Veranstaltungsberichte
Dr. Schüler sagte weiter: „Der Erfahrungsaustausch mit den afrikanischen Kollegen fand auf einem sehr guten Niveau statt. Die Idee der Zweibahnstrasse funktioniert hervorragend.“ Auch der stellv. Botschafter der Bundesrepublik, Hans-Christian Winkler sprach vor den Teilnehmern von einer „gelungenen Idee“. Die Veranstaltung fand in enger Zusammenarbeit mit KAS Ghana und dem Leiter des Länderbüros, Dr. Gregor Ryssel, statt.
Seit Jahresbeginn ist das Regionale Medienprogramm Subsahara-Afrika der Stiftung verstärkt auf dem Feld der Politischen Kommunikation tätig. Während der Projektmaßnahmen im ersten Quartal 2011 – u.a. in Ghana, Simbabwe, Tansania, Namibia – reifte bei den Verantwortlichen die Erkenntnis, dass die afrikanischen Akteure in der Region vor ähnlich gelagerten Herausforderungen stehen. Dies gilt in besonderem Maße für die Anwendung der neuen digitalen Kommunikationsinstrumente (Facebook, Twitter, YouTube etc.). Um optimal auf diesen Bedarf einzugehen, entwickelte KAS Medien Afrika das Konzept der „E-lection Bridge Africa“. Zusätzlich wurden Experten aus Deutschland eingebunden, die zu diesem Thema arbeiten. Der Austausch begann im Februar 2011 mit der Web-Plattform www.kas.de/e-lectionbridge, auf der afrikanische und deutsche Fachleute in Interviewform ihre Erfahrungen und Einschätzungen teilen. Das Feedback auf diese transkontinentale Brücke war ermutigend.
Nach den eingangs erwähnten bilateralen Maßnahmen und der erfolgreich gestarteten Website begann im nächsten Schritt die Planung einer regionalen Konferenz. Im Rahmen der partnerschaftlichen Vernetzung mit den KAS-Länderprogrammen wurden geeignete Akteure der Politischen Kommunikation identifiziert und zur ersten „E-lection Bridge Africa“ nach Accra eingeladen.
Die Kernziele der Veranstaltung spiegeln den regionalen Ansatz des Medienprogramms wider: Die Zielgruppe aus Afrika (und Deutschland) sollte...
... umfassend über aktuelle Trends des Fachgebiets informiert werden
... ihre eigenen Fallbeispiele und Anwendungen vorstellen und kritisch im regionalen Kontext diskutieren
... sich von den Erfahrungen ihrer regionalen Nachbarn inspirieren lassen
... ihre Kenntnisse von Theorie und Praxis erweitern
... schließlich die frisch gewonnenen Ideen, Erkenntnisse und Ansätze im eigenen Land, diskutieren und realisieren – selbstverständlich im lokalem Kontext
Die „E-lection Bridge Africa“ lebt von ihrer Vielfalt. Vor diesem Hintergrund kamen die Teilnehmer der ersten Ausgabe aus elf Ländern Subsahara-Afrikas: Angola, Ghana, Kenia, Kongo, Mosambik, Namibia, Senegal, Simbabwe, Republik Suedafrika, Tansania und Uganda. „Eine Art Afrikanische Gemeinschaft des digitalen Wahlkampfs“, so Markus Brauckmann, Leiter KAS Medien Afrika. Hinzu kamen zwei namhafte Referenten aus Deutschland.
Der sorgfältig ausgewählte Veranstaltungsort Accra bot gleich zu Beginn die ideale Gelegenheit, Praxis mit Theorie zu verknüpfen. Denn: Am ersten Tag richtete die KAS-Partnerpartei New Patriotic Party (NPP) im ganzen Land ihre Vorwahlen aus und bestimmte ihre Wahlkreiskandidaten für die nationalen Wahlen im November 2012 – für die regionalen Besucher eine willkommene Gelegenheit, sich vor Ort aus erster Hand zu informieren. Das Interesse der Beobachter galt dabei in erster Linie der Einbindung der Medien, Partizipation der Mitglieder sowie der Parteiorganisation „Beeindruckend, was die Kollegen hier auf die Beine stellen“, urteilte stellvertretend Michelle Fondo aus Kenia nach dem Besuch von drei Wahlbüros in der „Greater Accra Region“. Im Gegenzug war das Interesse in Ghana an der Premiere der „E-lection Bridge Africa“ riesig. Etliche Zeitungen, Fernsehstationen und Radioreporter baten die Teilnehmer zu Interviews, darunter Live-Auftritte in politischen TV-Talkshows. Nach der Rückkehr von den „primaries“ begannen am Nachmittag die ersten Programmsitzungen.
Das Logo der „E-lection Bridge Africa“ symbolisiert die Idee der Zweibahnstraße. Während der Konferenztage flossen Wissen, Erkenntnisse und Reflektionen in beide Richtungen – von einem Land zum anderen, von Kontinent zu Kontinent. Anders ausgedrückt: Die Konstruktion der Brücke erwies sich als tragfähig. Zunächst informierten die afrikanischen Experten ihre regionalen Kollegen und die deutschen Referenten über die politische Situation, ihre Partei und die politische Kommunikation in ihrem Land. Die außergewöhnlich hohe Zahl von Rückfragen und Einwürfen bestätigten umgehend die Relevanz des regionalen Ansatzes. Nahezu übereinstimmend nannten die Akteure als zentrale Herausforderungen ihrer Arbeit den fehlenden bzw. erschwerten Zugang zu Medien, die häufig dominante Rolle der Regierungspartei, mangelhafte rechtliche Rahmenbedingungen, unzureichende finanzielle Mittel, unbefriedigende Organisationsstrukturen und –kenntnisse ihrer eigenen Parteien. Deshalb, so die geäußerte Überzeugung, seien die Instrumente des Web 2.0 sowie die Verbreitung des Mobiltelefons sehr wichtig für Politische Kommunikation in der Region – gerade vor dem Hintergrund der stark wachsenden Gruppe junger Wähler.
Bereits im Vorfeld hatte KAS Medien Afrika mit den deutschen Referenten exakt die Inhalte abgestimmt, um maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingehen zu können. So gab Dr. Klaus Schüler einen ausführlichen Überblick über internationale Trends der Politischen Kommunikation und ging dabei auch detailliert auf den „Wahlkampf 2.0“ ein. Insgesamt erfordere die aktuelle Situation neue und bessere Partizipationsmöglichkeiten für die Mitglieder und Anhänger, führte der CDU-Bundesgeschäftsführer aus. Man müsse nun sorgfältig abwägen, wie und in welchem Maße dies jeweils realisiert werde. In seinem zweiten Vortrag widmete er sich der Parteiorganisation im Wahlkampf. Als Fallstudie hatte der preisgekrönte Stratege die CDU im Bundestagswahlkampf 2009 gewählt. Schritt für Schritt führte er die afrikanischen Teilnehmer in die Thematik ein. Die Präsentation diente als Ausgangspunkt für eine lebhafte Debatte.
Oliver Röseler, Bereichsleiter Marketing und Interne Kommunikation der CDU, ergänzte die Ausführungen mit zwei exzellenten Impulsreferaten – die sich erneut an den Anforderungen der afrikanischen Teilnehmer orientierten. Überall in der Region, so hatte KAS Medien Afrika zuvor festgestellt, haben die politischen Partnerparteien große Probleme, ihren Anteil an der nationalen Historie/Story zu reklamieren. Der Grund: Häufig hat die mächtige Regierungspartei die Geschichte quasi zu ihren Gunsten monopolisiert. Was, so die Frage, bleibt da noch für (kleinere) Oppositionsparteien übrig? Als Antwort stellte Röseler die CDU-Aktion „Unser Land“ vor, bei der Bürger ihr gegenwärtiges und zukünftiges Deutschland-Bild formulieren. Mit einer solchen offline/online-Kampagne, sagte der langjährige Politprofi, könne man „das Heute und Morgen für sich gewinnen, wenn das Gestern im Besitz der Herrschenden sei“. Zudem widmete er sich intensiv der Rolle von Freiwilligen-Kampagnen („Volunteers“) am konkreten Beispiel von Angela Merkels „TeAM Germany“ im deutschen Wahlkampf 2009. Diese Sitzung wurde aufgrund vieler engagierter Diskussionsbeiträge verlängert, um dem Ziel der E-lection Bridge Africa gerecht zu werden. Etliche Teilnehmer äußerten sich begeistert: Der Vortrag diene ihnen als „Road Map“ für die häufig dringend benötigte Umsetzung vor Ort.
