Am Abend des 15. Februar 2022 begrüßte das Politische Bildungsforum Niedersachsen der Konrad-Adenauer-Stiftung von 18:30 bis 20:00 Uhr die Holocaust-Überlebende Eva Umlauf zum Zeitzeugengespräch.
Nach einer kurzen Begrüßung und Einleitung durch die Referentin Frau Berends begann Frau Umlauf ihre Geschichte in einer Mischung aus freiem Vortrag und kurzen Leseeinschüben aus ihrem, für die Veranstaltung titelgebenden, 2016 erschienenen Buch „Die Nummer auf deinem Unterarm ist blau wie deine Augen“ zu erzählen.
Eva Umlauf ist eine der jüngsten Überlebenden des Holocausts. Geboren wurde sie an einem bitterkalten 19. Dezember 1942 im slowakischen Arbeitslager Nováky. Trotz der unmenschlichen Bedingungen im Lager war sie bei der Geburt gesund. Dass ihre Mutter ihr den christlichen Namen Eva Maria gab, verwunderte viele jüdische Zeitgenossen, sei aber in der Familie nicht ungewöhnlich, sowohl ihre Mutter als auch deren Großmütter hätten germanische Namen getragen und auch christliche seien immer wieder im Stammbaum zu finden.
Vor dem 2. Weltkrieg habe ihre Familie in der Slowakei nicht besonders fromm gelebt, bis auf die großen Feiertage habe man die Religion nicht sehr ernst genommen. Aus der Verwandtschaft überlebten nur Eva, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester Nora, die im April 1945 im befreiten Auschwitz geboren wurde.
Die Slowakei sei, anders als das besetzte Polen, ein Vasallenstaat des Deutschen Reiches gewesen, der sich mindestens bis zum August 1944, als das Land schließlich doch besetzt wurde, bereitwillig am Holocaust beteiligt habe. Der 1941 erlassene Judenkodex sei vergleichbar mit den Nürnberger Gesetzen gewesen. Frau Umlaufs Urteil: „Nicht in irgendwas besser als die Deutschen.“ Im Zuge der Besatzung seien die Arbeitslager aufgelöst worden, weshalb Frau Umlauf mit ihren Eltern Ende 1944 nach Auschwitz deportiert wurde. Drei Tage bevor ihr Zug sein Ziel erreichte fanden dort die letzten Vergasungen statt.
Obwohl die Front dort immer näher rückte und die SS-Wachmannschaften mit der Evakuierung stark beschäftigt waren, bekam sie noch die KZ-Nummer, ein „Symbol vollkommener Entmenschlichung“, eintätowiert. Dieses Tattoo trägt Eva Umlauf bis heute. Sie habe keine Erinnerung an eine Zeit ohne die Nummer. Diese sei für sie eine Verbindung mit Schicksalsgenossen, eine Mischung aus „Totenehrung und Lebensbejahung“. Ihr Vater wurde im Gegensatz zur Mutter und Eva bei der Evakuierung für transportfähig befunden und musste den Todesmarsch antreten.
Nach der Befreiung des Lagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 blieb ihre Familie noch bis nach der Geburt von Evas Schwester Nora dort. Dann traten sie den langen Marsch zurück in die Slowakei an. Später wurde das Überleben der Kinder in der Dorfgemeinschaft als Wunder aufgefasst.
Frau Umlauf wurde Kinderärztin, promovierte 1966 und heiratete im gleichen Jahr ihren ersten Mann, einen polnischen Shoah-Überlebenden. 1967 wanderte sie, die die furchtbarsten Auswüchse der braunen Diktatur erlebt hatte, nach Deutschland, in das „Land der Täter“ aus.
Im Anschluss an den Vortrag hatten die online zugeschalteten Hörer die Gelegenheit Fragen zu stellen. Besonders interessierte Frau Umlaufs Verhältnis zu Deutschen nach der Einwanderung. In der Anfangszeit habe man gar keinen Kontakt außerhalb der jüdischen Gemeinde gepflegt, dies änderte sich als ihr Mann starb und sie als Witwe mit Kind Arbeit suchte. Dies sei äußerst schwierig gewesen, aber primär wegen ihres Geschlechts und der Situation als alleinstehende Mutter, nicht wegen des jüdischen Hintergrunds.
Besorgt äußerte sich Frau Umlauf über den von Teilnehmern der Veranstaltung wahrgenommenen schärfer gewordenen Umgangston in der Corona-Pandemie und die erneut wachsende Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland.