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Länderberichte

Russische Dominanz setzt sich im moldauischen Medienmarkt durch

von Hendrik Sittig, Darija Fabijanić
Durch die sowjetische Vergangenheit der Republik Moldau ist der russische Einfluss auf das Land nach wie vor groß. Das Land ist regelrecht gespalten zwischen einer europäischen Annäherung und einem Russland-Kurs. Nachdem die Regierung aus dem pro-europäischen Bündnis ACUM unter Maia Sandu und der russlandnahen Partei der Sozialisten (PSRM) des Präsidenten Igor Dodon im November 2019 gescheitert ist, kann man eine fortschreitende Machtausweitung russlandnaher Kräfte unter der Füh-rung Dodons erkennen. Davon ist auch der Medienmarkt betroffen, der bereits unter der langjährigen Regierung der Demokratischen Partei und ihres Vorsitzenden, dem Oligarchen Wladimir Plahotniuc, eine enorme staatsnahe Konzentration erfahren musste.

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Eine zentrale Rolle beim russischen Einfluss auf die Medien in Moldau spielt Igor Chaika, Sohn des ehemaligen Generalstaatsanwalts Russlands Juri Chaika. Er hat jüngst das moldauische Medienunternehmen "Media Invest Service" mit 51 Prozent übernommen. Zuvor war es im Besitz des Geschäftsmannes Vadim Ciubara. Chaika hat damit die Kontrolle über die Sender „Accent TV“ und „Primul in Moldova“, die wiederum zum Medienunternehmen „Telesistem SRL“, einer Tochterfirma von "Media Invest Service", erhalten. Zudem besitzt „Telesistem SRL“ auch die Kontrolle in Moldau über die bekannten Internetseiten „mail.ru“ und „ok.ru“. Diese Medienaneignung ist nicht nur für Russland nützlich, sondern vor allem direkt für den russlandfreundlichen Präsident Dodon, der sich Ende dieses Jahres zur Wiederwahl stellt. Denn Chaika ist ein enger Vertrauter Dodons. So besitzen der Bruder des Präsidenten Alexandru Dodon und Chaika gemeinsam die Firma „Industrial Ecological Operator“ mit Sitz in Russland. Später stieg Alexandru Dodon noch in das Geschäft „Arhplei Development“ in Moldau ein, welches sich Chaika mit dem Eigentümer Alexandru Ponomariov teilte. Doch dies sind nicht die einzigen Aktivitäten Chaikas in Moldau, denn er investiert derzeit in viele Branchen auf dem Gebiet Moldaus.

 

In Bezug auf die Sender „Primul in Moldova“ und „Accent TV“, die Chaika erworben hat, gab es auch sehr viele Veränderungen in den vergangenen Monaten. „Primul in Moldova” begann erst kürzlich seine Arbeit, jedoch ohne Rundfunklizenz. Stattdessen nutzte man die Lizenz von “Accent TV”. Später wurde der Antrag gestellt, „Accent TV“ in „Primul Moldova“ umzubenennen, da dieser die Lizenz erhalten hatte den russischen „Pervii Kanal“ zu übertragen. Doch „Accent TV“ verschwand nicht vom Markt. Denn „Telesistem SRL“ gründete einen neuen Sender und beantragte für diesen eine Lizenz mit den alten Namen „Accent TV”, mit dem Argument dies sei der Wunsch der Zuschauer. So wurde „Telesistem SRL“ Besitzer von zwei TV-Sendern. „Telesistem SRL“ war bereits zuvor schon unter russischem Einfluss, denn bis 2015 gehörte es dem russischen Unternehmen „Volga Export“. Dieses wurde dann an Vadim Ciubara für nur 12.000 RUB (ca. EUR 170) verkauft. Für wie viel es an Chaika ging, ist nicht bekannt. Allerdings zeigt sich, dass Russland wieder stärker involviert sein möchte und eine direktere Einflussnahme vornimmt.

