Die Covid-19 Pandemie hat seine Spuren in der Medienlandschaft Asiens hinterlassen. Regierungen in ganz Asien haben die Pandemie dafür genutzt, Notverordnungen zu erlassen, die den Spielraum für unabhängige Journalisten immer weiter verkleinern. Es dürfte keine Überraschung sein, dass diese Aktionen in den Ländern besonders einschränkend wirkten, in denen die freie Presse sowieso schon großem Druck ausgesetzt war.
Neue Gesetze für weitreichende Zensur
Kambodscha und Malaysia gehören zu der Gruppe von Ländern, in denen schon sämtliche Gesetze zur Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit vorhanden sind. Nichtsdestotrotz haben beide Länder Notverordnungen erlassen, die der Regierung viel mehr Macht einräumen, die Presse zu zensieren. In Kambodscha wurde 2020 das “Gesetz zur Nationalen Verwaltung im Ausnahmezustand” erlassen, das dem Präsidenten erlaubt, jegliche journalistischen Inhalte, die ihm missfallen, zu zensieren. Kambodschanische Autoritäten legten darüber hinaus sämtliche unabhängige Medienunternehmen während der Pandemie still.
In Malaysia verhält es sich damit ähnlich. Das Land, welches laut dem RSF bereits über “ein drakonisches legislatives Arsenal zur Einschränkung der Pressefreiheit” verfügt, hat 2021 ebenfalls ein Notfallinformationsgesetz erlassen. Die “Anti-Fake News Notverordnung” gibt der Regierung die “volle, willkürliche Berechtigung”, jegliche Art von Inhalten, die für falsch gehalten werden, zu entfernen.
Im Gegensatz zu Ländern wie Usbekistan, welches Gesetze verabschiedete, die die Pressefreiheit insbesondere in Bezug auf Covid-19 einschränkten, gingen Kambodscha und Malaysia einen Schritt weiter und erließen Gesetze, die ihren Autoritäten die schonungslose, universelle Befugnis erteilten, einfach jeglichen Inhalte, die ihnen nicht gefallen, zu löschen.
Länder wie Kasachstan und Kirgistan erließen ebenfalls restriktive Gesetze während der Pandemie, die jedoch nicht als Notfallgesetze in Bezug auf Covid-19 ausgelegt wurden. Kasachstan verabschiedete mehrere Änderungen, die die Veröffentlichung von allem verbieten, was als eine Beleidigung gegenüber dem Präsidenten eingestuft wird. Kirgistan, ein Land, das laut Reporter ohne Grenzen wenigstens eine partielle Pressefreiheit genießt, verzeichnet ebenfalls während der Pandemie eine Verschlechterung der Pressefreiheit. Die Regierung verabschiedete 2021 ein Anti-Fake-News Gesetz, dass der Regierung die Befugnis erteilt, Dienstleister darum zu bitten, Informationen zu blockieren, die für falsch gehalten werden. Darüber hinaus haben Parlamentsmitglieder begonnen, Proteste gegen unabhängige Medienunternehmen anzuregen.
Sei innovativ, um unabhängig zu bleiben
Dadurch, dass sich die Bedingungen für Journalisten und unabhängige Medienunternehmen in ganz Asien verschlechtern, hat sich das Internet in vielen Ländern als letzte Front für die Pressefreiheit herauskristallisiert. Internetnutzung und Nachrichtenkonsum durch soziale Medien ist in vielen asiatischen Ländern noch nicht weit verbreitet. Fernsehen und Radio sind traditionell die beliebtesten Nachrichtenformate. Mit zunehmendem Durchdringen des Digitalen ändert sich das langsam. Die Pandemie, sowie auch die Maßnahmen der Regierungen gegen freie Medien haben sowohl Publikum und Journalisten gleichermaßen gezwungen, sich der Onlinesphäre viel schneller zu öffnen.
So wurde auf den Philippinen zum Beispiel ABS-CBN, früher der größte und vertrauenswürdigste TV-Sender des Landes, 2020 die Erneuerung der Lizenz verweigert, und der Sender dichtgemacht. Als Konsequenz daraus ist ABS-CBN nun ein exklusives Online-Unternehmen, das so aber immer noch viele Menschen erreicht. Nobelpreisträgerin Maria Ressas Onlineplattform “The Rappler” ist ein weiteres Beispiel von unabhängigem Journalismus, das versucht, sich auf den Philippinen im Internet durchzusetzen.
