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KAS COLOMBIA

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Expertenrunde: “Fortschritte in der digitalen Transformation der Justiz?”

Am 14. Juni veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) gemeinsam mit dem politikwissenschaftlichen Institut (ICP) die dritte Expertenrunde des Jahres 2022 zum Thema digitale Transformation der Justiz in Kolumbien.

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Die technologische Transformation der öffentlichen Verwaltung war in den letzten Jahren ein wichtiges Thema. Um Qualität, Effizienz und Zugang zur Justiz zu verbessern und als Antwort auf die Herausforderungen der COVID-Pandemie, hat die Regierung Duque verschiedene Initiativen zur technologischen Transformation des Justizsektors angestoßen, mit denen die Verwaltung öffentlicher Mittel und die Effizienz des Systems verbessert werden und eine Antwort auf die Bedürfnisse der Bürger in dem Bereich gefunden werden sollte.  

Vor diesem Hintergrund hat die KAS Kolumbien gemeinsam mit dem ICP und seinem Legislativen Observatorium die dritte Expertenrunde des Jahres 2022 veranstaltet; mit dem Projekt soll durch einen Dialog zwischen den verschiedenen Sektoren zur Analyse der Herausforderungen beigetragen werden, denen sich die kolumbianische Legislative gegenübersieht. Die Veranstaltung fand am 14. Juni unter Teilnahme verschiedener Experten, öffentlicher Funktionäre, Kongressabgeordneten und anderen Vertretern des kolumbianischen Justizsektors statt.  

Die Direktorin des ICP, María Clara Escobar begrüßte zunächst die Teilnehmer und betonte, dass in Kolumbien bereits seit dem Jahr 1996 von einer digitalen Transformation gesprochen werde, aber erste vor kurzem konkrete Schritte unternommen wurden, um Mechanismen für einen besseren Zugang der Bürger zur Justiz durchzusetzen. Der Prozess sei durch die Pandemie des COVID-19 beschleunigt worden, aber es fehle noch an einer besseren Koordinierung der gemeinsamen Bemühungen, um den Zugang zur Justiz, zu beschleunigen und effizienter zu gestalten.

Die Projektkoordinatorin der KAS, Andrea Valdelamar dankte den Anwesenden für ihre Teilnahme und bezeichnete die Diskussion über die Digitalisierung der Justiz als wichtiges Thema für die Stiftung, während sie das deutsche System mit dem kolumbianischen verglich. In beiden Ländern bleibe in dem Bereich noch viel zu tun, daher habe die KAS die Initiative des ICP gerne unterstützt, um eine so wichtige Debatte anzustoßen. 

Es folgte die Präsentation des Vize-Justizministers, Francisco José Chaux über das Gesetz 2213 aus 2022, das von Präsident Iván Duque am 13. Juni unterzeichnet wurde. Dies sei von großer Bedeutung gewesen, da die Verabschiedung des Gesetzes zur Digitalisierung der Justiz ein Beweis des Engagements der Regierung zur Transformation dieses Sektors darstelle. Das Gesetz trage dazu bei, dass die Übergangsregelungen des Dekrets 806 aus 2020, das während der Pandemie erlassen wurde, nun permanente Gültigkeit erlangten, nachdem der Kongress einige Anpassungen vorgenommen habe.

Nach einer intensiven Arbeit am Gesetzesentwurf mit einigen Änderungen und Revisionen während der Debatte im Kongress, stelle das Gesetz 2213 aus 2022 einen großen Fortschritt für die Justizverwaltung in Kolumbien dar. Zum Beweis legte der Vizeminister einige Zahlen vor, die eine Verbesserung der Justizprozesse durch die Digitalisierung der Justiz seit dem Jahr 20202 zeigen; danach konnten in 2020 in Bogotá 96% der anhängigen Strafprozesse erledigt werden, Fälle von illegalem Landbesitz konnten zu 85% abgeschlossen werden und arbeitsrechtliche Prozesse zu 93%; mit diesen Zahlen könnten die positiven Auswirkungen der Digitalisierung der Justiz belegt werden.

