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Veranstaltungsberichte

Ausländische Investitionen in ländlichen Gebieten und Privateigentum: die Auswirkungen des Gesetzesvorhabens Ley 309

Expertenrunde

Am 11. Juni 2024 fand in den Räumen des Politikwissenschaftlichen Instituts Hernán Echavarría Olózaga (ICP), eine Expertenrunde über das Gesetzesvorhabens Ley 309 in Kolumbien statt. Dabei sollte über die wichtigsten Herausforderungen und Auswirkungen des Projekts auf ausländische Investitionen und das Privateigentum diskutiert werden. Die Veranstaltung war Teil der Initiative “Legislatives Observatorium” des ICP und wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung KAS Kolumbien unterstützt.

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Die Veranstaltung begann mit den Grußworten des Direktors des ICP, Carlos Augusto Chacón; er betonte die Bedeutung der Expertenrunden, die seit mehr als 20 Jahren gemeinsam mit der KAS Kolumbien organisiert werden, um die legislative Agenda des Kongresses zu beobachten und Gesetzesentwürfe zu analysieren, vor allem wenn sie die wirtschaftliche Freiheit des Landes betreffen.

Die Projektkoordinatorin der KAS, Andrea Valdelamar präsentierte kurz die Arbeit der Stiftung zur Demokratieförderung, nicht nur in Kolumbien, sondern weltweit. Gleichzeitig dankte sie dem ICP für die strategische Allianz, die dazu diente, Diskussionsräume zur Analyse relevanter Themen zu schaffen, die im kolumbianischen Parlament debattiert werden und direkte Auswirkungen auf die Demokratie haben.   

Der Abgeordnete der Repräsentantenkammer für die Partei “Centró Democrático”, Juan Espinal bezog sich auf die Arbeit seiner Partei im Kongress, um eine ganze Reihe von Gesetzesvorhaben der Regierung zu stoppen, die leider sowohl die Wirtschaft als auch das Privateigentum in Kolumbien gefährden würden; als Beispiel nannte er die aktuelle Rentenreform. Weiterhin betonte er die Bedeutung der demokratischen Institutionen und Think Tanks, da diese wichtige Beiträge zu einer tiefgreifenden Debatte liefern und oft zu einer Korrektur oder Ablehnung eines Projekts beitragen und damit zumindest die wirtschaftliche Freiheit des Landes verteidigen helfen.

Der kolumbianische Rechtsanwalt und Politiker, Jorge Botero analysierte anschließend die Gesetzesvorlage Ley 309, wobei er vor allem auf die Einschränkungen des Privateigentums und die ausländischen Investitionen einging, die einer rigorosen Evaluierung unterzogen werde müssten. Er erkannte zwar an, dass der Staat manchmal in die Wirtschaft eingreifen müsse, wobei jedoch jegliche Einschränkung entsprechend gerechtfertigt sein müsse. Momentan fehle es an der Notwendigkeit solcher Einschränkungen, vor allem, was die Konzentration von Landeigentum ausländischer Investoren angehe. Die von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen seien unverhältnismäßig und entbehrten einer soliden Grundlage.

Der Wirtschaftswissenschaftler, Eduardo Lora meinte, dass das Projekt die dahinterliegenden Motive berücksichtigen müsse, vor allem die Nahrungsmittelsicherheit und die Verhinderung von Landraub. Weiterhin müsse überprüft werden, ob die Beschränkung ausländischen Landbesitzes der Motivation entsprechen, vor allem angesichts des Überflusses landwirtschaftlich genutzter Flächen in Kolumbien und der wenig optimalen Verteilung; daher sei es notwendig, sich mit den steuerlichen und rechtlichen Praktiken im Zusammenhang mit der Viehzucht zu befassen, die einen größeren Einfluss auf den Landraub haben könnten als ausländische Investitionen.

