Einzeltitel
Der auf fünf Jahre angelegte Berlin-Prozess hat zum Ziel, die Beziehungen unter den Staaten des Westlichen Balkans zu verbessern („Dynamisierung der regionalen Kooperation und Integration“) sowie die EU-Perspektive der Länder zu bekräftigen und die Reformprozesse in der Region zu flankieren. Neben konkreten Ergebnissen wie der Förderung von Gemeinschaftsprojekten in den Bereichen Infrastruktur und Entwicklung, sowie Jugend und Wissenschaft hat der Berlin-Prozess mit seinen jährlichen Gipfeltreffen somit auch eine große symbolische Bedeutung, da der sonst technokratische EU-Annäherungsprozess politisch aufgeladen und besser sichtbar gemacht wird.
Die erste Westbalkan-Konferenz fand 2014 zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs auf Initiative der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin statt, daher auch die Bezeichnung Berlin-Prozess. Letztjähriger Gastgeber war Österreich. Im nächsten Jahr soll der Westbalkan-Gipfel von Italien ausgerichtet werden. Der Berlin-Prozess ersetzt dabei nicht den EU-Beitrittsprozess der Länder des Westbalkans, er ist ergänzend zu verstehen. Parallel hierzu gibt es als einen zweiten Strang den rein regionalen Brdo-Brijuni-Prozess, den Kroatien und Slowenien unmittelbar nach dem kroatischen EU-Beitritt gemeinsam angestoßen hatten um die Aufnahme der verbleibenden sechs Westbalkanstaaten in die EU voranzutreiben.
Konkretes Ergebnis der diesjährigen Konferenz zum Westlichen Balkan, die ganz unter dem Eindruck des BREXIT-Referendums stattfand, war die Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Gründung eines Jugendwerks für die Balkanregion mit Hauptsitz in Tirana und nach Vorbild des deutsch-französischen Jugendwerks. Ziel ist die Förderung des Austauschs zwischen Jugendlichen der einstigen Kriegsregion. Bereits zum 01. Januar 2017 soll es seine Arbeit aufnehmen. Ob dies gelingen wird, und wie tragfähig das intergouvernemental angelegte multilaterale Regional Youth Exchange Office (RYCO), muss sich erst noch zeigen. Auch wurde über regionale Infrastrukturprojekte gesprochen und ein Ausbau der Verkehrswege auf Schiene und Straße beschlossen. Fixierte Planungen liegen vor und finanzielle Zusagen wurden getroffen. So wird die EU beispielsweise den Ausbau des Schienennetzes zwischen Serbien, Kosovo und Albanien mit 96 Mio. EUR unterstützen und 50 Mio. EUR für die Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz bereitstellen. Die beiden wichtigsten Resultate der dritten Westbalkankonferenz waren jedoch das Ende der kroatischen Blockadehaltung gegen die Eröffnung der EU-Beitrittskapitel 23/24 (Justiz und Grundrechte) mit Serbien und das Bekenntnis von Europäischer Kommission, Staatspräsident Hollande und Bundeskanzlerin Merkel, dass die Beitrittsperspektive der Staaten des westlichen Balkans erhalten bleibe – ein nicht zu unterschätzendes Signal nach dem Brexit-Referendum.
Die Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung im Westbalkan haben unmittelbar nach dem Gipfel von Paris Äußerungen der Medien und der Politik sowie Zivilgesellschaft zusammengetragen und analysiert. Dieser Beitrag fasst die die Reaktionen aus Deutschland und Albanien, Bosnien und Herzegowina, und Serbien als ein regionales Stimmungsbild zusammen und veranschaulicht wie die Ergebnisse der Konferenz perzipiert wurden.
Deutschland
Florian Feyerabend
Medien: In den deutschen Medien wurde der Westbalkan-Gipfel zwar von der Berichterstattung über die Auswirkungen des Brexit-Referendums überlagert, dennoch haben alle relevanten Zeitungen und Online-Portale ausführlich über die Konferenz und deren Ergebnisse berichtet und teilweise Gastbeiträge veröffentlicht. Der Tenor war hierbei meist positiv und optimistisch, Überschriften wie „Der Westbalkan rückt näher an die EU – trotz Brexits“ (F.A.Z.), „Gemeinschaft als Mehrwert“ (S.Z.), „Der Balkan braucht mehr Europa“ (F.R.), „Kümmert euch um den Balkan!“ (ZEIT), „Merkel: Brexit stoppt nicht die EU-Erweiterung“ (DW) dominierten. So schrieb die F.A.Z. mit Blick auf die Auswirkungen des Brexit, „der Austritt Großbritanniens aus der EU könnte die Aufnahme Serbiens in die Gemeinschaft eher beschleunigen als verlangsamen“, und in der S.Z. stellte man fest: „Europas ökonomisch Attraktivität ist für die Länder außerhalb der Gemeinschaft ungebrochen (…)“.
