Veranstaltungsberichte
Nigeria war etwa dreißig seiner gut fünfzig Jahre Unabhängigkeit eine Militärdiktatur, die nur von kurzen demokratischen Episoden unterbrochen wurde. Seit 1999 befindet es sich in einem andauernden Transformationsprozess zu einem demokratischen Rechtsstaat. Die Wahlen von 2015 waren trotz Unregelmäßigkeiten und Gewalttaten die besten seit der Unabhängigkeit und die Regierung wurde an die Oppositionspartei APC abgegeben.Trotzdem ist die innere Stabilität Nigerias erheblichen Belastungen ausgesetzt. Etwa 40 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, davon hat mindestens die Hälfte auf absehbare Zeit keine Aussicht auf Arbeit und gesicherte Lebensbedingungen. Es gibt extreme sozioökonomische Verwerfungen, welche Kriminalität und die Hinwendung zum Terrorismus, egal ob politisch oder religiös begründet, fördert.
Die terroristische Vereinigung Boko Haram im Nordosten des Landes wird erfolgreich bekämpft, aber kurz nach den Wahlen 2015 entstanden im Nigerdelta neue Milizen, welche die für die Staatseinnahmen so wichtigen Ölpipelines zerstören und Angst und Terror verbreiten. Daneben gibt es im Norden und Süden des Landes kriminelle Banden und Entführungen. Die Zentral- und Bundesstaatenregierungen dürfen keine Zeit verlieren, neben den Sicherheitsfragen auch die wirtschaftlichen und politischen Problembereiche des Landes anzugehen, um die Bevölkerung und auch das demokratische System vor einem abgleiten in organisierte Gewalt zu schützen. Es ist unabdingbar, zeitnah auch die breite Masse der Bevölkerung an der sozioökonomischen Entwicklung teilhaben zu lassen und die Korruptionsbekämpfung durch die neue Regierung fortzusetzen.
Insgesamt gibt Nigeria ein zwiespältiges Bild ab: zunehmende Demokratisierung bei gleichzeitig intensiver werdender terroristischer Bedrohung; offiziell hohe Wachstumsraten, mit denen aber keine sichtbare Entwicklung verbunden ist; nicht besser werdende Energieversorgung;schlechte Infrastruktur generell, ein katastrophales Bildungssystem etc.
Eine bessere Aufgabenteilung zwischen Bundesstaat und Bundesländern ist dringend erforderlich, um die größten Probleme erfolgversprechend angehen zu können. Die neuen Landesparlamente und Landesregierungen haben die Aufgabe die Zentralregierung in allen Fragen der nationalen Entwicklung und zu Strategien und Management der Wirtschaftspolitik zu beraten und eigenständig Gesetze einzubringen sowie auf Landesebene die Wirtschafts- und Sozialstruktur zu verbessern.
Instrumente zur effektiveren Parlamentsarbeit und Kenntnisse zur Zusammenarbeit von Parlamentariern mit der eigenen Parlamentsverwaltung, Parteien und Exekutive sind dringend notwendig, damit die Reformpläne des Präsidenten in die Praxis umgesetzt werden können. Durch das Besuchsprogramm in Deutschland bot sich die Möglichkeit durch Information, Gedankenaustausch und Diskussion sowie praktischer Beispiele die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tätigkeit der Parlamente und einer sinnvollen Zusammenarbeit mit den Parteizentralen und den Wählern wesentlich zu verbessern.
Verantwortlich für die Organisation und Durchführung des Besucherprogramms von Seiten des Teams Inlandsprogramme: Dr. Tobias Rüttershoff. Begleitung: Hildegard Behrendt-Kigozi; Leiterin des Auslandsbüros Nigeria.
Themen
Über diese Reihe
Die Konrad-Adenauer-Stiftung, ihre Bildungsforen und Auslandsbüros bieten jährlich mehrere tausend Veranstaltungen zu wechselnden Themen an. Über ausgewählte Konferenzen, Events, Symposien etc. berichten wir aktuell und exklusiv für Sie unter www.kas.de. Hier finden Sie neben einer inhaltlichen Zusammenfassung auch Zusatzmaterialien wie Bilder, Redemanuskripte, Videos oder Audiomitschnitte.