Auch finanziell sei durch die digitale Prozessführung eine bedeutende Kostenreduzierung erreicht worden. Während im Jahr 2021 insgesamt 781.000 Verhandlungen geführt wurden, habe sich diese Zahl im ersten Halbjahr 2022 bereits auf über 392.000 erhöht. 

Der Abgeordnete der Repräsentantenkammer für die Partei Cambio Radical, César Lorduy betonte, dass in 2019 lediglich 29.000 Verhandlungen geführt wurden, während in 2020 durch die Digitalisierung 856.000 virtuelle Prozesse geführt werden konnten. Auch die Anzahl der virtuellen „tutelas“ (einstweilige Verfügungen) erhöhte sich in 2020 auf 190.000 pro Tag, was 33% der Gesamtzahl darstelle; insgesamt 150.000 „tutelas“ wurden virtuell an den Verfassungsgerichtshof zur Revision überwiesen, während die Zahl der virtuellen Anzeigen auf über 110.000 angestiegen sei.

Unter der aktuellen Regierung sei der “Plan Estratégico Digital 2021-2025” (Strategischer digitaler Plan) entworfen worden, mit dem die Digitalisierung im Justizsektor unterstützt werden sollte. Die Umsetzung des Planes hänge jedoch von der neuen Regierung und ihrer Bereitschaft zur Fortsetzung der bisherigen Bemühungen ab; dabei seien zwei große Herausforderungen zu überwinden: der Zugang zu virtuellen Prozess für seh-oder hörbehinderte Personen oder Bürger ohne Internet-Verbindung sowie das Fehlen geeigneter elektronischer Dispositive zur Führung digitaler Prozesse.   

Der Berater für Justiz, Technologie und digitale Ethik, Daniel Castaño gab einen kurzen Überblick über die Geschichte der digitalen Justiz in anderen Ländern; so müsse in Kolumbien der Übergang vom Prozessrecht nach römischem Recht in einen juristischen „Cyperspace“ gefunden werden, in dem die Justiz zu einer Serviceleistung in einer „Cloud“ werde zu dem jeder Bürger Zugang von seinem Handy habe. Wenn es auch schon erfolgreiche Beispiele, wie in den arabischen Emiraten gebe, so stehe noch ein langer Weg bevor, um den Zugang zur digitalen Justiz optimal zu gestalten. 

Im Anschluss an die Vorträge konnten sich die übrigen Teilnehmer über die Herausforderungen in dem Bereich äußern. So meinten einige Teilnehmer, dass die generelle Struktur der juristischen Prozesse in Kolumbien noch verbesserungswürdig sei.  Wenn auch durch das Gesetz 2213 die Arbeit der Gerichte verbessert werden könne, müsse auch die Effizienz anderer Institutionen wie Familiengerichten, URIs (Einheiten zur sofortigen Reaktion) der Staatsanwaltschaft oder anderer staatlicher Institutionen überprüft werden, die noch zahlreiche verwaltungstechnische Probleme aufweisen.

Andere Teilnehmer empfahlen, die bereits existierenden Instrumente zur Überwindung der ungleichen technologischen Möglichkeiten in der Justiz zu überprüfen, andere wiesen darauf hin, dass die staatliche Justizverwaltung im Bereich der virtuellen Schlichtungen verbessert werden müsse, während der Privatsektor im Bereich der digitalen Justiz Pionierarbeit geleistet habe.

Weiterhin wurden Themen wie der Schutz des technologischen Neutralitätsprinzips auch in sozialen Netzwerken angesprochen sowie die Notwendigkeit eine Kultur des Einsatzes der Technologie in der Justizverwaltung zu fördern.  

Zum Abschluss dankte der akademische Direktor des ICP, Carlos Augusto Chacón, den Teilnehmern und betonte, dass das Legislative Observatorium bei der Wiederaufnahme des Themas in der neuen Legislaturperiode eine wichtige Rolle spielen werde. Auch sei es von großer Bedeutung Themen wie den verstärkten Einsatz von Technologien in der öffentlichen Verwaltung oder künstliche Intelligenz weiter zu diskutieren.  

 

 

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