Politik: Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich bereits im Vorfeld des West-Balkan Gipfels in einem Podcast zu den Erwartungen und bisherigen Ergebnissen und Erfolgen des Berlin-Prozesses. In einer Presseerklärung unmittelbar nach dem Treffen betonte sie im Zusammenhang mit dem Thema „Menschen begegnen sich“ die Schaffung eines Jugendwerkes und die Vernetzung der Akademien der Wissenschaften. Auch hob sie den Beitrag des Berlin-Prozesses hinsichtlich der Förderung von regionaler Verkehrswegevernetzung hervor. Das Engagement der Bundesregierung stellte Sie in den Kontext der gewaltvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts, mit besonderem Verweis auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die blutigen Balkankriege in den 1990er Jahre, weshalb der Berlin-Prozess mit seiner Förderung der regionalen Zusammenarbeit nun ein „wirkliches Friedenswerk ist, um diese Länder zusammenzuführen, die noch vor wenigen Jahren Krieg gegeneinander geführt haben“. Klar bekannte sie, „dass die Beitrittsperspektive der Staaten des Westlichen Balkans erhalten bleibt. Es hat sich mit der Entscheidung in Großbritannien nichts geändert (…)“. Der CDU-Europaabgeordnete David McAllister bestätigte ebenfalls diese grundsätzliche Beitrittsperspektive, relativierte dies zugleich aber auch mit dem Hinweis, dass neue Beitritte zur Europäischen Union mittelfristig nicht anstünden. Stattdessen müsse man der Festigung der Europäischen Union „jetzt Vorrang vor weiteren Erweiterungen“ einräumen.
Albanien
Walter Glos
Medien: Die albanischen Medien haben sich der Westbalkan-Konferenz prominent gewidmet. So berichteten nicht nur die Fernsehsender (TopChannel, Ora-News etc.) aktuell, sondern auch die Printmedien (z. B. Albanian Daily News, Balkanweb etc.). Der Tenor war dabei überwiegend positiv, Schlagzeilen wie „Der EU-Erweiterungsprozess geht trotz der Brexit-Debatte weiter“ und „Unterstützung bei Infrastrukturmaßnahmen für und in Albanien“ dominierten.
Politik: Politik und Gesellschaft registrierten aufmerksam, dass der der französische Staatspräsident Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel die Garantie gegeben haben, dass die EU-Erweiterung nicht gestoppt wird. Premierminister Rama spricht davon, dass beide sich auch positiv über den Fortschritt der notwendigen Reformen zur Erreichung von EU-Beitrittsverhandlungen geäußert haben. In der politischen Diskussion in Albanien wurde in den Vordergrund gestellt, dass Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Mazedonien und Kroatien den albanischen Vorschlag zu einem regionalen Handelsabkommen unterstützen, welches das Ziel hat Steuern und Tarife abzusenken/abzuschaffen. Bereits ab dem 6. September 2016 soll der Handel laut Premierminister Rama zwischen diesen Ländern frei und weitestgehend ohne Steuern ablaufen. Es wird jedoch von allen in Albanien bezweifelt, dass dieser ambitionierte Zeitplan eingehalten werden kann.
Die albanische Regierung betont, dass der Westbalkan-Gipfel von Paris positive infrastrukturelle Entwicklungen zur Folge hat. So hat sich die EU bereiterklärt, 35 Mio. Euro für die Wiederherstellung der Bahnstrecke von Tirana nach Durres bereitzustellen. Für die Modernisierung/Renovierung der Bahnstrecke nach Bulgarien gibt die EU weitere 44 Mio. Euro; ebenso soll die Renovierung der Bahnstrecke Kosovo-Mitrovica von der EU mit 17 Mio. Euro gefördert werden. Darüber hinaus erhält Albanien von der Europäischen Union 1 Mio. Euro für Aufbau und Eröffnung des Regional Youth Cooperation Office (RYCO) mit Sitz in Tirana. Weitere 1 Mio. Euro für diese albanisch/serbische Initiative erhält Albanien von den Ländern aus der Region.
