Veranstaltungsberichte
Montag, 11. Oktober 2010 !Begrüßung der Teilnehmer und Eröffnungsreden
Mona El Alami
Jordanian Center for Civic Education Studies
Amman-Jordanien
Dr. Martin Beck
Leiter des Auslandsbüros der
Konrad Adenauer Stiftung
Amman-Jordanien
Dr. Aman Kabbara al Chaarani
Leiterin des Lebanese Council of Women
Beirut-Libanon
Dienstag, 12. Oktober 2010
Mona El Alami
Jordanian Center for Civic Education Studies
Amman-Jordanien
Amara Benromdhane
Chefaufseher, Experte für politische Bildung und Menschenrechte, internationaler Berater
Tunis-Tunesien
Mittwoche, 13. Oktober 2010
Mona El Alami
Jordanian Center for Civic Education Studies
Amman-Jordanien
Amara Benromdhane
Chefaufseher, Experte für politische Bildung und Menschenrechte, internationaler Berater
Tunis-Tunesien
Übergabe der Zertifikate
Mona El Alami
Dr. Martin Beck
Dr. Aman Kabbara al Chaarani
1. Überblick
Da Frauen in vielen verschiedenen Ländern nach wie vor mit Diskriminierung und einer benachteiligenden Rechtslage zu kämpfen haben, gewinnt die Implementierung der Menschenrechte für Frauen weltweit immer mehr an Bedeutung. Mit der Erklärung des Internationalen Frauenjahres der UN-Generalversammlung im Jahr 1975 und der Ratifizierung verschiedener internationaler Konventionen und Menschenrechtsinstrumente wie dem Abkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women) 1979, haben viele Regierungen damit begonnen, sich für Geschlechtergleichstellung einzusetzen. Dennoch sind Missbrauch, Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen nach wie vor weit verbreitet. Auch in der arabischen Welt haben Frauen mit Benachteiligung zu kämpfen, denn das Recht auf Partizipation im öffentlichen Leben ist in den meisten arabischen Ländern stark eingeschränkt, insbesondere dort, wo Frauen – aufgrund familienrechtlicher Bestimmungen – keine rechtliche Gleichstellung genießen.
Vom 11. bis 13. Oktober 2010 organisierte KAS Amman gemeinsam mit dem Jordanian Center for Civic Education Studies (JCCES) einen Workshop in Beirut zum Thema Frauenrechte in Politik und Gesellschaft. 22 weibliche Führungskräfte aus Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen aus Syrien, Jordanien, dem Irak und Libanon erhielten während des dreitägigen Workshops einen detaillierten Einblick in verschiedene Aspekte politischer Partizipation sowie des rechtlichen und gesellschaftlichen Status von Frauen in der arabischen Welt.
2. Ablauf
Mona El Alami, Leiterin des JCCES, hieß die KAS-Repräsentanten, Trainer und Teilnehmer willkommen. Im Anschluss gab sie einen kurzen Überblick über die Arbeit des JCCES und ging dann auf das Thema des Workshops ein. Dabei verwies sie auf die wachsende Bedeutung von Frauenrechten in der internationalen Politik und betonte, dass das Thema zunehmend als wichtiges Instrument zur Förderung von Werten wie Gerechtigkeit, Frieden, Gleichberechtigung, Toleranz und Respekt der Menschenwürde unter Studenten und Dozenten anerkannt werde. Daher sei die Förderung von Menschenrechts- und insbesondere Frauenrechtsthemen im gesamten Bildungssystem von großer Bedeutung.
Dr. Martin Beck, Landesbeauftragter des Auslandsbüros der KAS in Amman, präsentierte eine kurze Einleitung in die Schwerpunktthemen des Workshops. Er wies darauf hin, dass es einen zunehmenden Bedarf an Schulungen zur Bewusstseinsbildung im Hinblick auf Frauenrechte gebe und dass Möglichkeiten zur Förderung von Frauen in der arabischen Politik und Gesellschaft im Rahmen des Workshops aufgezeigt und diskutiert werden würden.
