Veranstaltungsberichte
Als Ausländer ist es sehr schwer, die Rechtsstaatlichkeit eines anderen Landes ein-zuschätzen. Meine Erfahrungen mit den Mazedonischen Behörden bisher, bei der Er-teilung meiner Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung, waren sehr positiv. Ich denke, wenn ich dieses Land mit meinen bisherigen Aufenthalten als Vertreter der KAS vergleiche, dann ist Mazedonien weit davon entfernt ein dysfunktionaler Staat zu sein. Das bedeutet jedoch keinesfalls dass man auf starke Institutionen, Verbesserungen und Reformen gemäß der Empfehlungen der EU verzichten kann.
2. Sie sagten einmal, sie finden die Tatsache, dass die politisch Verantwortlichen die internen Probleme nicht alleine lösen können und immerzu nach Hilfe von außen rufen, seltsam. Andererseits setzt sich EU-Kommissar Hahn für den Einsatz internationaler Experten bei der Prüfung der Wahllisten ein, um keine Zweifel aufkommen zu lassen. Warum hat die internationale Vermittlung noch zu keinen Ergebnissen geführt?
Ich habe bereits öfter gesagt dass ich wirklich nicht verstehe warum Mazedonische Politiker, Politiker mit guter Bildung, ihre eigenen Probleme nicht selbst lösen können. Als Bürger der Bundesrepublik Deutschland wäre ich erstaunt, wenn nicht sogar wütend, wenn meine Politiker im Deutschen Bundestag bei der Lösung ihrer eigenen nationalen Probleme auf internationale Hilfe angewiesen wären.
EU-Kommissar Hahn, genau wie alle anderen Politiker der EU, sind aufgrund der politischen Krise in Mazedonien tief besorgt. Sein Vorschlag könnte in Betracht gezogen werden, meiner bescheidenen Meinung nach hat die staatliche Wahlkommission, eine unabhängige Instanz bestehend aus Vertretern aller politischer Parteien, gute Arbeit geleistet indem sie die Wählerliste bereinigt und jetzt alle Bedingungen zum Abhalten der Wahl erfüllt hat.
Aufgabe des Vermittlers ist es, zu vermitteln, und nicht die Probleme zu lösen. Die Probleme sollten von den Verhandlungsteilnehmern selbst gelöst werden.
3. Haben Sie den Eindruck dass „Ausländer“ in den Augen der Opposition der Schlüssel zur Krise sind? Sind die inländischen Funktionsträger in der Lage, zu einer Einigung untereinander zu kommen in Anbetracht der aktuellen Teilung/Polarisierung innerhalb der mazedonischen Gesellschaft?
Wie gesagt, je weniger „Ausländer“ involviert sind, desto besser für das Land. Dies sollte der Grundsatz des politischen Dialogs in jeder polarisierten Gesellschaft sein. Es ist Zeit, die politische Kultur hin zum Kompromiss umzuwandeln. Der Kompromiss ist das Schlüsselwort für politische Entwicklung.
Als rein observierenden Ausländer ist die Mentalität des „Du bist entweder für oder gegen mich“ schwer nachvollziehbar. Das Leben ist nicht nur schwarz oder weiß, sondern farbenfroh.
4. Was sollte Vorrang haben? Um einen neuen Wahltermin schachern oder die Einhaltung der Verpflichtungen des Priebe Berichts? Seit sich die SDSM zuerst gegen die Wahlen im April und dann im Juni stellte, fordert deren Anführer Zoran Zaev Neuwahlen im Oktober oder März nächsten Jahres. Welches Szenario halten Sie für wahrscheinlich?
Das Datum spielt für mich keine so große Rolle. Wichtig ist, dass alle Parteien einen Kompromiss in sämtlichen Streitpunkten erreichen und gemeinsam das Abhalten einer fairen Wahl verkünden. Der Priebe Bericht und das Przino Abkommen könnten hier als nützliche Werkzeuge zum Erlangen der nötigen Standards dienen.