Zivilgesellschaft: Die Zivilgesellschaft kritisiert, dass Premierminister Rama auch Dinge als gegeben darstellt, die noch keineswegs umsetzungsfähig sind (regionales Handelsabkommen etc.). Sie hat auch Bedenken geäußert, dass Rama und damit die SP die Ergebnisse von Paris parteipolitisch ausnutzen werden.
Erwartungen an den Berlin-Prozess: Die Erwartungen der albanischen Politik (natürlich insbesondere der aktuellen Regierung) sind sehr hoch. Premierminister Rama fühlt sich bei den Gipfeln ausgesprochen wohl, genießt er es doch, so von Merkel und Hollande „umgarnt“ zu werden. Er kann die Erfolge hier in Albanien mehr als gut verkaufen, sie helfen ihm und der SP und die oppositionelle DP kommt bei dem Thema nicht vor. Die sich abzeichnenden Ergebnisse des Berlin-Prozess für Albanien sind in Ordnung. Die Erwartungen und Hoffnungen haben sich zum jetzigen Zeitpunkt aus albanischer Sicht weitestgehend erfüllt.
Bewertung: Die Leistungsbilanz des Berlin-Prozesses für Albanien ist im Grunde ziemlich erstaunlich. Albanien hat es verstanden, sich besonders sichtbar in diesem Prozess zu positionieren und zu engagieren, was nicht nur durch die Nachbarländer, sondern auch durch die Bundeskanzlerin mit besonderem Augenmerk zur Kenntnis genommen wird. Für das Land ist der Berlin-Prozess eine ausgezeichnete Gelegenheit, das albanische Engagement deutlich zu machen. Und die Ergebnisse des Prozesses vor allem im infrastrukturellen Bereich geben nicht nur Albanien Recht, sondern verdeutlichen auch, dass sich Engagement durchaus lohnen kann. Die KAS Albanien unterstützt die Entwicklung des Berlin-Prozesses natürlich weiterhin und so findet im Oktober zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Hanns-Seidel-Stiftung und dem Cooperation and Development Institut eine wichtige „After-Paris“-Konferenz in Tirana statt. Die Annäherung an die EU wird durch den Berlin-Prozess maßgeblich befördert. Dies zeigt allein die Tatsache bzw. die Äußerung von Hollande und Merkel, dass der EU-Erweiterungsprozess nicht gestoppt wird. Für die regionale Kooperation ist der Berlin-Prozess enorm wichtig. Dies kann man an den sich verstärkenden regionalen Handelsbeziehungen der oben näher beschriebenen Länder und den grenzüberschreitenden Infrastrukturmaßnahmen festmachen.
Bosnien und Herzegowina
Dr. Karsten Dümmel / Ivana Maric mit Ergänzungen von Darija Fabijanic
Medien: Die für den 2. Oktober angesetzten Kommunalwahlen bestimmen bereits die innenpolitische Tagesordnung und auch die Medienberichterstattung. Auch wurde die Westbalkan-Konferenz in der medialen Darstellung von den politischen Streitigkeiten im Vorfeld des Erinnerungstages der Massaker von Srebrenica am 11. Juli überlagert. Somit kam der Westbalkan-Konferenz nur wenig Aufmerksamkeit zu und ein Großteil der Bürger dürfte überhaupt nicht mitbekommen haben, dass die Konferenz stattgefunden hat, geschweige denn welche konkreten Ergebnisse damit verbunden sind. Was die Darstellung in den Medien anbelangt, so war diese sehr oberflächlich und neutral gehalten und beschränkte sich größtenteils auf die Wiedergabe von Aussagen der Teilnehmer aus BuH. Es gab im Fernsehen und Rundfunk keine Expertenanalyse zu diesem Thema und keine Sendungen die sich vertieft damit beschäftigt haben, jedoch war die Westbalkan-Konferenz in den Hauptnachrichten des nationalen Fernsehens (BHRT) die Topmeldung. In den Hauptnachrichten des staatlichen Fernsehsenders der Republika Srpska wurde die Konferenz und deren Ergebnisse jedoch erst gegen Ende und nur als sehr kurze Meldung erwähnt. Hervorgehoben wurde in der Medienberichterstattung im Allgemeinen die Ankündigung der Unterzeichnung des Vertrages für den Bau zweier Brücken an der Grenze zu Kroatien und die Bereitstellung von Fördermitteln für Investitionsprojekte in Höhe von 150 Mio. Euro für den Westbalkan.
