Länderberichte
Bereits während der Publikation der Teilergebnisse war es am 11.11. erneut zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und den Milizen Jean-Pierre Bembas gekommen. Insbesondere die Deklaration der von Bemba geschmiedeten Parteienallianz Union pour la Nation (UN) am Tag vor der Verkündung des Wahlergebnisses verstärkte die Spannungen. Nicht nur warf man der CEI Wahlbetrug vor, sondern man proklamierte Bemba auf der Basis von 11.954.758 Stimmen zum Wahlsieger mit 52%.
Nach der Veröffentlichung des Ergebnisses trat der Verlierer Jean-Pierre Bemba bisher nicht mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Aus dem Lager der Koalition UN wurde jedoch bereits verkündet, dass man das Ergebnis mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln anfechten werde. In Anbetracht des Artikels 6 der politischen Erklärung vom 14.11., in dem man sich das Recht vorbehält, alle mit der Kabila-Allianz geschlossenen Abkommen zu widerrufen, könnte dies auch einen Rekurs auf militärische Gewalt bedeuten. Mit den Anschuldigungen des Wahlbetruges bei zur Zeit dürftiger Beweislage und der Auto-Proklamation haben sich Bemba und die Union pour la Nation mittlerweile in eine Ecke manövriert, in der man ohne Gesichtsverlust nur noch schwer wieder herauskommen wird.
Zu Recht hat das Carter Centre als eine der internationalen Wahlbeobachtermissionen in Reaktion auf die Deklaration der UN dazu aufgefordert, keine voreiligen Schlüsse hinsichtlich der Integrität des Wahlprozesses zu ziehen. Der Grad der Transparenz auf allen Ebenen und die Möglichkeit der Parteibeobachter nach der Auszählung im Wahllokal eine Kopie des Protokolls zu erhalten, limitiert den Umfang eines schwer zu identifizierenden Wahlbetruges auf dieser Ebene. Zwar weist das Carter Centre wie bereits beim ersten Wahlgang am 30. Juli auf die Problematik der Speziallisten für Wähler, die nicht im eigentlichen Wählerregister des jeweiligen Büros eingetragen sind, hin, unterstreicht aber auch hier die bisher in der Analyse noch ungeklärte Frage der Auswirkungen dieser Speziallisten auf das eigentliche Wahlergebnis.
In seiner ersten öffentlichen Ansprache nach Verkündung des Wahlergebnisses forderte der amtierende und neue Präsident Joseph Kabila die Bevölkerung zu Ruhe und Disziplin auf. Diese Ruhe der Angst herrschte zumindest am Abend und in den frühen Morgenstunden in Kinshasa, während in anderen Städten des Landes, so z.B. in Kisangani, die Menschen zum feiern auf die Straße gingen.
Unabhängig von der Positionierung und den Schritten Jean-Pierre Bembas in den nächsten Tagen wird sich Kabila zukünftig mit der Herausforderung konfrontiert sehen, gegen eine Hauptstadt regieren zu müssen, in der 68% für seinen politischen Gegner stimmten, und in der während des Schreibens dieser Zeilen sich bereits die ersten Demonstranten auf die Strassen begeben.