5. Wie beurteilen Sie die Entscheidung von Präsident Gjorgje Ivanov, 56 Personen erst zu begnadigen und seine Entscheidung dann nur teilweise rückgängig zu machen? Würden Sie sagen, diese Entscheidung wird dabei helfen die Lage im Innern zu entspannen oder wird sie die politischen Lager weiter spalten?
Ich glaube, dass Präsident Ivanov im tiefen Glauben handelte um die politische Krise zu lösen. Aus rechtlicher Sicht könnte seine Entscheidung an der Grenze der rechtlichen Grundlage sein. Ich hoffe wirklich, dass dies nicht dem Amt des Präsidenten als solchem schadet.
6. Glauben Sie, die politische Elite kann die Unterwanderung von Kriminellen in allen Bereichen der Gesellschaft nicht sehen? Oder will sie sie nicht sehen?
Korruption, Vetternwirtschaft und Klientelismus sind Gegenstand von Diskussionen in jeder Gesellschaft. Für die Menschen, die Bürger, ist es entscheidend, die mögliche Unterwanderung in der Gesellschaft zu erkennen und mit dem Gebrauch ihres Wahlrechts zu bestrafen, und als Bürger verstärkt aktiv zur Verbesserung der Gesellschaft beizutragen.
7. Inwieweit hat die politische Krise Einfluss auf die europäische Perspektive Mazedoniens bzw. stellt diese in Frage?
Man muss ehrlich zu den mazedonischen Bürgern sein. Die EU befindet sich gerade selbst in einer Krise und ihre Institutionen brauchen Reformen. Das heißt, selbst wenn Mazedonien all die Kriterien erfüllt die nötig sind um die Verhandlungen zu beginnen, wird es für die EU und EU-Politiker schwierig werden, ihren eigenen erweiterungsmüden Bürgern zu erklären, warum eine erneute Erweiterung der Union notwendig ist.
8. Die Konrad Adenauer Stiftung steht der VMRO DPMNE sehr nahe; viele Abgeordnete und Bürgermeister haben ihre politische und akademische Ausbildung durch diese Stiftung erhalten. Fühlen Sie sich enttäuscht von den Ergebnissen und dem Verhalten einiger Parteimitglieder in hohen Ämtern?
Als politische Stiftung aus Deutschland, finanziert durch verschiedene Ministerien, ist unser erstes Ziel die politische Bildung der Bürger. Dies beinhaltet auch den Dialog mit den uns nahestehenden Parteien. Die Konrad Adenauer Stiftung steht der Christlich Demokratischen Union (CDU) und der Europäischen Volkspartei (EPP) nahe, deren Mitglied die VMRO-DVNP ist. Nur 20% unseres Gesamtetats fließen in Bildungsprogramme auf Parteiebene. Nur 26 unserer über 100 Stipendiaten sind aktive Parteimitglieder. Soziales Engagement ist uns wichtiger als Parteinähe.
Politik setzt einen Dialog voraus. Ohne Dialog keine Verbesserung der Situation. Als Stiftung brauchen wir uns nicht für den Dialog mit der politischen Elite zu entschuldigen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich würde generell niemals den moralischen Zeigefinger gegen jemanden erheben.
9. Glauben Sie, dass Deutsche Modell einer großen Koalition mit einer Regierung aus sowohl Sozialdemokraten und Demo-Christen wäre in Mazedonien denkbar?
Ein Modell einfach zu kopieren ist generell kein guter Ansatz. Jede Gesellschaft sollte ihren eigenen Weg finden. Die beste Lösung bezieht die Bedürfnisse der Bürger mit ein und berücksichtigt die Mentalität, die Geschichte der Region, und ihre Erfahrungen.
10. Was halten Sie von den Gerüchten rund um Bestechung und eine Monopol-stellung rund um die Telekom? In den USA und in Deutschland laufen bereits die Untersuchungsverfahren, jedoch nicht in Mazedonien, wo es zu diesen Bestechungen kam und wo die Behörden schweigen.
Zu dieser speziellen Frage kann ich keine Antwort geben. Ganz gleich in welchem Wirtschaftssystem man lebt, Monopole sind ein Problem für jede Gesellschaft.