Politik: Dr. Denis Zvizdic, Vorsitzender der Ministerrat BuH nutzte die Konferenz für ein Bekenntnis zu Europa: "Die Mitgliedschaft in der EU ist für uns ein Synonym für Frieden und Stabilität, Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und wahre Demokratisierung unserer Gesellschaft als ein Prozess der conditio sine qua non unserer Entwicklung darstellt.“ Was die Ergebnisse der Westbalkan-Konferenz anbelangt so betonten Regierungsvertreter die vielen Projektevorschläge gesprochen die sie eingereicht haben und die möglicherweise finanziert werden können. Das Problem ist, dass „die Politik“ bisher viele Male Versprechungen gemacht hat die dann letztendlich nicht erfüllt werden konnten. Darunter hat die Glaubwürdigkeit gelitten, weshalb die Bevölkerung die Ankündigungen der Regierung mit Vorsicht aufnimmt. Denn bereits nach der 2. Westbalkan-Konferenz in Wien hatte man neue Brücken und Autobahnen versprochen, ohne dass bislang ein Fortschritt feststellbar ist. Damit solche Projekte aus EU-Fonds finanziert werden können muss BuH zuerst eine Staatliche Strategie für den Transport ausarbeiten. Angesichts der aktuellen politische Lage, den anstehenden Kommunalwahlen und dem Misstrauen zwischen Kroaten, Bosniaken und Serben wird es eine Herausforderung sein sich auf eine gemeinsame Transportstrategie zu einigen.
Erwartungen an den Berlin-Prozess: Die Erwartungen an die Westbalkan-Konferenzen werden von Jahr zu Jahr geringer. Größere Erwartungen verband die Öffentlichkeit mit dem das Gespräch der Mitglieder der Präsidentschaft BuH mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 30. Juni. Die Bürger von BuH erwarten viel von Deutschland: finanzielle Unterstützung und ein direktes Einwirken auf die Politik in BuH, von der viele Bürger enttäuscht sind.
Bewertung: Am 15. Februar 2016 hatte Bosnien und Herzegowina ein EU-Beitrittsgesuch in Brüssel eingereicht. Das Land hat zwar insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2015 erhebliche Fortschritte gemacht und beispielsweise eine unpopuläre Arbeitsrechtsreform umgesetzt. Dennoch sind weiterhin große Reformanstrengungen notwendig, um mittelfristig EU-Beitrittskandidatenstatus zu erlangen. So besteht beispielsweise weiterhin auch innerhalb des Staatspräsidiums keine Einigkeit über die Anpassung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der EU. Gefordert sind nun die politischer Führung und Geschlossenheit des Staatspräsidiums und eine Priorisierung des Gemeinwohls über Partikularinteressen und wahltaktischen Überlegungen.
