Länderberichte
Josipovic hatte seinen Wahlkampf, der etwa 10 Mio. € gekostet haben dürfte, auf das Thema „Wahrheit und Klarheit“ abgestellt. Damit zielte er indirekt sowohl auf die von aktuellen Korruptionsskandalen gebeutelte Mitterechts-Regierung, als auch direkt auf seinen Konkurrenten. Bandić dagegen versuchte in den letzten beiden Wochen mit ca. 20 Mio €, diejenigen zu gewinnen, die im ersten Wahlgang nicht den SDP-Kandidaten bevorzugt hatten. Deshalb stilisierte er sich als Kandidat „aller“ Kroaten und versuchte, Josipović als SDP-Parteikader und „rote Gefahr“ in die (linke) Ecke zu stellen.
Diese Strategie konnte nicht erfolgreich sein. Die Öffentlichkeit nahm den SDP-Kandidaten in seiner verbindlichen, jovial-langweiligen Art nicht als profilierten „Roten“ wahr. Auch einige missglückte Auftritte in Talkshows trugen nicht dazu bei, das Ansehen des Bürgermeisters zu steigern. Ihm gelang es selbst in seiner Hochburg Zagreb nicht, über 37 % zu kommen. Was Bandic aber das Genick gebrochen haben dürfte, war die vermutete oder tatsächliche Nähe zum ehemaligen Premierminister Ivo Sanader. Dieser hatte eine Woche vor dem zweiten Wahlgang verkündet, vom überraschenden Rücktritt als Premierminister Mitte letzten Jahres wieder zurücktreten zu wollen und ins Parlament zurückzukehren. Die Amtsinhaberin, Premierministerin und Parteivorsitzende der konservativen HDZ (Kroatische Demokratische Union) fasste dies als Kriegserklärung auf, zumal ihr ehemaliger Chef sie für die Wahlniederlage bei den Präsidentschaftswahlen verantwortlich machte. Sie sorgte dafür, dass der HDZ-Ehrenpräsident kurzerhand aus der Partei ausgeschlossen wurde.
Die konservative Regierungskoalition wird sich nun mit einem „linken“ Präsidenten auseinandersetzen müssen. Josipovic hatte schon im Wahlkampf deutlich gemacht, sich aktiv in die Politik „einbringen“ zu wollen. Die kroatische Verfassung gibt ihm dazu die notwendigen Möglichkeiten. Der kroatische Staatspräsident ist im Frieden und im Krieg Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Vorsitzender des nationalen Sicherheitsrates, hat ein Mitspracherecht bei der Besetzung höherer Posten im diplomatischen Dienst und beim Militär. Neu ist diese „Quasi-Cohabitation“ nicht. Bereits sein Vorgänger Stjepan („Stipe“) Mesic hat von diesen Möglichkeiten zehn Jahre lang ausgiebig Gebrauch gemacht und oft für Dissonanzen mit der Regierung gesorgt. Es ist aber damit zu rechnen, dass die amtierende Premierministerin und der neue Präsident besser harmonieren werden als das Gespann Sanader-Mesic. Sie gehören zwar unterschiedlichen politischen Lagern an, gemein ist ihnen aber ein eher auf Konsens und Verbindlichkeit angelegter Charakter und gemeinsame politische Ziele: Kampf gegen die Korruption und EU-Beitritt im Jahr 2012.
Verlauf und Ausgang der Präsidentenwahl haben auch ihre Auswirkungen auf die beiden großen Parteien. Die SDP hat nicht nur die Wahl gewonnen, sondern deren Vorsitzender Milanovic bekommt nun in den innerparteilichen Auseinandersetzungen um seine Person und seinen Führungsstil eine Atempause. Sein Dauerrivale Milan Bandic ist zunächst isoliert und wird sich z.B. nur durch die Gründung einer neuen Partei aus dieser misslichen Lage befreien können. Die HDZ hat die Wahl zwar verloren, ihre Vorsitzende und Premierministerin hat aber ihre Machtposition in Partei und Regierung durch konsequente Korruptionsbekämpfung und Kaltstellung ihres Amtsvorgängers und anderer Opponenten stärken können.
Themen
Über diese Reihe
Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist in rund 110 Ländern auf fünf Kontinenten mit einem eigenen Büro vertreten. Die Auslandsmitarbeiter vor Ort können aus erster Hand über aktuelle Ereignisse und langfristige Entwicklungen in ihrem Einsatzland berichten. In den "Länderberichten" bieten sie den Nutzern der Webseite der Konrad-Adenauer-Stiftung exklusiv Analysen, Hintergrundinformationen und Einschätzungen.