Länderberichte
Sanader machte deutlich, in Zukunft keine wichtigen politischen Ämter mehr zu übernehmen. Er könne sich aber vorstellen, als Ehrenvorsitzender der HDZ weiterhin zur Verfügung zu stehen. Weiterhin forderte er den HDZ-Fraktionsvorsitzenden Andrija Hebrang auf, sich innerhalb der kommenden 24 Stunden hinsichtlich einer möglichen Kandidatur für die im Januar kommenden Jahres anstehenden Präsidentschaftswahlen zu erklären.
Als Nachfolgerin im Amt der Premierministerin und auch als HDZ-Vorsitzende nannte er die bisherige stellvertretende Premierministerin Jadranka Kosor, eine langjährige Wegbegleiterin und enge Vertraute Sanaders. Auch der Bildungsminister Prof. Dr. Dragan Primorac, der schon seit längerem als amtsmüde galt, erklärte seinen Rücktritt. Falls der kroatische Präsident Stjepan Mesic Frau Kosor mit der Regierungsbildung beauftragt - womit zu rechnen ist - hat diese drei Tage Zeit, ihr neues Kabinett zu bilden und vom Parlament gewählt zu werden. Als neuer stellvertretender PM ist der bisherige Landwirtschaftsminister Bozidar Pankretic (HSS/Bauernpartei) im Gespräch, der wiederum durch Dezentralisierungsminister Petar Cobankovic (HDZ) ersetzt werden soll.
Auch die HDZ wird kräftig durcheinander gerüttelt: fast zeitgleich zu Sanader trat der langjährige Generalsekträr Ivan Jarnjak zurück. Der neue, Branko Bacic, war bis jetzt Staatssekretär im Verkehrs- und Meeresministerium und ist in der Partei und in der Öffentlichkeit ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. An die Stelle der bisherigen stellvertretenden Parteivorsitzenden Kosor soll der Gesundheitsminister Darko Milinovic treten. Nach einer noch anstehenden Änderung der Parteistatuten werden zusätzlich vier Vizevorsitzende installiert: der bisherige Generalsekretär Jarnjak, der Verkehrsminister Kalmeta, Finanzminister Suker und Minister Cobankovic, die alle bereits dem HDZ-Vorstand angehören.
Der Sanader-Rücktritt kam für alle politischen Beobachter vollkommen überraschend. Die kurz- und langfristigen Folgen sind derzeit kaum überschaubar. Das KAS-Auslandsbüro Kroatien wird in Kürze weitere Berichte folgen lassen.
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