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Länderberichte

Slowenien: Drei Referenden und die Stichwahl um die Bürgermeisterposten

von Holger Haibach, Alena Beram, Marko Prusina

Das Superwahljahr kommt zu seinem Ende

Ein letztes Mal in diesem Jahr wurden die Sloweninnen und Slowenen am vergangenen Sonntag zu den Wahlurnen gebeten: In 47 von 212 Gemeinden wurde in Stichwahlen zwei Wochen nach der ersten Runde der Lokalwahlen erneut gewählt, da dort zuvor niemand eine Mehrheit der gültigen Stimmen auf sich vereinen konnte. Am Sonntag zuvor wurde über drei von der Oppositionspartei SDS initiierte Referenden abgestimmt, bei welchen Gesetze der neuen links-liberalen Regierung gekippt werden sollten.

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Drei Referenden  

Die vergangenen Monate waren für die Bürgerinnen und Bürger Sloweniens sehr wahllastig – nun kommt das Jahr nach der zweiten Runde der Lokalwahlen sowie nach der Abstimmung über drei Referenden langsam zu seinem politischen Ende. Doch die Spannung war bis zuletzt groß. Wie würden die Sloweninnen und Slowenen über die Referenden abstimmen? Würde die SDS damit Erfolg haben? Im Zentrum standen drei Gesetzesänderungen der Golob-Regierung: Änderungen des Rundfunkgesetzes, des Regierungsgesetzes und des Gesetzes über Langzeitpflege.            
 

Rechtlicher Hintergrund 

Als eine Form der direkten Demokratie sind die Formalitäten gesetzgebender Referenden in Artikel 90 der slowenischen Verfassung festgeschrieben.[2] So gilt beispielsweise seit 2013 ein Ablehnungsquorum[3] bei Volksabstimmungen: Ein Gesetz wird bei einem Referendum abgelehnt, wenn eine Mehrheit der Wählenden – aber mindestens ein Fünftel aller Stimmberechtigten – gültig dagegen votiert. Bei rund 1,7 Millionen Wahlberechtigten bedeutet dies mindestens 340.000 Gegenstimmen – angesichts des traditionell niedrigeren Interesses an Lokalwahlen und Referenden der Bürgerinnen und Bürger gilt dies als relativ hohe Hürde. Doch auch um ein Referendumsverfahren überhaupt erfolgreich einleiten zu können, werden mindestens 40.000 Wählerunterschriften benötigt.

Die Referendumsmehrheit (das so genannte Ablehnungsquorum) wird also in zwei Schritten ermittelt: Zunächst muss festgestellt werden, ob die Mehrheit der Wählenden mit gültiger Stimmabgabe gegen den Rechtsakt gestimmt hat (oder nicht). Wird diese Mehrheit nicht erreicht, wird der Rechtsakt nicht abgelehnt und kann für gültig erklärt werden.  Hat die Mehrheit jedoch gegen den Rechtsakt gestimmt, muss geprüft werden, ob diese Mehrheit mindestens ein Fünftel aller Wahlberechtigten in Slowenien umfasst. Damit ein Referendum also abgelehnt wird, müssen beide Bedingungen erfüllt sein: die relative Mehrheit und das Ablehnungsquorum.[4]

 

Die Referenden

​​​Im Zentrum der Diskussion standen drei Gesetzesentwürfe der links-liberalen Golob-Regierung. Die ehemalige konservative Regierungspartei SDS – nun in der Opposition – positionierte sich gegen die von der neuen Administration gewollten Änderungen des Regierungs-, Rundfunk- und Langzeitpflegegesetzes und reichte ihre Referendumsanträge mit jeweils mehr als 50.000 Wählerunterschriften ein; zehntausende Unterschriften mehr, als für die Einleitung der Referenden nötig gewesen wäre. Der Partei des Ex-Regierungschefs Janez Janša wurde dabei vorgeworfen, das Instrument der Volksabstimmung zur Verfolgung eigener Ziele zu missbrauchen und so auch die Regierungsarbeit der Golob-Administration, die im April gewählt und seit Juni im Amt ist, zu behindern.