Dr. Aman Kabbouch Chaarani, Leiterin des Lebanese Council of Women, hob in ihren Begrüßungsworten hervor, dass das Konzept des politischen Handelns ein wichtiges Instrument sei, um politische Rechte wie das aktive oder passive Wahlrecht und die Gründung von politischen Parteien oder sozio-politischen Bewegungen einzufordern. Durch die Organisation von Petitionen, Medien- oder Bildungskampagnen würden Frauen gegen die Unterdrückung ihrer Rechte kämpfen. Auf Grund der in den meisten arabischen Ländern eingeführten Quotenregelungen hätten Frauen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Politik ihre Interessen verstärkt vertreten können, fügte Dr. Chaarani hinzu. Einige arabische Regierungen, wie im Libanon oder Jordanien, hätten Quotensysteme eingeführt, die ein Mindestmaß an Repräsentation von Frauen im Parlament gewährleisteten, um die Teilhabe von Frauen am politischen Entscheidungsfindungsprozess zu fördern. Dabei hob Dr. Chaarani allerdings hervor, dass weibliche Abgeordnete Schwierigkeiten antreffen würden, die Politikgestaltung zu beeinflussen und die politische Agenda aktiv mitzubestimmen, wenn der institutionelle Rahmen des Parlaments schwach sei. Anschließend diskutierte sie verschiede Aspekte eines der zentralen internationalen Abkommen zur Sicherung der Gleichberechtigung von Frauen – die „Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women“ (CEDAW), welche 1979 von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurde.
Obwohl viele arabische Staaten die Konvention entweder unterschrieben und ratifiziert hätten oder ihr beigetreten seien, bestünde jedoch in weiten Teilen der arabischen Welt die Geschlechterungleichheit in Politik und Gesellschaft weiterhin fort.
Amara Benromdhane, regionaler Berater in Menschenrechtsangelegenheiten und Trainer des Workshops, präsentierte zu Beginn der ersten Sitzung seinen Trainingsplan. Er leitete die Schulung mit einer Erörterung des Gleichheitskonzeptes ein, welches besage, dass alle Menschen in jedem Bereich des Lebens – sei es sozial, religiös, kulturell, politisch oder ökonomisch – gleich behandelt werden müssten. Er betonte, dass Gleichheit eine Grundvoraussetzung für jede Art sozialer, politischer oder wirtschaftlicher Entwicklung sei. Um die Entwicklungsarbeit vorantreiben zu können, müssten zuerst Probleme der Ungleichheit thematisiert und reguliert werden. Anschließend diskutierte er die Frage, wie das Konzept der Gleichstellung der Geschlechter in das islamische Recht (Fiqh), das aus Qur’an und Sunna abgeleitet werde, eingebettet sei.
Im Anschluss an diese Einführung unterteilte Herr Benromdhane die Teilnehmer in fünf Arbeitsgruppen, die sich mit den Ursachen der Ungleichstellung der Geschlechter, dem Konzept der politischen Partizipation und der Frage, wie das Problem der Geschlechterdisparität auf politischer, sozialer, kultureller und ökonomischer Ebene gelöst werden könne, auseinander setzten. Die Teilnehmer diskutierten zudem Möglichkeiten, um gegen die Marginalisierung mittelloser und sozial ausgegrenzter Frauen anzugehen.
In der abschließenden Phase des ersten Workshoptages trugen die Teilnehmerinnen die Resultate ihrer Arbeitsgruppen zusammen und diskutierten die zentralen Arbeitsergebnisse. Um die aktive Partizipation von Frauen in Politik und Gesellschaft zu unterstützen, müssten wirtschafts- und sozialpolitische Gesetze die Gleichberechtigung von Frauen in der Entscheidungsfindung und Machtteilung garantieren und würden auf diese Weise den Fortschritt und Entwicklung von Frauen fördern können.
