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Veranstaltungsberichte

Wohnungspolitik, Mietpreisbindung und Grundsteuersystem in Libanon und Deutschland

Soziale Marktwirtschaft als mögliches Modell?

Das Länderbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung im Libanon veranstaltete in Kooperation mit dem Issam Fares Institut der American University of Beirut (AUB) eine Konferenz zur Anwendung des deutschen Modells der sozialen Marktwirtschaft im Immobilienmarkt und in der Wohnungspolitik.

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Neun prominente Diskussionsteilnehmer, aus dem Libanon und aus Deutschland, gaben innerhalb der drei Sitzungen während der eintägigen Veranstaltung im Issam Fares Institut der American University Beirut, Einblicke in Wohnungsmärkte, auf denen erschwinglicher Wohnraum weiter rückläufig ist, während die Immobilienbranche aber boomt.

Die erste Sitzung begann mit dem Redebeitrag des libanesischen Abgeordneten Ghassan Moukheiber zum Thema gesetzgeberische Dimension der Wohnungspolitik im Libanon. Moukheiber sprach über seine Versuche Reformen bezüglich Wohnungs- und Mietpolitik voranzutreiben und den Heraus-forderungen im legislativen Prozess. Er stellte fest, dass die Mietgesetze von 1992 nur die unmittelbare Situation auf dem damaligen Wohnungsmarkt ausreichend regeln konnten, aber dass die weitere Entwicklung mit Immobilienspekulation, urbanen Veränderungen und einer wirtschaftlichen Stagnation und den Auswirkungen all dessen auf Mieter und Vermieter außer Betracht gelassen wurde. Die nachfolgenden Regierungen wiederum blieben diesbezüglich ebenfalls tatenlos.

Dem Redebeitrag folgend sprach Herr Jan-Otto Jandl, Doktorand der Universität Freiburg über Wohnungspolitik und Mietkontrolle innerhalb Deutschlands wirtschaftlichem System der sozialen Marktwirtschaft. Er stellte die Probleme der Wohnsituation in Deutschland vor und nahm Bezug auf die möglichen Auswirkungen von gegenwärtig diskutierten Gesetzesänderungen auf den deutschen Wohnungsmarkt.

Antoine Chamoun, ehemaliger Direktor der Wohnungsbaubank stellte anschließend die Entwicklungen und Herausforderungen in der Wohnungspolitik und die Entwicklung des Immobilienmarktes im Libanon vor. Er argumentierte, dass die Wohnungspolitik nicht nur in der Verantwortung der Behörden liege. Vielmehr sollte diese auf einer dreiseitigen Beziehung, der Bürger, der Regierung und der passenden Partner aus dem privaten Sektor basieren.

Die zweite Sitzung wurde von Kamal Hamdan, Direktor des Beratungs- und Research Instituts (CRI) mit einem Beitrag zum libanesischen Immobilienboom und dem Wohnungsmarkt im Libanon eröffnet. Hamdan zitierte, dass 72% der Gesamtinvestitionen im Libanon im Immobiliensektor getätigt werden. Er bemerkte, dass von zehn in Beirut verkauften Wohnungen, drei von Ausländern (meist Golf- Staatsangehörigen), fünf von im Ausland lebenden Libanesen, und nur zwei von ansässigen Libanesen gekauft werden. Hamdan argumentierte ferner, dass Wohnungspolitik nicht eindimensional betrachtet werden sollte, da es soziale, politische und wirtschaftliche Auswirkungen hat.

Im Anschluss daran folgte ein Vortrag von Jan-Otto Jandl zum Thema der Immobilienbesteuerung in Deutschland. Jandl gab Beispiele, wie deutsche Regierungen versucht haben die Steuern auf Land und Gebäude zu reformieren, ohne dabei Investoren davon abzuschrecken neue Häuser zu bauen.

