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Das Innenministerium hat am 20. August den Ausnahmezustand ausgerufen und versperrte an der Südgrenze zu Griechenland ca. 5.000 Flüchtlingen den Weg durch Mazedonien. Das erlaubte der Regierung, geltende Bestimmungen außer Kraft zu setzen und der Polizei durch den Einsatz des Militärs zu helfen. Doch schon am Samstag musste die Grenze wieder geöffnet werden. Selbst mit vereinzeltem Einsatz von Blendgranaten konnte der massive Andrang der Flüchtlinge nicht aufgehalten werden. Die Regierung hat nach anfänglicher Unsicherheit nun einen pragmatischen Weg eingeschlagen. Endlich werden Sonderbusse und -züge für einen geordneten Weitertransport nach Serbien zur Verfügung gestellt. Ein Fahrschein kostet pro Person 10,- Euro.
Vor Ausrufung des Ausnahmezustandes spielten sich auf dem Bahnhof der Grenzstadt Gevgelija dramatische Szenen ab, die in Bildern um die Welt gingen. In den Medien wurde einhellig von der Überforderung der Behörden vor Ort berichtet. Zum damaligen Zeitpunkt stimmte das nicht, da die Polizei die Situation schlichtweg ignorierte und gar nicht gewillt war, ordnend einzugreifen. Für die Registrierung von ca. 2.000 Flüchtlingen standen nur fünf Polizeibeamte und vier Helfer von dem UN-Flüchtlingshilfswerk zur Verfügung, die am Tag „nur“ 400 bis 500 Anträge bearbeiten konnten. Das im Juni verabschiedete Gesetz, welches den Flüchtlingen nach der Registrierung 72 Stunden Zeit gibt, legal durch Mazedonien zu reisen, geriet so zur Farce.
Nach offiziellen Angaben reisten allein in den letzten drei Monaten über 50.000 registrierte Flüchtlinge durch Mazedonien. Die reelle Zahl ist nicht greifbar. Die Vereinten Nationen rechnen in den nächsten Monaten mit 3.000 Flüchtlingen pro Tag. Momentan überqueren täglich ca. 800 die Grenze. Damit hat sich Mazedonien zu einem Transitland entwickelt. Die Behörden sind jetzt redlich bemüht, der Situation Herr zu werden. An der Grenze zu Griechenland gibt es inzwischen ein „Empfangszentrum“ für die Registrierung und ein Auffanglager ist im Entstehen. Die Versorgung der Flüchtlinge mit Wasser und Nahrung hat sich deutlich verbessert.
Die Regierung und die Bürger Mazedoniens fühlen sich von der EU im Stich gelassen. Sie fragen sich, warum die Behörden in Griechenland keine Verpflichtung verspüren, die Flüchtlinge zu registrieren und Griechenland als EU-Mitgliedsland die Grenzen öffnen darf. Am Abend des 26.08. verbreitete sich die Nachricht rasch, dass die EU 1,5 Mio. Euro und Deutschland 1 Mio. Euro für die Transitländer der Balkanroute an Soforthilfe zur Verfügung stellen. Hinzu kommen weitere acht Millionen Euro an Flüchtlingshilfe der EU für den Westbalkan und der Türkei. Die Ergebnisse der Balkankonferenz in Wien (Infrastrukturprojekte, Kooperation der Jugendwerke) werden als ersten Impuls zur Ursachenbekämpfung der Flüchtlingswelle angesehen.
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