Veranstaltungsberichte
Das Bildungsforum Niedersachsen begrüßte im Best Western Hotel Helmstedt rund 60 interessierte Bürgerinnen und Bürger. Behandelt wurde die Zukunft des Konservatismus.
Nach einer kurzen Begrüßung und Hinführung zum Themenbereich durch Christoph Bors,den Leiter des Politischen Bildungsforums Niedersachsen, referierte Prof. Dr. Peter Nitschke von der Universität Vechta zur Begriffsdefinition, geschichtlichen Entstehung und Zukunft des Konservatismus.
Der Referent ist seit 1997 Dozent an der Universität Vechta und lehrt die Wissenschaft von der Politik. Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind die Politische Theorie und Ideengeschichte, insbesondere das politische Denken der Frühen Neuzeit. Sowie die Europäische Integration, die Globalisierung und das Politikfeld der Inneren Sicherheit. Er ist Mitherausgeber für das „Jahrbuch Politisches Denken“.
Zu Beginn erläuterte Nitschke zunächst die Grundlagen des Konservatismus. Dabei bezog er sich auf Edmund Burke, dieser gilt als geistlicher Begründer des Konservatismus. Laut seiner Definition zeichnet sich Konservatismus durch folgende Merkmale aus: Eine Ablehnung gegenüber radikalen Veränderungen und eine Befürwortung der Tradition, des Staates, der Nation, des Individuums, der Religion und des Privatbesitzes. Entstanden ist der Konservatismus im 18. Jahrhundert als Gegenbewegung zu den Umwälzungen der Französischen Revolution. Möchte man den Konservatismus einordnen, sei dieser zwischen dem Liberalismus und dem Sozialismus anzusetzen, zwischen Fortschritt und Status Quo.
Der „Konservative Typus“ sei laut Nitschke ein:
vernunftbetonter,
skeptischer,
pragmatischer,
religiöser,
metaphysischer
und pessimistischer Mensch.
Demnach würden die aufgeführten Charaktereigenschaften auf Konrad Adenauer, den ersten Bundeskanzler, zutreffen. Laut Prof. Nitschke sei das größte Problem des Konservatismus, die Deutsche Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus, welche eine Zäsur zwischen Weimarer Republik und Bundesrepublik darstellte.
In den Medien würde der Begriff „konservativ“ gleichgesetzt mit einer politisch rechten Einstellung. Der Referent kritisierte diese falsche Annektierung des Begriffes und erläuterte, dass der Konservatismus eine politische Grundhaltung sei, die in der Mitte der Gesellschaft begründet ist. Er fasste zusammen: es sei die Aufgabe des Konservatismus, Veränderungen wahrzunehmen, den notwendigen Handlungsbedarf zu untersuchen und letztendlich schrittweise neue Ansätze in Altbewährtes zu implementieren.
Beispielhaft führte der Referent die Politiker Adenauer und Kohl auf. Laut Nitschke hätten beide ihre persönlichen Einstellungen in gewissen Bereichen zu Gunsten der Gesellschaft zurückgestellt und Veränderungen vorgenommen.
Gemäß Nitschke sei der Konservatismus auch in der Präambel des Grundgesetzes wiederzufinden. Dort heißt es unteranderem „Verantwortung vor Gott“ und „von dem Willen beseelt“, für diese Wortwahl hätte sich Konrad Adenauer eingesetzt.
Diese Ausdrücke seien nicht nur stellvertretend für die Religiosität Adenauers sondern auch für seinen Pragmatismus und seine Skepsis. Die Wortwahl „die Verantwortung vor Gott“ verdeutliche laut Nitschke, dass sich die Gesellschaft nicht wie im Dritten Reich vor einem Staat oder sich selbst verpflichte, sondern vor der obersten Instanz. Die gerade erlebte Erfahrung, der Verpflichtung einem Staat gegenüber, habe sich zu einer Katastrophe entwickelt. Christliche Werte hingegen seien zeitlos und allgemeingültig. Man befände sich erneut in einem Zustand zwischen Pragmatismus und Skepsis, die Frage sei, ob der Konservatismus attraktive Lösungsansätze für die Zukunft anbiete.
Anknüpfend an die geschichtliche Entwicklung Deutschlands, schnitt der Referent thematisch die deutsche Leitkultur an und bat die Zuhörerschaft zu reflektieren, inwiefern der Konservatismus in der Leitkultur vorzufinden sei. Er folgerte, dass das Problem des Konservatismus die deutsche Vergangenheit zur Zeit des Nationalsozialismus sei. Prof. Nitschke kritisierte das Verständnis der politischen Einordnung als „rechts“. Rechts sei es, Probleme des kulturellen und religiösen Zusammenlebens sowie innen- und sicherheitspolitische Fragen wichtiger zu nehmen als sozialpolitische.
Er schloss seinen Vortrag mit dem Wunsch den Konservatismus als politische Grundhaltung auf die positiven Seiten zu überprüfen. Der Referent befürwortete Mut zum Konservatismus und vertrat diesen als mögliches Zukunftskonzept.
Im Anschluss war es den Zuhörern und Zuhörerinnen möglich, in einer Diskussion Herrn Prof. Nitschke Fragen zu stellen. Der Referent ging dabei auf alle Fragen ein und beantwortete sie ausführlich.