Namir Cortas, Präsident der Immobilien Entwicklungsgesellschaft Libanon (R.E.D.A.L), sprach zur Rolle der Investoren und Entwickler in den Debatten über Wohnungspolitik und wies auf die Bedeutung des Wohnungssektors für das Wirtschaftswachstum des Libanons hin. Er argumentierte, dass Stadtplanung nicht nur Investoren und Entwickler, sondern auch Regierungen und Gemeinden betrifft. Er betonte die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes zur Lösung von Wohnungs- und Bebauungsproblemen.

Die Sitzung endete mit abschließenden Bemerkungen von Charbel Nahas, ehemaliger Minister für Arbeit, der insbesondere auf die Notwendigkeit der Land- und Immobilienbesteuerung im Libanon hinwies. Ihm zufolge gibt es nur eine unerhebliche Steuer auf den Gewinn aus dem Verkauf von Ländereien. Während Landbesitzer Einkommenssteuern zahlen müssen, wenn sie ihr Land vermieten, sind sie von der Steuer befreit im Falle des Verkaufs des Landes. Der Staat kann somit nicht vom Verkauf profitieren. Das ist von Nachteil, als die Entwicklung dahin geht, dass Land nicht mehr als Produktionsfaktor gesehen wird, sondern vielmehr als ein Investitionswerkzeug zur Portfoliodiversifikation in Finanzanlagen. Er betonte dass diese Anomalie dringend reformiert werden müsse.

Der Anwalt Adib Zakhour stellte in der dritten Sitzung die rechtlichen Mängel und Anfechtungen des kürzlich verabschiedeten Gesetzes zur Liberalisierung der Mieten vor, die dieses, seiner Ansicht nach, wieder unwirksam machten. Seinen Äußerungen folgte ein Beitrag von Bruno Marot, Doktorand der McGill Universität, der die Frage aufwarf, ob die Beseitigung von Mietkontrolle zu einer nur auf Immobilien fokussierten Stadtentwicklung führt. Er positionierte sich dahingehend, dass die aktuelle Reform den Fokus zu sehr auf die Immobilienbesitzer und Investoren legt, was sich wiederum nachteilig auf das soziale und räumliche Gefüge der Stadt auswirke. Die Reform verstärke eine zweigleisige Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt, und übersieht, dass die bauliche Entwicklung der Umwelt nicht losgelöst davon betrachtet werden kann, wer der eigentliche Hauptnutznießer dieser sein sollte, wohl jedenfalls nicht vorrangig die Immobilienwirtschaft.

Hisham Ashkar, Doktorand der HafenCity Universität in Hamburg, schloss die letzte Sitzung mit einem Vergleich der unterschiedlichen Auswirkungen von stärker kontrollierter und mehr liberalisierter Mietgesetzgebung auf die Veränderung des städtischen Umfeldes. Er betonte seine Ablehnung gegenüber den Ansichten, die sagen, dass die Aufhebung des alten Mietgesetzes angesichts der Dynamik der Immobilienwirtschaft unaufhaltsam das zerstören würde, was vom alten Beirut, seinen Bewohnern und seinem Erbe noch übrig ist. Ashkar argumentierte, dass das alte Mietgesetz sehr leicht manipuliert werden konnte und nicht geeignet war, dem dynamischen und kapitalistischen Immobilienmarkt etwas entgegenzusetzen. Die Liberalisierung der Mieten spiele auch nur eine untergeordnete Rolle im Abbruch- und Wiederaufbauprozess. Er sieht deshalb auch keine Gefahr, dass die Abschaffung des alten Gesetzes die Immobilienwirtschaft jetzt stärken wird, aber es wird dennoch zu einer dynamischen Veränderung der urbanen Umwandlung der Stadt kommen.

Mehr als 120 Teilnehmer aus verschiedenen Bereichen, vom Hochschullehrer, Experten, Juristen, Studenten und Personen aus der libanesischen Gesellschaft, besuchten die Veranstaltung. In der den Sitzungen folgenden Frage und Antwort Perioden wurden viele Beiträge kommentiert und kontrovers diskutiert. Während der Pausen wurde die Möglichkeit des weiteren Austausches rege genutzt.

Konferenz Poster

Dem Seminarvorgehen als Audio zuhören:

Sitzung I - Sitzung II - Sitzung III

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Kontakt

Peter Rimmele

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