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„Egal von welcher Seite man es betrachtet, Frauen werden im deutschen Erwerbsleben benachteiligt“, mit diesen Worten begann Hauptrednerin Eva Maria Welskop-Deffaa, hauptamtliches Ver.di-Bundesvorstandsmitglied, ihren 30-minütigen Vortrag. Um die Gründe für diese Benachteiligung aufzudecken, müsste man sich zuerst von gängigen Vorurteilen und Erklärungsmustern verabschieden, fuhr sie fort. So hieße es häufig, Frauen seinen seltener in Führungspositionen vertreten, weil sie aufgrund ihrer Kinder ihre Erbstätigkeit unterbrechen. „Jedoch haben 56% der Frauen in Führungspositionen Kinder und 61% dieser Kinder leben noch im Haushalt.“, argumentierte Ministerialdirektorin des Bundessozialministeriums a.D. mit Verweis auf eine Studie von Sinus Sociovision. Insgesamt hätten 44% der Frauen in Führungspositionen eine Erwerbsunterbrechung unternommen – genauso wie 25% der Männer in vergleichbaren Positionen. Unter Berücksichtigung der Kinderanzahl von Frauen in Führungspositionen sei klar zu erkennen, dass diese nicht der alleinige Grund für die Vormachtstellung der Männer sei. Trotzdem sei ein Ausbau der Kinderbetreuung wichtig. In den neuen Bundesländern – in denen die Versorgung der Kinder besser gewährleistet sei – seien auch mehr Frauen in Führungspositionen vertreten als in ihren westlichen Nachbarländern.
Eine Ursache für den mangelnden beruflichen Werdegang von Frauen sei die nach wie vor geltende traditionelle Rollenaufteilung. Einer Studie von SOEP zu Folge machten 86% der Frauen in Führungspositionen unter der Woche mindestens eine Stunde Hausarbeit, unter ihren männlichen Kollegen betätigen sich nur 51% ähnlich lange im Haushalt. Diese Doppelbelastung von Beruf und Hausarbeit führe dazu, dass Frauen entweder versuchten alles „schneller und besser“ machen, d.h. indem sie ihre Effizienz steigerten und weniger schliefen, oder dass sie ihre eigenen Qualitätsansprüche reduzierten. Sie arbeiteten also nur in Teilzeit oder verzichteten auf ihre Freizeit, was jedoch häufig zur Unzufriedenheit beitrage. Nur wenige Frauen erhielten gleichberechtige Unterstützung im Haushalt durch ihren Lebenspartner.
In den Augen der meisten Männer stiegen Frauen ohnehin nur in das Erwerbsleben wieder ein, da es wichtig für eigenes Selbstwertgefühl sei. Diese Wahrnehmung unterscheide sich aber sehr von der der Frauen. Nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums würden von fast 80% der Frauen ihre finanzielle Sicherung im Alter sowie die Existenzsicherung der Familie als Hauptgründe für den beruflichen Wiedereinstieg nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung benannt. „Dieser kleine, aber feine Unterschied in der Einschätzung stellt ein großes Problem dar“, so Welskop-Deffaa. Sei der Mann der Auffassung, seine Frau beginne wieder zu arbeiten, um die Existenz der gemeinsamen Familie bzw. ihre Rente zu sichern, hätte sie Anrecht auf seine volle Unterstützung, gehe es seiner Frau jedoch primär um ihre persönliche Selbstverwirklichung, läge es in erster Linie an ihr, diese auch umzusetzen.
Ebenen jene persönliche Selbstverwirklichung fänden insgesamt nur 33% der Familienväter an einer Frau sympathisch. „Liebevolle Fürsorge für die Kinder“ hingegen wirke auf 85% der Familienväter und fast 80% der Singles attraktiv. „Das ist auch generell nichts schlechtes“, beschwichtigte die dreifache Mutter. „Auch meine Kinder haben von meiner mütterlichen Fürsorge profitiert. Jedoch muss man die Studie im Kontext betrachten.“ Denn nicht nur persönliche Selbstverwirklichung, sondern auch berufliche Kompetenz, Unabhängigkeit und „Karriere machen“, fänden die meisten Männer – und insbesondere jene mit Kindern – nicht besonders sympathisch an einer Frau. Lediglich 21% der Familienväter schätzen berufliche Kompetenz an ihrer Partnerin und nur 11% bzw. 5% von ihnen fänden Unabhängigkeit bzw. Karrierestreben sympathisch.
„Bei so mächtigen Rollenbildern reichen politische Maßnahmen wie das Elterngeld nicht aus“, summierte Welskop-Deffaa in ihrem Fazit. Dabei seien in 30% bis 50% der Familienhaushalte die Frau zumindest phasenweise die Haupternährerin, in 20% sogar die meiste Zeit über. Die sogenannten Gender Pay Gaps wirkten sich also nicht nur auf die Alterssicherung der Frauen aus, sondern verschlechterten aufgrund der unbereinigten Lohnlücke (Durchschnitt aller Bruttostundenlöhne) von 22% auch den Lebensstandard der ganzen Familie.
Auch die nachfolgende Podiumsdiskussion, moderiert von Mechthild Schramme-Haack,
Vorsitzende Landesfrauenrat Niedersachsen, zwischen Mina Amiry, Krankenschwester und ehrenamtlich in der Integrationsarbeit tätig, Dr. Gisela Notz, freiberufliche Autorin und Almut Detert, Kreisvorsitzende der Landfrauen Altkreis und Stadt Osnabrück, handelte neben den Zukunftsaussichten des freiwilligen Engagements von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So antwortete Mina Amiry auf die Frage, wie sie ihre Arbeit als Krankenschwester mit der Erziehung ihrer Kinder unter einen Hut bekam: „Ich habe eine lieben Mann“, und lächelte ins Publikum.
Die Vorträge von Frau Eva Maria Welskop-Deffaa und Herrn Uwe Harten, IAB Niedersachsen-Bremen, können Sie als PDF-Datei downloaden (rechte Seite).