Der ehemalige stellvertretende Direktor der Nationalen Planungsbehörde, Daniel Gómez, DNP meinte, dass bei der Analyse des Gesetzesvorhabens die Notwendigkeit einer Erhöhung der Investitionen und einer besseren Kooperation im Agrarbereich in Kolumbien berücksichtigt werden müsse. Die vorgeschlagenen Einschränkungen an ausländischem Landeigentum könnten die Effizienz und den Umfang der landwirtschaftlichen Projekte behindern, die für den globalen Wettbewerb erforderlich seien. Auch warnte er davor, dass Beschränkungen an den juristischen Figuren für den Landbesitz langfristige Verträge erschweren könnten und Willkür oder Korruption aufgrund des Mangels an Informationen, die für die Umsetzung erforderlich sind, hervorrufen.

Die Repräsentantin der Föderation der Kaffeeanbauer, Ligia Helena Borrero meinte, dass es an Klarheit bezüglich der wirklichen Ziele des Gesetzesvorhabens fehle, vor allem wenn der Mangel an entsprechenden „public policies“ für die ländliche Entwicklung das Verbleiben der Bevölkerung auf dem Land erschwere. Die aktuelle Gesetzeslage erscheine wenig artikuliert und unterstütze nicht die sehr unterschiedlichen landwirtschaftlichen Aktivitäten. Zwar hielt sie die Landvergabe durch den Staat an bestimmte Bevölkerungsgruppen für positiv, jedoch benötige man dafür eine effiziente Organisation, um den Erfolg der damit verbundenen produktiven Projekte zu garantieren.

Sebastián Sánchez sprach in Vertretung der Kongressabgeordneten der Liberalen Partei, Olga Beatriz González und betonte, dass die Analyse des Gesetzesvorhabens Ley 309 besorgniserregende Ergebnisse hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und seiner Kohärenz ergab. Wenn damit auch der Landbesitz durch ausländische Firmen eingeschränkt werden sollte, so gebe es doch große Herausforderungen bei der Umsetzung aufgrund sich überschneidender Vorschriften und möglicher Konflikte mit internationalen Verpflichtungen Kolumbiens, so könnten zum Beispiel die Bestimmungen des Artikels 12 über die freiwillige Veräußerung von Grundstücken problematisch sein, da der Staat nicht über die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden Bescheid weiß. Kurzum, der Entwurf weise praktische und rechtliche Probleme auf, die seine Wirksamkeit beeinträchtigen könnten. 

Der Berater der Organisation SIGAG, Johan Rodríguez, nannte drei Hauptprobleme: Erstens gehe der Gesetzesentwurf nicht ausreichend auf die Motive ein, die hinter dem Landentzug stehen und es fehle am Verständnis der Problematik des legalen Landbesitzes; als Beispiel nannte er den Fall des Departments Guaviare und die Ausweitung des Nationalparks „Serranía de Chiribiquete“. Zweitens gehe der Wert der Ländereien über die landwirtschaftliche Nutzung hinaus, da man auch Bergbau, Konstruktion von Infrastruktur oder Umweltschutzgebiete berücksichtigen müsse. Letztendlich zeigte er sich besorgt über die negativen Auswirkungen des Projekts hinsichtlich der juristischen Stabilität; in dem Zusammenhang nannte er jüngste Entscheidungen des Verfassungsgerichts, die das Gesetz für verfassungswidrig erklären könnten. Abschließend meinte Rodríguez, dass der Gesetzesentwurf die Komplexität der Situation des Landbesitzes in den Regionen des Landes unterschätze und zu Rückschritten im legalen und umweltpolitischen  Bereich führen könnte.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Experten insgesamt besorgt zeigten angesichts der Defekte des Gesetzesentwurfs Ley 309. Man betonte die fehlende Notwendigkeit, den ausländischen Landbesitz und die Konzentration von Landbesitz generell einzuschränken. Weiterhin ging man auf die notwendige Erhaltung der Lebensmittelsicherheit ein und die mangelnde legale Registrierung von Landeigentum.   Weiterhin sah man Probleme angesichts der negativen Auswirkungen des Projekts auf die juristische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Insgesamt zeigten die Beiträge die Notwendigkeit einer tiefgreifenderen Evaluierung des Gesetzesentwurfs.

 

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Andrea Valdelamar

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