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"Die Welt kann viel von ihm erwarten"

Ein Jahr Papst Franziskus - Interview mit Prof. Rainer Bucher

Heute vor einem Jahr trat Franziskus sein Amt als 266. Papst der römisch-katholischen Kirche an. Der erste Lateinamerikaner und der erste Jesuit in diesem Amt sorgt mit seinem offenen und bescheidenen Auftreten seither immer wieder für Schlagzeilen, weniger jedoch durch Reformmaßnahmen der Kurie. Welche Bilanz lässt sich nach einem Jahr Pontifikat ziehen und was kann die Welt von diesem Papst erwarten? Darüber sprach Prof. Rainer Bucher vom Institut für Pastoraltheologie der Universität Graz im Interview mit KAS.de.

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Mit Franziskus steht ein Papst an der Spitze, der es mehr menscheln lässt als viele seiner Vorgänger und der damit viele Menschen, auch Nichtgläubige, für sich gewinnt. Für Prof. Rainer Bucher ein Zeichen dafür, dass Franziskus sein Selbstverständnis vom Zweiten Vatikanischen Konzil ableite, demzufolge die Kirche nicht für sich selbst da sei, nicht für ihre eigene Selbstbezüglichkeit und ihre interne Wahrnehmung, sondern dafür, ein Zeichen und ein Werkzeug der Liebe Gottes zu sein. „Das Dienende verkörpert dieser Papst in seiner ganzen Gestik und seiner ganzen Person in einer ungeheuer überzeugenden Weise“, so der Pastoraltheologe von der Universität Graz.

"Seine ruhige und entschiedene Art wird Früchte tragen"

Kritik, Franziskus gehe Reformen der Kurie nicht entschlossen genug an, sei verfrüht, denn es sei nicht einfach, eine große, alte und eingeschliffene Institution wie den Vatikan zu reformieren, so Bucher. Er glaube, der Papst habe eine jesuitische Vorgehensweise gewählt, indem er die Dinge zunächst analysiere, genau hinschaue, um dann mit einem entschiedenen Programm zu beginnen. „Ich bin überzeugt, dass diese ruhige und gleichzeitig entschiedene Art des jetzigen Papstes Früchte tragen wird.“

Mit seinen Worten von einer „barmherzigen Kirche“ hat der Papst bei vielen Menschen die Hoffnung auf eine weniger dogmatische Auslegung bei ethisch und moralisch schwierigen Fragen unserer Zeit geweckt. Nicht zu Unrecht, glaubt Bucher, denn der Papst hätte sich auch weniger umstrittene Themen zuwenden können. „Es geht zum Beispiel darum, dass die Kirche eine wirkliche Hilfe sein kann, wenn Menschen Partnerschaften eingehen und sich lieben.“ Auch in unübersichtlichen Beziehungszeiten der Gegenwart brauche es keine Sammlung von Vorschriften. Vielfach passiere das schon in der konkreten Praxis der Kirche. „Wenn es jetzt in den offiziellen und höheren Rängen der Kirche auch diese Umorientierung vor allem im Zugang auf die Menschen mit einem helfenden und begleitenden Zugang gibt, dann ist das ein großer Fortschritt und eine gute Hilfe für das Handeln der Kirche an der Basis.“

Persönliche Spiritualität und ernstgemeinte Bescheidenheit

In einem kürzlich erschienenen Interview mit einer italienischen Zeitung sagte Franziskus, er sei vor einem Jahr nicht angetreten, um die Kirche zu revolutionieren und er wehre sich dagegen, ihn als eine Art „Superman“ darzustellen. Bucher sieht das als Zeichen für die persönliche Spiritualität und ernstgemeinte Bescheidenheit des Papstes. „Ich glaube, dass die Welt viel von ihm erwarten kann - gerade eine Welt, die in ihrem globalisierten Kapitalismus in große Probleme hineintreiben wird und die eine Position braucht, die die Armen vertritt.“

Das komplette Interview finden Sie als Audio-Mitschnitt in der rechten Spalte.

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