Veranstaltungsberichte
Gerd Ganteför von der Universität Konstanz polarisiert. Er steht dafür ein, mehr „Seriosität in die aufgeladene Debatte“ um erneuerbare Energien und Klimawandel zu bringen. In seinem Vortrag beleuchtete der Autor des Buches „Klima – Der Weltuntergang findet nicht statt“ nicht bloß die bekannten Folgen des Klimawandels, sondern widmete sich einem weiteren Problem, das eng mit dem Klima und der Energiefrage verknüpft ist: Dem Bevölkerungswachstum.
Alle 12 Jahre würde die Bevölkerung der Welt um eine Milliarde Menschen wachsen, „so viel wie heute in ganz Afrika leben“, so Gerd Ganteför. Heute leben ca. 6,9 Milliarden Menschen auf der Erde. Laut Schätzungen könnten dauerhaft nur etwa 5 - 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Die Klimaerwärmung und der Bevölkerungsanstieg sind laut Gerd Ganteför keine voneinander unabhängigen Probleme. So verbrauchen mehr Menschen, die zudem einen höheren Wohlstand anstreben, mehr Energie und verbrennen mehr fossile Brennstoffe. Der Bevölkerungsanstieg wiederum sei mit fehlendem Wohlstand verbunden. „Je ärmer die Menschen, desto mehr Kinder bekommen sie“, so Gerd Ganteför. Um das Bevölkerungswachstum einzudämmen müsse man den Wohlstand in den armen Regionen auf der Erde erhöhen. Und Voraussetzung für ein Wirtschaftswachstum sei preiswerte Energie.
Energie dürfte einem Land maximal 10% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) kosten, führte Ganteför aus. Bei höheren Ausgaben für Strom käme es zu einer Reduzierung von Mitteln für Bildung, Infrastruktur und Soziales. Derzeit machten in Deutschland die Energiekosten ca. 6 % des BIP aus. Um nicht über die Schwelle von 10 % zu kommen, könnten reiche Industrieländer maximal 6 - 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh) Strom bezahlen, arme Länder lediglich 2 - 3 Cent pro kWh.
Preisgünstig ließe sich Energie laut Ganteför lediglich mit Kohle, Erdgas, Erdöl, Uran und Wasserkraft erzeugen lassen. Die Preise pro kWh liegen bei diesen Energiequellen zwischen 2 und 5 Cent. Windenergie sei mit 8 – 20 Cent pro kWh lediglich für die Industrieländer finanzierbar. Photovoltaik hingegen sei „die teuerste Art“ Energie zu erzeugen. Photovoltaikstrom koste derzeit zwischen 30 bis 50 Cent pro kWh. Neben den hohen Kosten benötigten Photovoltaik-Anlagen außerdem eine enorme Fläche.
Außerdem sprach Ganteför über die „Exoten“ der erneuerbaren Energien, unter anderem über Geothermie, Aufwind und Fusion. In einigen von ihnen stecke Potential. Von der Möglichkeit, Solarstrom aus der Sahara zu importieren, zeigte sich Ganteför wenig überzeugt. Schließlich würden die Afrikaner aufgrund ihres Bevölkerungswachstums diese Energie selbst dringend benötigen. Ferner wieß er auf die politisch Konfliktsituation in Nordafrika hin. Schließlich müssten die zum Transport des Stroms nach Europa nötigen Leitungen mitten durch diese instabilen Länder laufen.
Die Bemühungen Deutschlands um die Reduktion seiner CO2-Ausstöße würden praktisch keine Auswirkungen auf die globale Kohlendioxid Bilanz haben, bilanzierte Ganteför. Die Industrieländer sollten lieber ärmeren Ländern beim Bau moderner Kohlekraftwerke helfen. Damit könne schon mehr CO2 eingespart werden als durch Maßnahmen im Inland. Das gleiche gelte auch für die Kernenergie. Ganteför sprach sich abschließend sehr wohl für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien, insbesondere im Bereich der Windenergie, der Geothermie und der Fusion aus.
Hannes Hogeback