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Veranstaltungsberichte

Globale Schuldenkrise und COVID19 – ein verlorenes Jahrzehnt für die Entwicklungszusammenarbeit?

von Frau Ruth Krötz
Welchen Einfluss hat die COVID19-Pandemie auf die Verschuldungssituation von Entwicklungsländern? Wie wirkt sich die drohende Schuldenkrise auf die Erreichung des SDGs aus? Wie kann Kreditvergabe für Entwicklungsländer nachhaltiger gestaltet werden - und wie kann sich die Weltgemeinschaft dabei einbringen? Über diese und weitere Fragen sprachen am 5. Mai die Teilnehmenden einer Onlinediskussion, die gemeinsam von den KAS-Büros Bonn, New York und Berlin der Konrad-Adenauer-Stiftung über Zeitzonen- und Landesgrenzen hinweg organisiert wurde.

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Zur Einführung erläuterte Dr. Ulrike Hospes die Aufgaben des von ihr geleiteten KAS-Büros in der Bundesstadt Bonn, die seit 1996 UN-Standort ist. Dazu gehöre es, den Diskurs zu UN-Themen in Deutschland anzustoßen und den Blick so über EU und transatlantische Beziehungen hinaus zu weiten. Die sich im Zuge der Pandemie-Bekämpfung rasant entwickelnden Schulden bedrohen existentiell die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung. Besonders betroffen sind Länder des Globalen Südens, die selbst kaum finanziellen Spielraum haben und daher von externer Finanzierung abhängig sind. Der drohende, schwer zu kalkulierende Domino-Effekt erhält jedoch wenig Aufmerksamkeit im politischen Diskurs in Deutschland. Die Rolle und Verantwortung Deutschlands in der Welt machen es also dringend notwendig, über dieses Thema zu sprechen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Key Note durch Sharon Spiegel (Chief, Policy Analysis and Development Branch, UN DESA), die die Haupterkenntnisse des Financing for Sustainable Development Report vorstellte, der im März 2021 veröffentlich wurde. Dabei hob sie besonders heraus, dass die durch die COVID19-Pandemie hervorgerufene weltweite Krise genutzt werden müsse, um das institutionelle Rahmenwerk in Richtung bestehender Addis Abeba Action Agenda für nachhaltige Finanzierung zu reformieren, um sie für die Herausforderungen u.a. der Digitalisierung zu wappnen.

In der darauffolgenden, von Andrea Ostheimer, Leiterin des KAS-Auslandsbüros New York, moderierten Podiumsdiskussion konzentrierte sich der Austausch zwischen Volkmar Klein, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Claudia Schütt, Referentin für Entschuldung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Thomas Schäkermann, Referent für Entschuldung im Bundesfinanzministerium und Kristina Rehbein von der Organisation „erlassjahr.de“ gemeinsam mit Sharon Spiegel auf die Analyse der Ursachen der sich zuspitzenden Schuldenkrise im Globalen Süden und die Frage, welche Lösungsansätze den betroffenen Ländern einen nachhaltigen Ausweg aus dem Dilemma bieten.

Bedeutsamkeit einer neuen Finanzarchitektur 

Volkmar Klein machte klar, dass eine Forderung nach einem pauschalen Schuldenerlass keinen nachhaltigen Ausweg aus der Krise biete. Zwar wirke ein Schuldenerlass kurzfristig hilfreich, allerdings seien im Hinblick auf künftige Kreditwürdigkeit langfristige Probleme bei weiterer Schuldenaufnahme zu erwarten. Ursache dafür sei das bis Juli 2021 laufende Schuldenmoratorium der G20 (Debt Service Suspension Initiative, DSSI), welches nicht von allen berechtigten Schuldnerländern angenommen worden sei, weil diese Nachteile bei Kreditaufnahme und erhöhter Zinsbelastung befürchteten. 