Serbien
Norbert Beckmann-Dierkes mit Ergänzungen von Darija Fabijanic
Medien: Die serbischen Medien haben positiv über die Westbalkan-Konferenz berichtet. Die Titel der Berichte bezogen sich auf die Eröffnung der Beitrittskapitel und machten auf den Dissens diesbezüglich zwischen Deutschland und Kroatien aufmerksam. In den Nachrichten des Nationalfernsehens (RTS) war die Westbalkan-Konferenz die Hauptmel
dung. Auch dort aber vor allem in Bezug auf das grüne Licht für die Öffnung der Verhandlungskapitel 23 und 24. Die Meldung wurde betitelt mit „Nach London – Zagreb gibt nach“. Es wurde verdeutlicht, dass Kroatien das letzte Land war, welches der Öffnung zustimmen musste. Ansonsten wurden die restlichen Ergebnisse der Konferenz in einem neutralen Ton geschildert. In den Onlinemedien hat das Treffen in Paris eher informativen Charakter und ist ohne wirkliche Wertung. Auch hier war die Eröffnung der Verhandlungskapitel 23 und 24 zentrales Thema und das Treffen wird auch vor allem Kontext der Beitrittsverhandlungen Serbiens verortet. In der Diskussion über die Verhandlungen und den Erweiterungsprozess wird der Berlin-Prozess als Chance gesehen, doch die Berichterstattung zitiert meist nur, was die Politiker gesagt haben. Die konkreten Ergebnisse der Westbalkan-Konferenz wurden jedoch nur wenig beachtet. Das neugeschaffene Regional Youth Cooperation Office fand beispielsweise nur aufgrund einer Aussage des serbischen Kabinettsministers Vanja Udovičić in den Medien Erwähnung. Vielmehr standen die Ereignisse am Rande des Gipfeltreffens im Vordergrund. So berichteten die Medien von einem Treffen in Paris, an dem, neben Aleksandar Vučić, auch der albanische Ministerpräsident Edi Rama, der Präsident der Weltbank Cyril Muller und die regionale Direktorin Ellen Goldstein teilnahmen. Der Kosovo blieb jedoch unberücksichtigt.Politik: Die Regierung betonte, dass Serbiens Zukunft in der EU sein wird und dass sie eine regionale Führungsmacht sind (insbesondere mit Hinblick auf Albanien, Mazedonien und Montenegro). Die Regierung teilte zudem mit, dass auf der Westbalkan-Konferenz in Paris die Staats- und Regierungsspitzen aus dem Westbalkan ein Abkommen über die Gründung des Regional Youth Cooperation Office (RYCO) unterzeichnet haben. Es wurde hervorgehoben, dass diese Initiative von den Premierministern Aleksandar Vučić (Serbien) und Edi Rama (Albanien) eingeleitet wurde und dass dies eine Geste der Versöhnung und Zukunftsorientierung ist. Die Regierung verkündete zudem, dass die EU Hilfe im Wert von 150 Millionen Euro für Infrastruktur- und Energieprojekte auf dem Westbalkan zugesagt hat. Darüber hinaus wurde die Rolle Deutschlands betont und die Regierungsvertreter führten an, dass es ohne Angela Merkel nicht zu dieser Entwicklung gekommen wäre. Premierminister Aleksandar Vučić äußerte sich hingegen vor allem zu den Beziehungen mit den Nachbarländern (Kroatien, Bosnien und Herzegowina). Die Oppositionsparteien haben bisher noch nicht Stellung zu der Westbalkan-Konferenz genommen. Vertreter der Zivilgesellschaft äußerten sich positiv zu der Gründung des RYCO-Büros.
Erwartungen an den Berlin-Prozess: Die Bürger Serbiens sehen den Berlin-Prozess primär als Komponente des EU-Erweiterungsprozesses und verbinden mit einer weiteren EU-Annäherung wirtschaftlichen Fortschritt und eine Verbesserung der Lebensbedingungen. Ein wirklich spürbarer Fortschritt und konkrete Verbesserungen der Lage werden in der Bevölkerung jedoch nicht wahrgenommen. Nach jedem Gipfeltreffen im Rahmen des Berlin-Prozesses, ob in Berlin, Wien oder in Paris, gab es Versprechen bzgl. des Neubaus und der Erneuerung von Autobahnen und Eisenbahnstrecken etc. Bisher wurde jedoch nichts dergleichen realisiert. Es ist daher auch eine gewisse Skepsis unter den Bürger vorhanden.
Bewertung: Der Berliner Prozess trägt durch die internationale Aufmerksamkeit signifikant zur regionalen Annäherung und Aussöhnung bei. Das serbisch-albanische, nun multilaterale Jugendwerk ist hierbei ein wichtiger Punkt, der auch in den nächsten Monaten spürbar mit Leben erfüllt werden sollte. Die Diskussion um die Kosovo-Frage hat auch durch die Flankierung durch den Berliner Prozess einen neuen Aufmerksamkeitsschub erhalten, insbesondere in intellektuellen Kreisen und in der Zivilgesellschaft wird beständig nach weiteren Normalisierungsschritten gesucht. Infrastrukturprojekte, die auch im Rahmen der wirtschaftlichen Diskussion angekündigt wurden, bedürfen einer zügigen Umsetzung, um als Maßnahmen, die von der europäischen Union unterstützt werden, wahrgenommen zu werden.