Veranstaltungsberichte
Prof. Dr. Antes erläuterte im Saal des vollbesetzten Hotels Lindenhof Nordsteimke zunächst den Begriff der Leitkultur. Ihm zufolge habe dieser Begriff abgrenzenden Charakter, da er sich mehrheitlich auf das christlich-jüdische Abendland beziehe, in welchem er Islam nicht mitinbegriffen ist.
Religiöser Pluralismus in Deutschland
Die aktuelle Entwicklung zeige, dass Deutschland - religiös gesehen - schon seit Jahrzehnten nicht mehr homogen, sondern vielmehr heterogen geworden ist. Es habe schon immer einen Import von anderen Religionen gegeben. So stammen der Buddhismus, der Islam und das Judentum aus dem Vorderen Orient, in dem Demokratie oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau ursprünglich nicht bekannt gewesen seien. Deshalb habe es lange gedauert, bis alle monotheistischen Religionen diese Prinzipien übernommen hätten.
Auch das Christentum sei längst zu einer Weltreligion mit vielen Facetten geworden. Es gebe nicht mehr nur den Katholizismus und den Protestantismus, sondern auch das orthodoxe Christentum und vermehrt christliche Freikirchen. Dies führt laut Prof. Dr. Antes unweigerlich dazu, dass die beiden größten Kirchen zunehmend nicht mehr das Monopol bei der Auslegung der Bibel haben, denn schon jetzt gehören keine 60% der Bevölkerung mehr einer der beiden Konfessionen an.
Weiterhin führte Prof. Dr. Antes aus, dass die Zukunft des christlichen Abendlandes ungewiss sei, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass ein Drittel der Deutschen mittlerweile konfessionslos ist. Er forderte daher von den Kirchen, sich vermehrt auf ihre Kernaufgaben zu zurückzubesinnen.
Deutsche Leitkultur
Zur Definition des Begriffs der deutschen Leitkultur zog der Referent das niedersächsische Schulgesetz §2 heran. Demnach sollen sich die Menschen anhand der Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und der Ideen der liberalen, demokratischen und sozialen Freiheitsbewegungen weiterentwickeln. Dazu gehört es, nach ethischen Grundsätzen zu handeln, die religiösen und kulturellen Werte zu achten, die Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten und den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere die Idee einer gemeinsamen Zukunft der europäischen Völker, zu erfassen und zu unterstützen. Gleichzeitig sollen Konflikte vernunftgemäß gelöst werden, umgekehrt aber auch Konflikte ertragen werden.
Prof. Dr. Antes beendete seinen Vortrag mit dem Wunsch nach Verteidigung der gemeinsamen Werte, die es ermöglichen, den religiösen Pluralismus als eine Bereicherung zu erleben.
Im Anschluss an den Vortrag hatten die Zuhörer noch die Möglichkeit, sich mit Fragen an den Referenten zu wenden. Dies wurde zahlreich genutzt - auch um auch kritische Fragen im Bezug auf religiösen Pluralismus und deutsche Leitkultur zu stellen.