 

Neue Regelungen für Rundfunk, Regierung und Langzeitpflege

Insbesondere das Rundfunkgesetz stand im Fokus der slowenischen Gesellschaft: Immer wieder wurde politische Einflussnahme durch die SDS auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTV Slovenia (RTVS) seitens der Belegschaft beklagt; diese wiederum forderte institutionelle und redaktionelle Autonomie und den Wegfall des politischen Einflusses.
Mit den beschlossenen Gesetzesänderungen Mitte Juli zielt die Regierungskoalition darauf ab, den Einfluss der Politik auf RTVS zu eliminieren: Das Parlament soll nicht mehr auf die personelle Zusammensetzung des Programm- und Aufsichtsrats einwirken können.
Da die SDS das eigentliche Gesetz in ihrer ersten Regierungszeit 2005 beschlossen und die Partei sich mittlerweile einen bedeutenden Einfluss in der Geschäftsführung sowie in den Kontrollgremien (unter anderem durch Postenbesetzung mit parteinahen Personen) verschafft hatte, blockierte die ehemalige Regierungspartei die Änderungen des Gesetzes und reichte den Antrag auf ein Referendum ein.
Entgegen der Wünsche der Opposition erhielt diese Gesetzesänderung (62,8% Zustimmung für die Neuregelung bei einer Wahlbeteiligung von rund 41,8%)[5], die meiste Zustimmung im Vergleich zu den beiden anderen.

Nach den Parlamentswahlen im April dieses Jahres verkündete der neugewählte, grün-liberale Ministerpräsident Golob die Umstrukturierung der Ministerien bzw. eine neue Ressortverteilung, welche drei neue Ministerien beinhaltet – inklusive eines Klimaministeriums. Um dies umsetzen zu können, bedurfte es allerdings einer Änderung des Regierungsgesetzes – bis dato als Formalität geltend – doch dies wurde von der SDS nicht unterstützt. Das Ergebnis des Referendums ist jedoch klar: rund 56,65% stimmten dafür.[6]

Bei den Änderungen bezüglich des Langzeitpflegegesetzes ging es um das Aufschieben seines Inkrafttretens um ein Jahr. Dieses Vorhaben wurde von 62,2% der Wählenden unterstützt.[7]

Allgemein lässt sich sagen, dass die Ergebnisse der Referenden als Zeichen der Unterstützung der neuen linksliberalen Golob-Regierung gewertet werden können. Die drei Volksabstimmungen galten als Kraftprobe zwischen der Regierung und Opposition.

 

Die zweite Runde der Lokalwahlen

Ein letztes Mal in diesem Jahr wurde dann am 4. Dezember zu den Wahlurnen gebeten: In 47 von 212 slowenischen Gemeinden wurden in einer zweiten Runde die Bürgermeisterinnen und -meister gewählt. Die Wählerinnen und Wähler entschieden jeweils zwischen den beiden Bürgermeisterkandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhielten. Die Wahlbeteiligung lag bei 42,12% bzw. 206.613[8] Stimmabgaben.

Zwei Kandidaten der schon in der ersten Runde erfolgreichen Slowenischen Volkspartei SLS konnten am Sonntag die Stichwahl jeweils für sich entscheiden. Damit bleibt die konservative SLS, die schon seit 2014 nicht mehr im Parlament vertreten ist, mit 15 Bürgermeisterinnen und -meistern Sieger der Lokalwahlen unter den Parteien.[9]
Auch die Sozialdemokraten (SD) konnten in den Stichwahlen punkten und bekleiden nun vier weitere Bürgermeisterposten, insgesamt also 14. Die ehemalige Regierungspartei SDS folgt nach der zweiten Runde nun mit insgesamt zwölf Posten, dahinter die christdemokratische NSi mit elf Posten.[10]

Die neugegründete Freiheitsbewegung GS des Ministerpräsidenten muss sich lokal bei den Bürgermeisterwahlen erst noch etablieren: Nach nur einem gewonnenen Amt folgten nun zwei weitere in der Stichwahl, somit stellt die GS drei Bürgermeisterinnen und -meister. Mit 404 Mandaten bzw. rund 15.6% der Stimmen war die Golob-Bewegung allerdings weitaus erfolgreicher bei den Gemeinde- und Stadtratswahlen, bei welchen sie den zweiten Platz hinter der SDS mit 493 Mandaten einnahmen. [11]

Die Ergebnisse der Stichwahlen bestätigen erneut den Trend, dass Parteiunabhängige sowie Listen bei Kommunalwahlen in Slowenien erfolgreich sind: In der Stichwahl der zweiten Runde gehen 35 Bürgermeister-Posten an unabhängige bzw. parteilose Kandidierende. Sie stellen somit die beeindruckende Anzahl von 138 unabhängigen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern.[12]

 

Überraschung der Wahl?