Ähnliche Entwicklungen kann man in Kambodscha beobachten, wo beliebte und unabhängige Radiosender wie Radio Free Asia oder Voice of Democracy stillgelegt wurden. Dort gehen unabhängige Nachrichten-Startups wie Southeast Asia Globe die Berichterstattung mit neuen, gemischten Business-Modellen an, um ihre Arbeit zu finanzieren und unabhängig zu bleiben. Laut Splice benutzen sie ihre digitalen Fähigkeiten, um in Bereichen wie Analytik zu arbeiten, womit sie ihre unabhängige Berichterstattung finanzieren.
Große Brüche in der Medienlandschaft
In Thailand war der Bruch, den die Verlagerung der Medien in die Onlinesphäre ausgelöst hat, besonders groß. In 2020 erlebte das Land nationale Proteste gegen die Regierung und die etablierten Medien zensierten sich regelmäßig selbst, wenn sie über diese Vorfälle berichteten. Das hat die Tür für kleine, unabhängige Medien geöffnet, die auf Youtube und Facebook berichten, um ein Mainstream-Publikum zu erreichen. Diese Entwicklungen haben zu einem beträchtlichen Verlust an Einschaltquoten bei etablierten TV-Sendern geführt - im Umkehrschluss sind Plattformen wie YouTube und Facebook nun für Viele die Hauptnachrichtenquelle.
Der furchtlose Ansatz der unabhängigen Medien bei der Berichterstattung hat etablierte Medien dazu gezwungen, sich weniger selbst zu zensieren und die Grenzen davon auszuweiten, was Nachrichtenformate veröffentlichen können.
Regierungen versuchen, die Kontrolle über das Internet auszuweiten
Die Entwicklungen in Thailand sind aber nicht nur positiv. Medienunternehmen wie Voice TV, die den Kampf für mehr Pressefreiheit anführen, wurden für Verstöße gegen das Computerkriminalitätsgesetz bestraft. Laut Reuters Institut wurde dieses Gesetz immer häufiger seit Ausbruch der Proteste herangezogen, um auf aufstrebende unabhängige Medien abzuzielen.
Die Entwicklung wird in anderen Ländern, die eine ähnlich feindliche Einstellung gegenüber unabhängigen Journalisten pflegen, widergespiegelt. Wenn Nachrichtenformate ins Netz verlagert werden, um mehr Platz für unabhängige Berichterstattung zu schaffen, versuchen Regierungen zu folgen.
Länder wie Pakistan, Kambodscha, Malaysia, oder Usbekistan haben alle die Pandemie genutzt, um auf Meinungsfreiheit im Internet abzuzielen und haben Gerichtsverfahren gegen unabhängige Medien eingeleitet. In Vietnam wurde bereits 2018 ein neues Cybersicherheitsgesetz und 2020 eine Verordnung verabschiedet, die es der Regierung erlaubt, jeden, der anstößige Inhalte hochlädt, mit heftigen Bußgeldern zu bestrafen - sogar wenn die Inhalte nicht für so anstößig gehalten werden, dass sie ein Urteil rechtfertigen würden.
Repressionen für freie Medien
Was beim Blick auf diese vielen Gesetze heraussticht, ist die Tatsache, dass Webseitenbetreiber nicht nur für ihre eigenen Inhalte verantwortlich gemacht werden, sondern auch für Inhalte, die Dritte auf ihren Webseiten hochladen. Es macht sie anfälliger für Klagen von Seiten der Regierung und hindert diese Plattformen und Webseiten daran, zu Räumen für unabhängige und freie Diskussionen zu werden.
Währenddessen kämpfen Medienfirmen und Journalisten nicht nur gegen Zensur und Unterdrückung, sondern sie müssen auch noch Umsätze machen. Stagnierende Werbemärkte, das Potenzial zur finanziellen Abhängigkeit von Regierungen und Unternehmen, und die Schwierigkeiten, Einnahmen durch Online-Journalismus zu erzielen sind nur manche der Herausforderungen, vor denen unabhängige Medien stehen. Räume für unabhängige Berichterstattung geraten immer weiter unter Druck.
Überstetzung aus dem Englischen: Natascha Koch (Juli 2022)
„Repressionen für freie Medien“ ist ein Forschungsprojekt von Vivien Götz, das während ihres Praktikums im KAS Medienprogramm Asien stattgefunden hat.