Einführung
Das Webinar zu den Außerordentlichen Kammern vor den Gerichten Kambodschas (ECCC) wurde mit einer Begrüßung durch die KAS-Länderrepräsentantin Isabel Weininger eröffnet. Da sich die Einrichtung des Tribunals in Kambodscha im nächsten Jahr zum 25. Mal jährt, betonte Frau Weininger, dass das Webinar die Gelegenheit biete, den bisherigen Verlauf des Verfahrens zu rekapitulieren und zu reflektieren, seine Hindernisse und Schlussfolgerungen zu diskutieren und seine Errungenschaften und Erfolge zu feiern.
Herausforderungen und Erfolge
Zunächst wurde die Rolle der Medien im Rahmen des ECCCs erörtert und inwieweit sie den Prozess der Übergangsjustiz unterstützten oder behinderten. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass die Aufgabe der Medien nicht darin besteht, sich aktiv an den Prozessen zu beteiligen, sondern alle relevanten Informationen für die beteiligten Akteure und die breite Öffentlichkeit bereitzustellen. Besonders wichtig ist die Objektivität der Berichterstattung, da das Narrativ des Khmer-Rouge-Regimes in der Vergangenheit oft politisch instrumentalisiert worden ist. Um unabhängig und umfassend über den Prozess berichten zu können, benötigen Journalisten jedoch Zugang zu Insiderinformationen und relevanten Dokumenten, die oft unter Verschluss gehalten werden.
Eine weitere Herausforderung für die Medien stellt das schwindende Interesse der Öffentlichkeit an dem Verfahren dar. Die Wahrnehmung eines schwindenden Interesses in der Gesellschaft war ein gemeinsames Anliegen, das in diesem Zusammenhang auf die großen Hoffnungen und Ziele von Gerechtigkeit und Versöhnung zum Zeitpunkt der Gründung des ECCC verwies. Mit zunehmendem Verständnis für die Komplexität und die Herausforderungen des Tribunals haben sich die Diskussionen auf Fragen der Macht, der Handlungsfähigkeit, der Repräsentation und der Diskrepanz zwischen internationalen Ansätzen und dem lokalen Verständnis von Gerechtigkeit verlagert.
Das hybride System kann als Herausforderung und Erfolg zugleich angesehen werden. Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass die Einbeziehung und Beteiligung der Überlebenden ein positives Merkmal des Tribunals ist. Die anfängliche Hoffnung auf eine enge Einbindung hat sich jedoch für viele als enttäuschend erwiesen, da sie sich wenig informiert fühlten und in Frage stellten, ob das Tribunal letztendlich Gerechtigkeit bringen wird. Studien zeigen, dass die Überlebenden das Tribunal in zweierlei Hinsicht wahrnehmen: eine Gruppe fühlt sich einbezogen, die andere eher isoliert.
Eine weitere Hoffnung war, dass der internationale Rahmen als Vorbild dienen und einen Spillover-Effekt auf die nationale Justiz haben würde. Während die Erfahrung mit dem Prozess in einem internationalen Rahmen für die kambodschanischen Anwälte und Mitarbeiter wertvoll war, war ein Diskussionsteilnehmer der Meinung, dass mit der zunehmenden Abhängigkeit der Justiz auch die Hoffnung auf einen Übergang und die Übernahme bewährter Verfahren durch die nationale Justiz enttäuscht wurde. Generell waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass es schwierig ist, den Erfolg des ECCC zu messen. Auch die kontroverse Frage der Wiedergutmachung wurde angesprochen. Da sich die Wiedergutmachung für die Überlebenden des Regimes der Roten Khmer auf kollektive und symbolische Reparationen beschränkt, wurden die meisten Mittel für Einzelpersonen von NRO bereitgestellt. Viele kritisieren diesen Aspekt des Tribunals, während für einige der Überlebenden der Prozess und ihre Teilnahme daran von größerer Bedeutung ist als das tatsächliche Ergebnis.
Konsequenzen und Schlussfolgerung
Ein wichtiges Ergebnis des Tribunals sind die Lehren, die auf nationaler und internationaler Ebene aus der Rolle der Bürgerbeteiligung, der Kritik am Verfahren und den Fragen des Umgangs mit der Vergangenheit Kambodschas vor und nach dem Regime der Roten Khmer gezogen wurden. Auf eine Frage aus dem Publikum zu den gesellschaftspolitischen Folgen des Prozesses verwies ein Diskussionsteilnehmer auf die Bemühungen des Bildungsministeriums, den Völkermord und das ECCC in die Lehrpläne und Schulbücher zu integrieren. Neben den objektiven Quellen sind auch die Methodik und Pädagogik des Unterrichts über den Völkermord von Bedeutung und die Frage, ob die Priorität auf dem Auswendiglernen der Geschichte oder auf der kritischen Auseinandersetzung mit ihr liegt. Zum Abschluss der Diskussion wurde der Blick auf das Gesamtbild der kambodschanischen Geschichte gelenkt und darauf, was noch getan werden muss, um die Vergangenheit zu heilen und zu bewältigen.