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Trügerische Ruhe?

von Andrea Ellen Ostheimer

Die Demokratische Republik Kongo wenige Tage vor der Stichwahl um die Präsidentschaft

Seit vier Wochen läuft die Wahlkampfphase der Abgeordneten für die Provinzparlamente, die sich zusammen mit den beiden Bewerbern um die Präsidentschaft, Jean Pierre Bemba und Joseph Kabila, am 29. Oktober dem Wählerwillen stellen müssen. Doch der Wahlkampf, auch der der beiden Hauptkontrahenten scheint kaum existent.

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Die Hauptstadt Kinshasa ist mit neuen Wahlkampfpostern dekoriert, die Joseph Kabila bereits als Gewinner postulieren und Jean Pierre Bemba als Präsidenten der Republik. Von den Kandidaten für die Provinzwahlen haben die wenigsten in Poster investiert und nur eine kleine Gruppe in Banderolen. Spielten Parteien schon im Wahlkampf zur Nationalversammlung nur eine untergeordnete Rolle so tauchen sie im aktuellen so gut wie gar nicht mehr auf. Stattdessen versuchen Abgeordnete, selbst die, die sich als Unabhängige registrieren ließen, im Windschatten des einen oder anderen Präsidentschaftskandidaten ins Rennen zu gehen.

Sowohl Joseph Kabila als auch Jean Pierre Bemba bestiegen bisher nicht die Wahlkampfarena für den Kontakt mit der Bevölkerung. Der amtierende Präsident schickt seine First Lady auf die Märkte, und in die Kirchen und Krankenhäuser der Haupstadt und in die Provinzen. Vizepräsident Bemba verbreitet sein Programm vor allem über die ihm nahe stehenden Fernsehkanäle und Radiosender. Seit den militärischen Auseinandersetzungen nach der Bekanntgabe (20.-22.8.) des Wahlergebnisses der ersten Runde der Präsidentschaftswahl ist die Hauptstadt gelähmt durch Argwohn, Misstrauen und die Furcht um die eigene Sicherheit. Dem scheinen sich auch die beiden Protagonisten nicht entziehen zu können.

In den Provinzen kam es trotz eines allgemein schleppenden Verlaufes zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sympathisanten Kabilas und Bembas. Wahlkampf wird jedoch auch dort vor allem durch Mittelsmänner geführt und folgt häufig der Strategie, von Haus zu Haus zu ziehen, um so den direkten Kontakt mit der Bevölkerung zu suchen.

Die Allianzbildungen auf beiden Seiten setzen sich kontinuierlich fort. Den jüngsten prominenten Zuwachs konnte Jean-Pierre Bembas Union National (UN) erfahren, die am 24.10. ein Abkommen mit dem vormaligen Präsidentschaftskandidaten und fünftplatzierten Oscar Kashala und dessen UREC (Union pour la réconstruction du Congo) unterzeichnete. Nachdem sich Antoine Gizenga und seine Parti Lumumbiste (PALU) recht frühzeitig für eine Allianz mit dem amtierenden Präsidenten entschieden und auch der viertplazierte Nzanga Mobutu sich dem Lager Kabilas anschloss, sah es auf den ersten Blick so aus, als ob damit die Chancen für den Herausforderer Bemba drastisch gesunken seien.

Der Wahlausgang der Stichwahl wird jedoch nicht durch reine Mathematik und die Aufaddierung der Ergebnisse der Allianzpartner aus dem ersten Wahlgang entschieden werden. Die Wahl ist frei und geheim und die Frage bleibt, ob sich die Basis eines Antoine Gizenga insbesondere in der Hauptstadt Kinshasa mit dem Präsidentschaftskandidaten Kabila identifizieren kann. Wie werden sich all die registrierten UDPS-Anhänger entscheiden, die eventuell im ersten Wahlgang für Gizenga stimmten? Der bevorstehende zweite Wahlgang stellte die die Wahl boykottierende UDPS bereits vor eine Zerreissprobe. Prominente UDPS-Repräsentanten, so unter anderem der Parteisprecher Bomanza, wohnten den Feierlichkeiten zur Konstituierung der Union National bei und schienen damit eine Entscheidung des Parteipräsidenten Etienne Tshisekedi vorwegnehmen zu wollen. Dieser blieb jedoch konsequent in seiner Haltung und unterstrich in der Folge, die absolute Neutralität seiner Partei. Die Gruppe um Bomanza verließ nolens volens die Partei, in UDPS-Rethorik bezeichnet man dies als Auto-Exklusion. Doch wie wird sich die Basis verhalten? Viele Parteimitglieder hielten bereits die Entscheidung, sich nicht am Wahlprozess zu beteiligen für einen Fehler und ließen sich trotzdem registrieren. Wird die Strategie der Stimmenthaltung, die im ersten Wahlgang eventuell noch verfolgt wurde, auch in der Stichwahl beibehalten werden? Wird es für den einen oder anderen Kandidaten möglich sein werden, das insbesondere in den beiden Kasais noch vorhandene Wählerpotential zu nutzen? Am 30. Juli gingen in Mbuji Mayi lediglich ca 16% der registrierten Bevölkerung zu den Urnen.

Entscheidend für die Stabilität des Prozesses und die Frage der Sicherheit werden sowohl die Transparenz als auch die Integrität des Wahlablaufes am 29. Oktober werden. Das Aufgebot an nationalen und internationalen Wahlbeobachtern (ca 38 Missionen mit über 1000 internationalen Wahlbeobachtern) ist auch beim zweiten Wahlgang groß, doch sehen sich insbesondere nationale Organisationen mit fehlenden Mitteln konfrontiert. Die Transparenz des Prozesses mit der Vorgabe, die individuellen Ergebnisse jedes einzelnen Wahllokals nach der Auszählung am Wahllokal zu veröffentlichen, bietet die Möglichkeit, bereits nach wenigen Tagen Tendenzen zu dokumentieren. Entscheidend für einen friedlichen Verlauf des Prozesses wird jedoch auch hier sein, dass weder das eine noch das andere Lager und insbesondere deren Medien sich bereits als Gewinner deklarieren und damit bereits im Vorfeld jedes abweichende offizielle Ergebnis als Wahlbetrug interpretiert wird.

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30. Oktober 2006
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