Durch die Implementierung von Rechtssystemen zur Beseitigung der Frauendiskriminierung würden Regierungen den rechtlichen Schutz für Frauen gewährleisten und ein Umfeld schaffen können, das es Frauen erlaube, ihre Grund- und Menschenrechte besser wahrzunehmen. Ein weiterer zentraler Punkt sei, dass diskriminierende gesellschaftliche Einstellungen und Bräuche geändert werden müssten, um Gewalt gegenüber Frauen zu bekämpfen. Schließlich solle ein gleicher Zugang für Frauen zu Bildung, Arbeit und Gesundheitswesen gesichert werden.
Am zweiten Workshoptag konzentrierte sich Trainer Amara Benromdhane zunächst auf das Thema Familiendynamik und den Status von Frauen innerhalb arabischer Gesellschaften. Die Tatsache, dass Frauen heutzutage neue wirtschaftliche Funktionen übernähmen, habe große Auswirkungen auf ihre Position innerhalb der Familie. Die traditionellen Rollen der Familienmitglieder, insbesondere die der Frauen, würden auf Grund neuer Lebensverhältnisse zwischen Eltern, Kindern und anderen Verwandten zunehmend in Frage gestellt.
Viele arabische Frauen seien autonomer geworden und manche hätten sich sogar als Familienoberhaupt oder Familienernährer durchsetzen können. Allerdings gebe es in einigen arabischen Ländern keine wirkliche Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau vor dem Gesetz.
Im Hinblick auf das Erbrecht beispielsweise, erhielte die Frau nach isla-mischem Recht nur die Hälfte des Erbanteils, welcher dem Mann mit selben Verwandtheitsgrad zustehe. Des Weiteren habe der Mann, auf Basis eines Urteils des Obersten Gerichtshofes in den VAE, das Recht, seine Frau und Kinder mit physischer Gewalt zu züchtigen. Herr Benromdhane folgerte, dass es dringend einer juristischen Reform zur Gewährleistung rechtlichen Schutzes und zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen in der arabischen Welt bedürfe.
Anschließend sprach er über Möglichkeiten, Frauen im Hinblick auf Führungspositionen zu fördern. Er sagte, dass Maßnahmen wie die Reformierung von Wahlverfahren, die Unterstützung politischer Parteien, die Stärkung von Parlament, Justiz und öffentlichem Dienst zur Verstärkung der Rolle der Frau in der Öffentlichkeit beitragen würden.
Dennoch bedürften vielen Frauen größerer finanzieller Sicherheit und viele könnten es sich daher nicht leisten, an Wahlkampagne aktiv teilzunehmen und für Wahlen zu kandidieren. Oftmals würden ihre politischen Bestrebungen von ihren Familien nicht gefördert oder unterstützt werden. Um Gleichberechtigung der Geschlechter in den Demokratisierungsprozess besser zu integrieren, müsse sich der Frauenanteil in politischen Parteien und Institutionen erhöhen. Außerdem müsse sich der Fokus von Parteien stärker auf Frauenthemen richten. Er fügte hinzu, dass Frauenorganisationen eine wichtige Rolle in der Verteidigung von Frauenrechte auf politischer Ebene spielten.
Anschließend diskutierte Herr Benromdhane mit den Teilnehmerinnen die Rolle der Frau innerhalb des Erziehungswesens. Er hob hervor, dass das stereotype Bild der Frau in Schulbüchern als eine wichtige Quelle für die Auffassung eines konservativen Frauenbildes in Familie und Gesellschaft gesehen werde. Eine Ursache dafür sei, dass Frauen nicht aktiv genug an der Entwicklung von Schulbüchern, Unterrichtsmaterialien oder Lehrplänen beteiligt seien. Außerdem sei Frauenliteratur fast gänzlich von den Lehrplänen ausgeschlossen.
