Keiner ist einverstanden, als das Statement „Politik hat nichts mit meinem Leben zu tun“ an die Tafel geworfen wird. Die gesamte Klasse positioniert sich klar gegen diese Aussage – jeder denk: Politik hat bestimmt viel mit meinem Leben zu tun. Doch wo die konkrete kommunale Politik auf die Schülerinnen und Schüler trifft und wie sie diese beeinflussen können, hat die komplette 10. Stufe des Albert-Einstein-Gymnasiums bei dem zweitägigen kommunalpolitischen Workshop „Deine Stadt, deine Chance“ genauer unter die Lupe genommen.
Ein neuer Blick auf die eigene Stadt
Nachdem sich die Schülerinnen und Schüler mit einigen spannenden Positionen auseinandergesetzt und festgestellt haben, dass sich manchmal doch nicht alle einig sind, ob sich zum Beispiel lokale Politikerinnen und Politiker für ihre Belange interessieren oder wo man sich in Sankt Augustin eigentlich selbst einbringen kann, um die stark gewünschte Sanierung des Freibades zu bewirken, ändern die Schülerinnen und Schüler den Blick auf die eigene Stadt. Sie fragen sich: Wo halte ich mich eigentlich so auf? Was mag ich an meiner Stadt? Was muss verbessert werden? Beim Zeichnen einer subjektiven Karte vom Heimatort fallen einem die ein oder anderen Dinge auf, die man sonst gar nicht so wahrnimmt. Vor allem legen die Teilnehmenden bei ihren Karten den Fokus auf Orte, an denen man Essen bekommt oder Sport treiben kann, das Shoppingzentrum ‚Huma‘ ist also ganz weit vorn mit dabei. Aber es wird auch deutlich, dass nicht alles perfekt ist, hier und da fehlen gute Fahrradwege und ein wenig mehr Bäume würden auch nicht schaden – doch wie können die Jugendlichen ihre Belange am besten durchsetzen?
Vielfältige Kommunalpolitik
In Kleingruppen setzen sich die Klassen des Gymnasiums mit verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten vor Ort auseinander, sei es der Mängelmelder oder Gemeindebeiräte, wie der Jugendbeirat in Sankt Augustin. Ihnen wird klar, dass sie sich viel besser in die lokale Politik einbringen können als gedacht. In einem anschließenden Quiz wird das neu erworbene Wissen gleich auf die Probe gestellt: Von der Kommunalwahl über die Aufgabenverteilung in der Kommune bis hin zur politischen Struktur wird der Blick auf die vielfältigen Bereiche der Kommunalpolitik gelenkt. Doch wie man in einem Stadtrat zu einer Entscheidung kommt, ist noch unklar… In Vorbereitung auf Tag zwei lernen die Schülerinnen und Schüler in einem Verhandlungstraining, wie man in Rollen schlüpft und gut diskutiert, sodass sie mit Vorfreude auf das für den zweiten Tag angesetzte Planspiel blicken.
Ausschuss, Fraktion, Stadtrat – die kommunalen Organe
Erfrischt taucht die 10. Stufe in den zweiten spannenden Workshop-Tag ein und findet sich in einem Planspiel in der Großstadt Kleinbrunn wieder. Die Stadt hat vom Bund 500.000 Euro für Digitalisierungsmaßnahmen erhalten. Wie das Geld am besten angelegt wird, ist nun Entscheidung des Stadtrates. Vor der Stadtratssitzung werden in zwei Ausschüssen verschiedene mögliche Maßnahmen diskutiert: von Carsharing im Ausschuss für Mobilität bis zu einer smarten Bibliothek im Ausschuss für Kultur und Wirtschaft ist alles dabei. Nach hitzigen Diskussionen zwischen den Fraktionen in den Ausschüssen treffen nun alle in der Stadtratssitzung aufeinander. Doch Schock: Das Budget würde kurzfristig um 100.000 Euro gekürzt – nun können noch weniger Maßnahmen durchgesetzt werden als geplant.
Wie der Stadtrat wohl entscheidet?
Der Ausschuss für Kultur und Wirtschaft kommt gut vorbereitet und schlägt vor, das digitale Kultur-Erbe Programm zu streichen, sodass der smarten Bibliothek und der digitalen Plattform für den Einzelhandel nichts mehr im Wege steht. Im Bereich des Mobilitätsausschusses sieht es verzwickter aus: Die FDP ist strikt für Carsharing und möchte lieber die Parkplatzsteuerung mindern. Es wird hitzig diskutiert, bis es schließlich zur Abstimmung kommt und die Mehrheit entscheidet: Die Parkplatzsteuerung wird gefördert und der Antrag der FDP somit abgelehnt. Am Ende hat der Stadtrat Kleinbrunns erfolgreich vier Maßnahmen ausgewählt, um die Digitalisierung der Stadt zu stärken.
Gespräch mit einem echten Kommunalpolitiker: Bürgermeister Prof. Dr. Max Leitterstorf
Nachdem sich die Schülerinnen und Schüler als Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker ausprobieren konnten, treffen sie als nächstes auf Bürgermeister Prof. Dr. Max Leitterstorf, der im Austausch einen Einblick in seinen Arbeitsalltag gibt. Er spricht u.a. über Investitionen in Schulen, die Sanierung des Freibads und die Europawahl. Leitterstorf freut sich zu hören, dass die meisten bei der Europawahl als Erstwählerinnen und Erstwähler ihre Stimme abgegeben haben. Konkrete Beispiele wie die sehnlichst erwünschte Sanierung des städtischen Freibades bieten guten Diskussionsstoff. Der Bürgermeister macht in diesem Zuge auf die CityKeyApp aufmerksam, mit der konkrete Anliegen direkt an die Stadtverwaltung getragen werden können. Dankbar für den Einblick in die spannende kommunalpolitische Arbeit und den Austausch über lokale Anliegen verabschiedet sich die 10. Stufe von ihrem Bürgermeister.
Was für zwei spannende und vielfältige Tage zur Kommunalpolitik! Es ist klar geworden, dass Kommunalpolitik unmittelbar mit dem eigenen Leben zu tun hat.