„Faszination China“, so begründete Thomas Awe das große Interesse am Auftakt der Veranstaltungsreihe „Demokratie?! Rund um die Welt“ zum Thema „Hongkong - Chinas Außenposten für die Welt“. Die im Rahmen des Sonderprojektes „Gemeinsam.Demokratie.Gestalten.“ geplante Veranstaltung fand am 27.11.2019 im Gartensaal des Neuen Rathauses mit 102 Teilnehmern in Hannover statt. Nach der Begrüßung und Einleitung zur aktuellen Lage durch Manuel Ley, Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, legte David Merkle, Länderreferent der Konrad-Adenauer-Stiftung für China, mit seinem Inputvortrag die inhaltliche Grundlage der Veranstaltung.
Dort beschrieb er zunächst die derzeitige Situation Hongkongs in Bezug auf die friedlichen Wahlen am Wochenende. Damit sich die Teilnehmer ein differenziertes Bild über die Situation machen konnten, ging Merkle auf die Geschichte der Sonderverwaltungszone ein.
Honkong als Kronkolonie des Britischen Königreichs, kam zu großen wirtschaftlichen Erfolgen, der unter anderem durch die Ausbeutung von Festlandchinesen vorangetrieben worden sei. Für das Festland gelte Hongkong bis heute als Demütigung durch den Westen. Der wirtschaftliche Erfolg entwickelte sich durch Exporte von Leichtindustrie und Textilien und würde heute durch die IT-Branche und das Finanzwesen weiterbestehen. Das Konstrukt „Ein Land - zwei Systeme“ ist seit den 1980er Jahren maßgebend für die Beziehung zwischen der Sonderverwaltungszone und der Volksrepublik. Während Festlandchina weiter sozialistisch blieb, sei in Hongkong ein demokratischer Staat aufgebaut worden, der seit auslaufen des Pachtvertrages 1997 innerhalb von 50 Jahren wieder vollkommen in die Volksrepublik integriert werden soll.
Im Anschluss folgte eine von Thomas Awe, dem ehemaligen Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in China, moderierte Diskussionsrunde mit: David Merkle, Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Sascha Klotzbücher von der Universität Göttingen und den Journalisten Finn Mayer-Kuckuck und Shi Ming. Die aktuellen Proteste, die sich dieses Jahr mehr als deutlich gezeigt hatten, waren maßgeblich an der Gestaltung des Abends beteiligt und sorgten somit nicht nur in Hongkong für Schlagzeilen. Sowohl für Peking als auch für die Welt wären die Proteste eine Überraschung gewesen. Einerseits für Peking, da die Hongkonger als sehr materialistisch und nicht als politisch aktiv angesehen wurden und „hätten es auch nicht zu sein“, aus Sicht der Regierung, so Shi Ming. Andererseits hätten auch Chinaexperten wie der Journalist Finn Mayer-Kuckuck vor ein paar Jahren nicht mit einem solchen Ausmaß an Protesten gerechnet. Die derzeitige Lage werde von der Welt genau beobachtet, so auch von Taiwan, das in Hongkong ein Beispiel sehe, wie Peking heute mit einmal getätigten Versprechen im Laufe der Zeit umgehe. Dies würde einen beträchtlichen Einfluss auf die kommenden Wahlen in Taiwan haben, meinte Merkle. Aber auch auf dem Festland würden die Proteste bereits Wirkung zeigen. Diese angestoßenen Denkprozesse könnten aber auch zu gewalttätigen Maßnahmen der Regierung in Peking führen, bemerkte Mayer-Kuckuck. Dr. Klotzbücher gab seine wissenschaftliche Meinung zu möglichen Nachahmungseffekten, die von Hongkong ausgehen könnten, wieder. Auf die Frage, ob Peking in Bezug auf Hongkong beunruhigt sein sollte, antwortete Shi Ming: „ Wenn ich im Politbüro säße, würde ich mir auch Sorgen machen“, hier bezog er sich auf die finanzielle Bedeutung Hongkongs für die Volksrepublik.
Seitens des Publikums taten sich unter anderem Rückfragen und Bedenken zur Industriespionage und feindliche Übernahmen von europäischen Unternehmen auf, sowie ein sehr leidenschaftliches Statement eines Gastes, der die Situation mit Blick auf die Haltung der deutschen Regierung kritisierte. Die Diskussion bot viele verschiedene Einblicke in die aktuelle Situation in Hongkong, die mit persönlichen Erfahrungen zusammen einhergingen. Obwohl es viele Kritikpunkte gäbe, wären sich alle Referenten einig: die Faszination Chinas bestünde weiterhin und das würde sich wohl für sie auch nicht mehr ändern.