Veranstaltungsberichte
Die Teilnehmer waren sich einig: Unbedingt verbessert werden muss das Verständnis des Wirtschafts- und Finanzsektors für Journalisten im afrikanischen Kontext. Um dem Leser die wichtigsten Fakten und Entwicklungen ohne lange Erklärungen verständlich machen zu können, müssen dem Verfasser die Zusammenhänge absolut klar sein. In Zeiten des Internets werden Artikel darüber hinaus immer strenger auf Fakten und Inhalt geprüft, was dazu führt, dass die Glaubwürdigkeit der Journalisten und des Mediums, für das sie schreiben, stark von eben diesem Verständnis und der korrekten Berichterstattung abhängt.
Die Wits University in Johannesburg bietet bereits Kurse in Finanz- und Wirtschaftsjournalismus für Studenten ohne wirtschaftlichen Hintergrund an, in denen die Teilnehmer journalistisches Schreiben und Recherche ebenso lernen wie die Grundsätze der Wirtschaftswissenschaft. Wichtig sei hier der interdisziplinäre Ansatz, so Kevin Davie, Dozent für Wirtschaftsjournalismus an der Wits University und Finanzredakteur des Mail&Guardian. Auf den inhaltlichen Schwerpunkt müsse genauso viel Wert gelegt werden wie auf den Kommunikationsaspekt.
Sein Tipp für eine ansprechende und gleichzeitig informative Wirtschaftsberichterstattung: Ein Artikel darf nicht einfach die Ereignisse wiedergeben, er sollte die Fakten mit persönlichen Schicksalen verbinden. Dadurch bekommen die Informationen eine menschliche Komponente und der Leser kann sie auf seine eigene Situation anwenden. In Afrika findet ein großer Teil der wirtschaftlichen Aktivität im informellen Sektor statt, es ist für die Menschen also weniger relevant, was beispielsweise der neuste Zentralbankbeschluss im Detail enthält, als vielmehr, was dieser Beschluss für ihr eigenes kleines Unternehmen oder ihre wirtschaftliche Situation bedeuten könnte. Als Beispiel nannte Davie die Berichterstattung der Financial Times, deren Artikel mit einem kurzen Absatz darüber beginnen, warum die nun folgende Information für den Leser wichtig sein könnte, bevor Zahlen und Statistiken präsentiert werden.
Reg Rumney, Direktor des Rhodes Centre for Economics and Journalism in Grahamstown, Südafrika, stellte ein an seinem Institut bereits praktiziertes Modell für einen Kurzzeitkurs in Wirtschaftsjournalismus vor. Journalisten mit erster Berufserfahrung bekommen Aufgaben gestellt, die sie selbständig bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bearbeitet haben müssen. Dazwischen herrscht immer wieder wochenweise Anwesenheitspflicht.
Auch die übrigen Teilnehmer berichteten vom Stand der Lehre in ihrem jeweiligen Land, ein Großteil interessierte sich sehr für das interdisziplinäre Wits-Modell. In der folgenden Diskussion stellten sich vor allem zwei Themen als besonders wichtig heraus: Der Mangel an gut qualifizierten Lehrkräften für den Wirtschaftsjournalismus und die fehlende Ausbildung für eben diesen bestimmten Teilbereich und die Einbindung neuer Unterrichtsmaterialien und Kurrikula. In diesem Zusammenhang wurde auch über das Thema E-Learning gesprochen, das dank der rasanten Ausbreitung des Internets in Subsahara-Afrika großes Potential für die Lehre birgt.
Die Teilnehmer waren sich einig, den Austausch untereinander fortführen zu wollen und schlugen vor, im nächsten Jahr einen „Training the Trainers“ -Workshop zu organisieren. Außerdem wurde vereinbart eine Arbeitsgruppe zu gründen, die gemeinsam ein Konzept für einen Kurzzeitkurs „Wirtschaftsjournalismus“ von beispielsweise drei Wochen in den Semesterferien erarbeitet.