Quelle: https://youtu.be/1cWNaS7p9po | Youtube Kanal der KAS
Team-Meetings statt physischer Treffen mit den Kolleginnen und Kollegen, Digitalunterricht vor dem PC, Treffen mit Freunden via Facetime. Die Corona-Pandemie treibt die Digitalisierung in Deutschland voran. Unternehmen lernen, dass ihre Mitarbeiter auch dann noch produktiv arbeiten, wenn sie es vom Küchentisch aus tun. Schulen und Behörden stocken digital auf. Aber ist so viel digitaler Alltag auch gut für unsere Psyche?
Die Sozialpsychologin Dr. Catarina Katzer beschäftigt sich damit, wie sich Digitalisierung auf unser Denken, Fühlen, Handeln auswirkt. Sie sieht auch negative Entwicklungen:
„Wir müssen Digitalisierung vorantreiben, natürlich, in allen Bereichen der Arbeitswelt, aber wir müssen genau schauen, dass wir auch digitale Kompetenzen erlernen. Wir sehen, dass unsere Psyche extrem darunter leidet, dass wir uns nicht mehr physisch sehen. Sozialer Austausch und Kommunikation funktionieren besser, wenn wir uns ‚face to face‘ gegenüberstehen. Wir brauchen den richtigen Austausch von Mensch zu Mensch.“
Der ‚information overload‘ verändert unser Digitalverhalten
Seit Jahren verschmelzen wir zunehmend mit unseren digitalen Endgeräten. Viele von uns haben auch schon vor der Pandemie viele Stunden am Tag vor dem Laptop und am Smartphone verbracht. Auch, weil die Betreiber von sozialen Netzwerken alles dafür tun, unsere Aufmerksamkeit durch gezielten Einsatz von Algorithmen möglichst lange zu binden. Dabei setzen die Plattformen vor allem auf kurze und knappe Inhalte. Die Folge: unsere Aufmerksamkeitsspanne wird kürzer und kürzer, beobachtet Dr. Catarina Katzer.
„Dieser ‚information overload‘ im Netz und dazu unser eigenes Digitalverhalten, also dieses unbewusste ständig darauf konditioniert werden in die neuen Medien zu gucken, bedeutet auch, dass wir unsere Wahrnehmung verändern. Wir entwickeln neue Mechanismen der Informationsverarbeitung und die heißen: kurz und knackig. Und wir scannen nur noch ab, das heißt wir lesen Informationen gar nicht mehr richtig. Sondern wir suchen nach Buzz-Words, Schlüsselbegriffen.“
Fake News und Verschwörungsmythen
Doch längst nicht alles, was wir im Netz lesen, ist auch wahr. Das Internet ist voller Falschinformationen, Verschwörungstheorien und Mythen. Bestimmte Gruppen streuen bewusst falsche Nachrichten, um ihre politische Agenda zu pushen – z. B. eine Meldung über vermeintliche Nebenwirkungen einer Impfung, die es so gar nicht gibt. Längst nicht jeder erkennt, dass es sich um falsche, gefakte Nachrichten oder auch Fotos handelt. Oder, dass ein Video aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Vor allem dann nicht, wenn die Falschmeldung die eigene Meinung stützt.
Dr. Catarina Katzer sagt dazu: „Diese kognitive Fähigkeit zu unterscheiden, zu hinterfragen, auch zu gucken, welche Quelle könnte denn dahinterstecken, die haben längst nicht alle Internetnutzer.“
Es braucht mehr Medienkompetenztraining, sagt die Sozialpsychologin, angefangen bei den Schulkindern. „Das ist ein ganz essentieller Faktor, den wir zukünftig in die Schule hineinbringen müssen.“
Der Hass aus dem Netz schwappt auf die Straße
Ein weiterer Punkt der Dr. Catarina Katzer Sorgen bereitet ist die zunehmende Verrohung der Debattenkultur im Internet. Politiker wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach bekommen Morddrohungen. User beschimpfen sich gegenseitig, weil sie verschiedene Meinungen zu den politischen Maßnahmen haben.
„Im Netz trennen wir uns als Täter von unserer Handlung“, so Dr. Catarina Katzer. „Wir sitzen nicht mit der Person in einem Raum. Dadurch entsteht eine extreme Distanz zu den Menschen, mit denen wir kommunizieren. Wir sehen sie nicht, wie fühlen nicht, was wir ihnen antun.“
Dr. Catarina Katzer beobachtet, dass der Hass im Netz für viele immer normaler wird – und auch ins echte Leben überschwappt. Und Corona hat das nochmal verschärft. Auch hier könnte mehr Bildungsarbeit helfen, um die Einflüsse des Internets auf unser aller Denken, Fühlen und Handeln besser zu verstehen.
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