„Zeitzeugen sind die besten Geschichtslehrer“
„Zeitzeugen sind die besten Geschichtslehrer“ – unter diesem Motto stand unsere Veranstaltung „Ich war Hitlerjunge Salomon“ am 14. Oktober 2021. Im Format eines Online-Gesprächs konnten Schülerinnen und Schüler des zehnten und dreizehnten Jahrgangs der Integrierten Gesamtschule Buchholz den Zeitzeugen Sally Perel und seine Geschichte als „Hitlerjunge Salomon“ kennenlernen. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Referentin Lina Berends mitsamt Vorstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., begann Herr Perel, von seiner Kindheit und Jugend als Jude während der NS-Zeit zu erzählen. Sally Perel, Jahrgang 1925, wurde in Peine als Sohn eines Rabbiners geboren. Seine Erlebnisse in den schicksalshaften Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft hat er 1990 in seinem Buch „Ich war Hitlerjunge Salomon“ zusammengetragen.
Zunächst berichtete Herr Perel von seiner glücklichen Kindheit in Peine, die im Jahr 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten eine Wende erfuhr. Die Abwehrstrategie des jungen Sally Perel bestand hauptsächlich aus einer Verdrängung der Ereignisse, bis im Jahr 1935 die Nürnberger Gesetze in Kraft traten. Infolgedessen durfte Perel seine Grundschule nicht mehr besuchen. Den Rauswurf aus seiner Grundschule beschreibt Perel noch heute als traumatisches Erlebnis. Während des Online-Gesprächs beschrieb der Zeitzeuge lebhaft die Auswanderung seiner Familie in die polnische Stadt Lodz, sowie den deutschen Angriff auf Polen. Nach der Niederlage Polens wurden die dort ansässigen Juden in Ghettos gebracht, so auch Sally Perels Familie. Dieser Zeitabschnitt sollte einer der prägendsten in Perels Leben werden. Anstatt sein Schicksal anzunehmen, floh der Junge mit seinem älteren Bruder vor den Nazis Richtung Osten in das sowjetische Gebiet Polens. Doch der Abschied von seinen Eltern war traurig, denn er geschah in der Gewissheit, dass es ein Abschied für immer sein könnte. Sally Perel lebte zwei Jahre in der Sowjetzone, ging zur Schule und wurde von der Begeisterung für die Siege Deutschlands im Krieg mitgerissen. Doch die Sehnsucht nach seiner Familie war immer groß, er beschrieb sie als „seelische Qual“. Im Jahr 1942 änderte sich Perels Leben dann erneut: Die Wehrmacht war in das sowjetische Gebiet vorgedrungen und Sally Perel musste erneut fliehen. Vor Minsk waren die Flüchtenden dann von der Wehrmacht eingekesselt. Sally sah, dass alle, die sich als Juden zu erkennen gaben sofort erschossen wurden. Kurzerhand vergrub er seine Ausweise und entschied sich, auf die Frage eines Wehrmachtssoldaten „Bist du Jude?“ mit einer Lüge „Nein, ich bin Volksdeutscher!“ zu antworten. Der Soldat glaubte ihm und von da an war Sally Perel Hitlerjunge und als Dolmetscher Teil der Wehrmacht auf dem Ostfeldzug. Im Winter 1943 kam Sally dann nach Braunschweig an die Akademie für Jugendführung der Hitlerjugend, wo er, immer in der Angst entdeckt zu werden, die folgende Zeit verbrachte. Zum Ende des Krieges musste Sally Perel dann während des „Volkssturms“ an der Front kämpfen. Nach dem Ende des Krieges emigrierte Perel nach Israel.
Neben seiner persönlichen Geschichte von Zerrissenheit und Traumata, schaffte Sally Perel es geschickt, die Schülerinnen und Schüler in ihrer eigenen, aktuellen Welt und mithilfe von präsenten Beispielen abzuholen. In der anschließenden Fragerunde bekamen die Jugendlichen außerdem Gelegenheit, vertieft persönliche Fragen („Hatten Sie eine Freundin während Ihrer Zeit bei der Hitlerjugend?“) zu stellen.