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Länderberichte

Das kroatische Bildungssystem

von Reinhard Wessel

Aufbau, Probleme und Reformen

Das kroatische Bildungssystem unterliegt schon seit Jahren tiefgreifenden Reformen. Während die Grundschulausbildung auch im internationalen Vergleich relativ gut ab-schneidet, stehen die weiterführenden Ausbildungssysteme für Schüler und Studenten, aber auch das Erwachsenenbildungssystem weiter im Focus.

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1. Einleitung

In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Reformen durchgeführt, um das Bildungsniveau anzuheben, die Ausstattung der Bildungseinrichtungen zu verbessern und die Bildungsstandards an das europäische Niveau anzupassen. Letztere wurden aufgrund der laufenden Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU diskutiert, welche sich mittlerweile in der Endphase befinden. Zwar sind Bildungs-, Ausbildungs- und Jugendpolitik sowie der Kulturbereich vornehmlich Sache der einzelnen Mitgliedstaaten. Diese Bereiche spielen im Vergleich zu den anderen Verhandlungskapiteln eine eher untergeordnete Rolle. Trotzdem ist die Europäische Union daran interessiert, möglichst viele gemeinsame Zielvorstellungen zu entwickeln, um den EU-Bürgern in der Bildung, Ausbildung und später im Arbeitsmarkt größere Chancengleichheit zu bieten. Dabei spielt jedoch nicht nur der Bildungsstandard eine Rolle. Auch der Zugang zur Bildung sowie die personelle und materielle Ausstattung der Bildungseinrichtungen ist hierbei von großer Bedeutung.

Der folgende Bericht wird zunächst den Aufbau des kroatischen Bildungssystems und dessen Geschichte aufzeigen und erläutern. Anschließend sollen die Reformentwicklungen der letzten Jahre und der aktuelle Stand der Diskussionen aus Sicht der verschiedenen Akteure - vor allem der Europäischen Union bzw. deren Kommission und des kroatischen Ministerium für Wissenschaft, Bildung und Sport - dargestellt werden.

2. Der Aufbau des kroatischen Bildungssystems

Seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 wurde das Schulsystem mehrere Male umgestaltet. Im Folgenden wird sein aktueller Aufbau dargestellt sowie die unterschiedlichen Entwicklungsstadien, die es durchlaufen hat.

2.1. Kindergarten/Vorschule

Die vorschulische Betreuung ist bereits ab dem ersten Lebensjahr möglich und setzt sich bis zum schulpflichtigen Alter im Kin-dergarten (vrtić) oder alternativ in der Vorschule (predškola) fort. Die Kindergärten stehen dabei unter staatlicher Aufsicht. Mittlerweile gibt es auch eine Reihe privater Kindergärten, die vom Staat bezuschusst werden. Der Besuch eines Kindergartens oder einer Vorschule ist nicht obligatorisch. Allerdings wird er den Eltern ans Herz gelegt, um den Kindern zu ermöglichen, früh soziale Kompetenzen aufzubauen. In der Vorschule, die von 99 % der Kinder besucht wird, werden Vorschüler auf die Grundschule vorbereitet. Die Erziehung zielt dabei insbesondere auf die Förderung kognitiver Fertigkeiten der Kinder ab. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die musische Erziehung.

2.2. Grundschule

In Kroatien besteht eine elfjährige Schulpflicht (seit 2007, davor acht Jahre). Die obligatorische Grundschule wird in der Regel zwischen dem 6. und dem 15. Lebensjahr besucht und ist kostenlos. Dies gilt für alle Kinder mit einem dauerhaften Wohnsitz in Kroatien ungeachtet deren Staatsbürgerschaft. Schulpsychologen prüfen vor der Einschulung die Schulreife der Kinder. Die Einschulung ist für das sechste oder siebte Lebensjahr vorgesehen (Stichtag 30. April). Es gibt drei verschiedene Grundschularten: Die einfache oder allgemeine Grundschule (828 Schulen), eine spezielle Grundschule für Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten (21 Schulen) und eine künstlerische Grund-schule (56 Schulen), in der verstärkt Musik und Tanz unterrichtet werden. Außerdem haben Minderheiten das Recht auf einen Unterricht in der eigenen Sprache, von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II. Es gibt einen landesweit gültigen Lehrplan, der einheitliche Bildungsstandards gewährleisten soll. Die Eltern sind für die Anschaffung der Unterrichtsmaterialen (Schulbücher, Schulhefte, etc.) selbst verantwortlich. Da diese sehr teuer sind, wird zur Zeit disku-tiert, die Schulbücher mindestens vier Jahren unverändert zu lassen, damit jüngere Kinder die Bücher ihrer älteren Geschwister nutzen können.

Die Grundschule ist in zwei Phasen aufgeteilt. In den ersten vier Jahren, der Primarstufe, hat jede Klasse einen festen Lehrer, welcher den Kindern allgemeine Grundkenntnisse vermitteln soll. Im ersten halben Jahr erhalten die Schüler noch keine fachspezifischen Noten. An ihre Stelle treten Beschreibungen der Leistungen und des sozialen Verhaltens. Der zweite Teil von der fünften bis zur achten Klasse bildet die Sekundarstufe I. Vor allem in kleinen Ortschaften oder auf kleineren Inseln gibt es eine Reihe von Grundschulen (1.- 4. Klasse) mit gemischten Klassen aller Altersstufen, da die einzelne Klassengröße oft nicht mehr als fünf bis zehn Schüler umfasst.

2.2.1 Geänderte Ausbildung für Grundschullehrer

Die „Pädagogische Akademien“, in denen früher die Grundschullehrer ausgebildet wurden, sind inzwischen abgeschafft worden. Sie wurden entweder in bestehende Fakultäten integriert oder in neue Fakultäten für Lehrerbildung umgewandelt, z.B. wurde in Zagreb die Akademie für Lehrer-bildung zur Fakultät für Lehrerbildung. Im Zuge dieser Reform wurde die Lehrerbildung grundsätzlich zu einem wissenschaftlichen Universitätsstudium aufgewertet. Jetzt schließen alle Lehrämter, auch für die der Primarstufe der achtjährigen Grundschule, mit einem Universitätsabschluss (fünfjähriger Master) ab.

Das Fremdsprachenlehramt für die Primarstufe hat eine gesonderte Ausbildung; an der Fakultät für Lehrerbildung der Universität Zagreb z.B. in Form eines fünfjährigen Zweifachstudiums: Grundschullehramt/Klassenlehrer für die Klassen 1-4 und Deutsch- oder Englischlehrer als Fachlehrer für die Klassen 1-8 (einschließlich Sekundarstufe I). Das bedeutet, dass Fachlehrer im Bereich der Fremdsprachen schon in der Primarstufe unterrichten können.

2.3. Weiterführende Schulbildung

Der Grundschule, bestehend aus Primar- und Sekundarstufe I, schließt sich eine verpflichtende Sekundarstufe II an, die in drei Schularten absolviert werden kann: Gymnasium (allgemein oder fachspezifisch) mit Abitur-Abschluss nach mindestens vier Jahren, Berufsbildende Schulen (Technik, Industrie, Handel und andere) mit einer ein– bis fünfjährigen Ausbildung und die Kunstschule (Gesang, Tanz, Kunstzeichnen und andere), die ebenfalls einen mindestens vierjährigen Besuch erfordert.

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