Auch die Kandidaten der zweitgrößten Stadt des Landes, Maribor, mussten sich vergangenen Sonntag der Stichwahl stellen.  Dabei konnte sich der bisherige Bürgermeister Saša Arsenovič jedoch im Amt halten. Ganz im Gegensatz zu anderen Städten im Land und überraschend für die Beobachter der Wahl in Celje: Denn in der viertgrößten Stadt Sloweniens muss Bojan Šrot, Mitglied der slowenischen Volkspartei SLS und bereits seit 1998 Bürgermeister der Stadt, eine unerwartete Niederlage hinnehmen. Er verliert nach sechs Amtszeiten mit rund 42% in der ersten Stichwahl seiner politischen Bürgermeisterkarriere gegen seinen Herausforderer Matija Kovač (57,8%). Kovač war bereits im Stadtrat für die Linke Sloweniens (Levica), trat bei den Wahlen jedoch als Unabhängiger an. Mit 33 Jahren ist er Teil der Genration jüngerer Politiker des Landes und beendet die mehr als zwei Jahrzehnte währende Ära Šrot.

 

Rückblick: Das Superwahljahr

Nach einem turbulenten Jahr verbunden mit einigen Urnengängen blickt Slowenien unter einer neuen Regierung auf die nächsten vier Jahre. Bei den Parlamentswahlen im April dominierte die neugegründete Freiheitsbewegung unter Führung des amtierenden Ministerpräsidenten Golob. Im November wurde die liberale Nataša Pirc Musar als erste Frau in Slowenien Staatspräsidentin. In zwei Runden wählten die Bürgerinnen und Bürger dann ihre politische Führung auf lokaler Ebene: Bei den Bürgermeisterwahlen gewannen die slowenische Volkspartei SLS sowie Unabhängige die meisten Posten; bei Stadt- und Gemeinderatswahlen findet sich die Oppositionspartei SDS auf Platz eins wieder, die Regierungspartei GS dicht dahinter. Darüber hinaus wurden die Wählenden zu drei Referenden bzw. Gesetzen befragt, die mit klarer Mehrheit angenommen wurden.

Nun bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Strukturen im Land in den nächsten Monaten und Jahren entwickeln, und wie die neugewählten Amtsträgerinnen und -träger sowohl auf lokaler als auch nationaler Ebene zusammenarbeiten werden, um Slowenien voranzubringen.

 

 


[1] Zum Ausgang der ersten Runde der Kommunalwahlen verweisen wir auf unseren Länderbericht vom 23. November 2022 https://www.kas.de/de/web/kroatien/laenderberichte/detail/-/content/die-erste-runde-der-kommunalwahlen-in-slowenien

[2] So auch vier Gesetzgebungsbereiche, zu welchen ein Referendum nicht zulässig ist: etwa über Maßnahmen zur Verteidigung des Staates und Sicherheit, zu Gesetzen über Steuern oder Ratifizierung von Verträgen.         
(vgl.: https://bit.ly/3iE0g9W)

[3] Seit Bestehen dieser Regelung fanden fünf Referenden statt - allerdings wurde das Ablehnungsquorum dabei nur zwei Mal erreicht.
(vgl.: https://bit.ly/3iG1UYK)

[4] https://www.gov.si/en/topics/referendum-popular-initiative-and-the-european-citizens-initiative/

[5] https://volitve.dvk-rs.si/referendum-rtv/#/rezultati

[6] https://volitve.dvk-rs.si/referendum-vlada/#/rezultati

[7] https://volitve.dvk-rs.si/referendum-oskrba/#/rezultati

[8]https://volitve.dvk-rs.si/lv2022/#/rezultati

[9] Gezählt werden hier nur die Kandidaten, die von einer Partei aufgestellt wurden. Ergab sich die Wahl aus einer Listenverbindung, wurden diese gesondert aufgeführt

[10] siehe Fußnote 7

[11] ebd.

[12] https://volitve.dvk-rs.si/lv2022/#/rezultati

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Kontakt

Holger Haibach

Holger Haibach

Leiter des Auslandsbüros Kroatien

holger.haibach@kas.de +385 1 4882-650 +385 1 4882-656

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