Im letzten Teil des zweiten Workshoptages wurde die Rolle von Frauen in den Medien genauer betrachtet. Medien spielten eine zentrale Rolle in der öffentlichen Meinungsbildung und der Vermittlung eines bestimmten Frauenbildes in der arabischen Welt. Frauen würden allgemein als ungebildete, traditionelle Hausfrauen dargestellt werden, die sich Männern unterwerfen und mit ihren Kindern und der Hausarbeit beschäftigt seien. Gewöhnlich berichteten die Medien nicht über arabische Geschäftsfrauen oder über gesellschaftliche oder ökonomische Schwierigkeiten, denen mittellose, ausgegrenzte Frauen täglich gegenüberstünden.
Die Teilnehmer unterstrichen, dass die Medien die wirkliche Rolle, die eine moderne Frau in der Gesellschaft spiele, besser reflektieren sollten.
Herr Amara Benromdhane eröffnete den dritten Tag des Workshops mit einem Überblick über die Arbeits- und Diskussionsergebnisse der vorangegangenen zwei Workshoptage. Im Anschluss sprach er über den Status von Frauen im Islam und in der Familie. Im Islam würde die Familieneinheit als wichtigster Kern der Gesellschaft betrachtet. Die Familie sei die Basis des islamischen Sozialsystems und tief eingebettet in islamische gesellschaftliche und staatliche Strukturen. Trotz der vielen Veränderungen, denen muslimische Familien begegneten, bleibe die Institution der Familie stark. Weitere Themenschwerpunkte der Diskussion stellten die Rolle der Frauen in muslimischen Familien, die Privilegien der Männer und die Position von Frauen in Gesellschaft und Politik in Abhängigkeit vom nationalen Kontext dar. Die Teilnehmerinnen gingen des Weiteren auf die Politik verschiedener Staaten, die religiösen Praktiken und die Prozesse sozialen und ökonomischen Wandels, innerhalb derer arabische Frauen individuell oder kollektiv versuchten, sich den Herausforderungen ihres Alltages zu stellen, ein.
Zum Abschluss fasste jeder Teilnehmer die Probleme oder Errungenschaften von Frauen in ihrem entsprechenden Land zusammen.
Fazit
Während des gemeinsam Workshops mit dem Jordanian Center for Civic Education Studies erhielten 22 weibliche Führungskräfte aus Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen aus Syrien, Jordanien, dem Irak und Libanon einen detaillierten Einblick in verschiedene Aspekte politischer Partizipation sowie des rechtlichen und gesellschaftlichen Status von Frauen in der arabischen Welt.
Den Teilnehmerinnen wurden verschiedene Möglichkeiten der Förderung von Geschlechtergleichstellung und Partizipation von Frauen in Politik und öffentlichem Dienst präsentiert. Der Workshop bot den Teilnehmerinnen eine gute Chance, zusammen zu kommen und Meinungen und Erfahrungen über das Thema Frauenrechte in der arabischen Welt auszutauschen. Die sehr lebhaften und produktiven Diskussionen zeigten, dass es vielen arabische Frauen an Möglichkeiten fehlt, frei über Frauenthemen zu debattieren. Die Gelegenheit zum Austausch von Ansichten über aktuelle Probleme wurde daher sehr geschätzt. Die Teilnehmerinnen betonten, dass das Training in hohem Maße dazu beigetragen habe, die Bewusstseinsbildung in verschiedenen Aspekten der Stärkung von Frauen zu erhöhen.
Der Workshop war in der Hinsicht ein Erfolg, dass er weiblichen Führungspersönlichkeiten verschiedene Aspekte zur Verstärkung von Frauenrechten in Gesellschaft und Politik näher gebracht hat. Die Teilnehmer äußerten sich positiv bezüglich der Qualität und Produktivität des Trainings von Amara Benromdhane sowie hinsichtlich der Organisation des Workshops.