Klein betonte auch mehrfach, dass die Situation komplex sei und viele der Kredite gar nicht vom Pariser Club gehalten würden, sondern von Ländern wie China und Indien. Diese Länder sollten sich daher verstärkt in den Dialog um die neue Schuldenstruktur verantwortlich einbringen. Transparenz sei hier außerordentlich wichtig. Auch sprach er sich sehr dafür aus, stärker Aspekte der Good Governance zu berücksichtigen, um zu verhindern, dass Schulden aus dem Ruder laufen. Dr. Thomas Schäkermann wies auf die Bedeutung des von G20 und Pariser Club neu geschaffenen Common Framework for Debt Treatment hin, der auch neuen Kreditgebern wie China ermögliche, sich in globale Initiativen einzubringen und so auch zu einer Schuldenumstrukturierung beitragen könne. Weiterhin ermögliche der Common Framework die Einbindung von privaten Gläubigern an den Schuldenerleichterungen. Es handle sich um ein flexibles Instrument für fallweise Lösungen. Claudia Schütt betonte, dass der UN in der Kreditvergabearchitektur eine wichtige Rolle bei der Konsensvermittlung zwischen Schuldnern und Gläubigern beikomme, um strukturelle Reformen auf den Weg zu bringen, die zu verantwortlichem Verhalten auf Seiten der Schuldner wie auch der Gläubiger führen.

Transparenz auf allen Seiten

Claudia Schütt legte dar, dass bei der Lösung der Schuldenkrise kurzfristig der Fokus auf der Aufrechterhaltung der Liquidität der verschuldeten Länder liegen müsse, damit in der Pandemie ausreichend Mittel für die Rettung von Menschenleben zur Verfügung stehen. Dies müsse in einer solchen Lage im Zentrum des politischen Handelns stehen. Für einen nachhaltigen Ausweg der betroffenen Länder aus der Schuldenspirale sei es aber notwendig, langfristig zu handeln und dabei vor allem auf mehr Transparenz bei der Schuldenaufnahme und Kreditvergabe zu achten. Über die Bedeutung von Transparenz in diesem Zusammenhang waren sich alle Diskutanten einig. Kristina Rehbein betonte jedoch auch, dass die Entstehung von Schuldenkrisen nicht zwingend mit endogenen Ursachen wie Missmanagement und Korruption zusammenhänge. Stattdessen würden in guten Konjunkturzeiten reiche Länder oftmals überschüssige Liquidität in Länder des Globalen Südens exportieren, ohne dass diese Kredite in einer nachhaltigen Weise vergeben würden. Kontrovers diskutiert wurde, wer für die hohe Verschuldung in manchen Ländern die Verantwortung trage. Während Rehbein weiterhin auf die exogenen Faktoren von Krisen verwies, sah Volkmar Klein in den Fehlinvestitionen der Regierungen und Machtinhaber eine wichtige Ursache des Problems und wünschte sich dabei, dass die Kreditgeber hier genauer hinschauen sollten. 

Blick in der Zukunft

Einen Konsens fanden die Teilnehmenden auch hinsichtlich der Bedeutsamkeit des Kapazitätsausbaus, um Partnerländern das nötige Handwerkszeug gegen Misswirtschaft und Korruption zur Verfügung zu stellen und eine nachhaltige Finanzpolitik aufzubauen. Sharon Spiegel wies abschließend auf die Bedeutung von Eigenexpertise der Länder hin. Claudia Schütt führte den Bedarf noch weiter aus. Es brauche technischen Kapazitätsausbau, aber es bestehe auch Bedarf hinsichtlich finanzwirksamer Politikentscheidungen, etwa durch Priorisierung von Investitionsprojekten, effektive Korruptionsbekämpfung oder Public Private Partnerships. Damit wurde eine These bestätigt, die Sharon Spiegel gleich zu Beginn der Veranstaltung aufgestellt hatte: „Financing is not only about money, but also about policy.“

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