 

Doch die Aktivitäten Igor Chaikas sind nicht die einzigen auf dem moldauischen Medienmarkt, auch andere TV-Sender sind im Besitz russischer Staatsbürger. So sind bspw. die Hälfte der Anteile des Medienunternehmens „TV Communicatii Group“, die den Sender „RTR Moldova“ besitzt, in der Hand der Organisation „Rosmediakom“, die zahlreiche Medien verwaltet. „Rosmediakom“ wiederum ist im Besitz der staatlichen Medienholding VGTRK – der allrussischen staatlichen Fernseh- und Radiogesellschaft, welche die staatlichen Fernseh- und Radiosender in Russland kontrolliert. Die andere Hälfte von „TV Communicatii Group“ ist aufgeteilt zwischen der moldauischen „SB Grup Media SRL“ und Valentina Stetco. Über Stetco ist wenig bekannt. Es gibt Vermutungen, sie sei die Schwester des bekannten russischen Rechtsanwalts Anatoli Kutscherena, einem Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Kutscherena wurde in der damaligen Moldauischen Sowjetrepublik geboren und vertritt heute als Anwalt zahlreiche Prominente, u.a. den Whistleblower Edward Snowden und den ehemaligen Präsidenten der Ukraine Viktor Janukowitsch.
Quelle: Media-azi.md (2020) Television Stations Rooted Beyond Moldova. The Chaika Case and BC’s Intention to Limit the Equity Participation of Foreigners in Radio and TV

Weitere staatliche Maßnahmen auf dem moldauischen Fernsehmarkt

Doch dies sind nicht die einzigen Maßnahmen, wie Medien im Moment stärker unter Regierungseinfluss kommen. Eine Maßnahme ist bspw. eine Gesetzesänderung, die den Kabelbetreibern verbietet, ausländische Fernsehsender in ihr Angebot aufzunehmen, die Werbung oder Tele-Shopping übertragen. Dieses Gesetz ist seit Beginn des Jahres in Kraft und hat zur Folge, dass 90 Sender aus dem Angebot der Kabelnetzbetreiber gefallen sind. Dies bedeutet eine Halbierung des bisherigen TV-Angebots. Da davon zahlreiche westliche, unabhängige Sender betroffen sind, sind viele Stimmen für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich und eine freie Meinungsbildung kaum möglich.


Des Weiteren wurde ein besserer Zugang für regierungsfreundliche Fernsehsender gesichert. Am 1. März wurde der analoge Fernsehempfang abgeschafft und es fand ein Wechsel zum Digitalfernsehen statt. Der moldauische Rundfunkrat schrieb einen Wettbewerb aus für die letzten zwei freien Plätze im sogenannten digitalen Multiplex A-Empfänger. Letztendlich wurden der öffentlich-rechtliche Sender Moldova 2 und das private NTV Moldova, welches dem PSRM-Abgeordneten Corneliu Furculiță gehört, ausgewählt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Ruf regierungsnah zu berichten und bei NTV Moldova stammt mehr als die Hälfte des Programmes aus russischer Produktion. Somit wird die Dominanz der sozialistischen russlandfreundlichen Regierung Dodons weiter gefestigt. All dies sind mehrere Maßnahmen, die eine Russland-Annäherung durch die Regierung der Sozialisten deutlich machen. Insbesondere die direkte Besitzübernahme von Medien ist besorgniserregend.


Südosteuropa

In Südosteuropa ist Moldau mit dieser Form der Einflussnahme in einer Sonderstellung. Doch der russische Einfluss in den anderen Ländern ist nicht zu unterschätzen. Er findet in den anderen Ländern allerdings nicht über die direkte Besitzübernahme von Medien und Einschränkung auf dem Markt statt, sondern ist subtiler und indirekter. So ist zu beobachten, dass Russland in den anderen Ländern das Ziel verfolgt, Einfluss auf die Narrative zu nehmen und die öffentliche Wahrnehmung zu ändern. In der Region Südosteuropa hat Russland ein leichtes Spiel aufgrund der intransparenten Medienstrukturen und nur weniger unabhängiger Medien. Dabei übernehmen zahlreiche Medien die Narrative und Berichte russischer Staatsmedien wie Sputnik, Russia Today oder Russia Beyond. 

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Hendrik Sittig

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Leiter des Medienprogramms Subsahara-Afrika

hendrik.sittig@kas.de +27112142900

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