Jake Obetsebi Lamptey aus Ghana und Libolly Haufiku aus Namibia rundeten die Palette der relevanten Fallbeispiele ab. Während der einheimische NPP-Chairman die Strategie der Oppositionspartei für die nationalen Wahlen im nächsten Jahr vorstellte, erläuterte Haufiku von der Rally for Democracy and Progress (RDP), wie sich kleine Oppositionsparteien gegen etablierte Regierungsparteien zur Wehr setzen und konkurrieren können. Der bezeichnende Titel seines Vortrags: „Battling Giants“.
Eine besondere Rolle spielt in der Politischen Kommunikation Afrikas das Mobiltelefon, dessen Nutzerzahlen „explodieren“. Schon seit Jahresbeginn befindet sich KAS Medien Afrika in intensiven Gesprächen mit der Praekelt Fondation aus Johannesburg, um für politische Parteien einen entsprechenden „mobilen Werkzeugkasten der Demokratisierung“ zu entwickeln. Arbeitstitel des Projekts: M-Dem (Mobile Democracy). Gründer Gustav Praekelt war nach Accra gekommen, um das ehrgeizige Vorhaben persönlich vorzustellen – und wiederum neuen Input seitens der Zielgruppe mit nach Haus zu nehmen. Das erfreuliche Feedback: Die Teilnehmer bekräftigten nachhaltig, dass sie exakt ein solches Instrumentarium benötigen. Mit Fallbeispielen aus ihren Ländern und weiterführenden Fragen gaben sie Praekelt und KAS Medien Afrika frischen Input, der nun in die Fortentwicklung einfließt.
In abschließenden Gesprächen wurde deutlich, dass die Einrichtung der „E-lection Bridge Africa“ ein voller Erfolg war. Der regionale Ansatz konnte vorbehaltlos überzeugen: Nach Auskunft der Teilnehmer habe man endlich einmal die Möglichkeit gehabt, mehr über die Methoden und Akteure der Politischen Kommunikation in benachbarten Ländern zu erfahren. Der (persönliche) Austausch sei von enormer Bedeutung. Man kehre nun mit einem neuen Verständnis, frischen Ideen und Schwung nach Hause zurück, um dort einige Projekte kurz- bzw. mittelfristig zu implementieren. Ein konkretes Beispiel: Am 5. Mai startete die tansanische KAS-Partnerpartei ihren Fernsehkanal im Internet mit dem Titel „Chadema TV“.
Die Teilnehmer äußerten den dringenden Wunsch nach einer Fortsetzung im nächsten Jahr, nach einer Plattform für den kontinuierlichen Austausch in der Zwischenzeit sowie nach anschließenden Maßnahmen auf dem Feld der Politischen Kommunikation in ihrem Land. Markus Brauckmann, Leiter KAS Medien Afrika, verwies in dieser Hinsicht auf die Vernetzung mit den Länderprogrammen – ein echtes Plus der Konrad-Adenauer-Stiftung. Zudem versprach er, dass die Veranstaltung nun zur dauerhaften Einrichtung werde: „Wir sehen uns in Tansania 2012 zur zweiten E-lection Bridge Africa.“ Das Thema der Politischen Kommunikation in Subsahara-Afrika bleibt von entscheidender Bedeutung für die Arbeit des Medienprogramms. Die Netzwerkbildung werde weiter vorangetrieben.