modernisierungsprozess in Jordanien in den kommenden Jahren.
Die inspirierenden Worte sowohl von Al Maaytah als auch von Ratka lösten bei den Teilnehmern zahlreiche Fragen und Kommentare zu den bevorstehenden Wahlen aus. S.E. Al Maaytah hörte sich diese an und ging auf alle Bedenken ein. "Wie können meine Follower und ich den kandidierenden Parlamentariern vertrauen, dass sie tatsächlich das tun, was sie im Wahlkampf versprochen haben?", "Was ist mit den Gerüchten, dass Wahlurnen manipuliert wurden?", "Wie kann ich meine Anhänger davon überzeugen, zur Wahl zu gehen, wenn ich selbst befürchte, dass die Parlamentarier Wähler für ihre Stimme bezahlen?", "Ich glaube nicht, dass irgendjemand aus freien Stücken für seine Lieblingspartei stimmen wird, wenn diese Partei bei der Regierung unbeliebt ist.“ Diese und ähnliche Fragen wurden im ersten Teil des Workshops zwischen den Influencern und dem IEC-Vertreter S.E. Musa Al Maaytah geklärt und aktiv diskutiert.
In der zweiten Hälfte des Workshops erläuterte der Trainer Dr. Issa Al Tarawneh (IEC) detailliert die technischen Abläufe der bevorstehenden Wahlen. Er erklärte den Influencern, wer wahlberechtigt ist, wann und wie sie wählen können. So erläuterte er beispielsweise das duale Wahlsystem, das aus einer Stimme für einen Kandidaten der lokalen Liste und einer Stimme für eine Partei der allgemeinen nationalen Liste besteht. Um das frisch erworbene theoretische Wissen anzuwenden, hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, die Stimmabgabe zu simulieren. Dazu wurden im Rahmen des Workshops Wahlurnen, Wahlzettel und Wahlhelfer zur Verfügung gestellt, um den Teilnehmern zu demonstrieren, wie der Wahltag in Praxis aussehen wird. Alle schienen diese praktische Erfahrung zu genießen, die viele technische Fragen der Teilnehmer klärte.
Aufgrund der zuverlässigen und verifizierten Informationen, die der Workshop den Influencern vermittelte, kann davon ausgegangen werden, dass ihre künftige politische Präsenz in den sozialen Medien ein Gegengewicht zu Fake News oder irreführenden Informationen bilden wird. Sobald mehr und mehr junge Menschen von den bevorstehenden Parlamentswahlen erfahren und diese verstehen, hoffen wir auf eine verbesserte demokratische Beteiligung und ein stärkeres Bewusstsein der Jordanier im Allgemeinen und eine höhere Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen 2024 im Besonderen.
Die nächsten beiden Workshops werden die Bemühungen und Strategien des ersten Workshops fortsetzen, indem sie die Influencer weiter sensibilisieren und ihr Verständnis für das jordanische Wahl- und Politiksystem verbessern. Dieses Projekt ist Teil der weitgefächerten Bemühungen der KAS Jordanien, das jordanische Bewusstsein für politische Prozesse und ihre Teilhabe darin zu stärken. Insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Parlamentswahlen, die traditionell durch eine niedrige Wahlbeteiligung gekennzeichnet sind, möchte die KAS Jordanien einen wirksamen Beitrag zur Vision seiner Majestät König Abdullah II. von der politischen Modernisierung leisten, indem sie verschiedene Bereiche der jordanischen Gesellschaft durch solche Workshops politisch aktiviert.