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Ronny Blaschke

#KASkonkret

„Im vermeintlich unpolitischen Fußball kann man weite Netzwerke knüpfen“​​​​​​​

KASkonkret_#47: Unsere Interviewreihe zu Themen der Zeit

Die EM 2020 hat begonnen – mit einem Jahr Verspätung. Im Hintergrund geht es auch um Machtinteressen. #KASkonkret im Gespräch mit dem Sportjournalisten Ronny Blaschke

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24 Nationalmannschaften kicken zurzeit um den EM-Titel, Corona-bedingt mit einem Jahr Verspätung. Erstmals findet die EM parallel in 11 verschiedenen Ländern statt. Es soll ein Fest der Vielfalt, der Toleranz, der Menschenrechte sein. Aber das ist nur die vordergründige Seite, sozusagen die Fassade, sagt der Sportjournalist Ronny Blaschke in Folge 47 von #KASkonkret. Im Hintergrund gehe es immer auch um Macht und Politik.

 

Ronny Blaschke recherchiert seit Jahren zum Thema Sportpolitik, hat das Buch „Machtspieler“ geschrieben. Das Modell der Verquickung von internationalen Sportevents und Außen- sowie Wirtschaftspolitik hat in seinen Augen der russische Präsident Wladimir Putin groß gemacht. Auch bei dieser EM ist Russland vertreten. St. Petersburg trägt sieben EM-Spiele aus, nur London kommt auf mehr.

 

„Das allein ist schon interessant, aber was dahintersteckt, noch mehr: Einer der wichtigsten Sponsoren im Fußball ist der russische Staatskonzern Gazprom. Bei Gazprom geht es um teils umstrittene Pipeline-Projekte. Wenn russische Gas-Manager einen Termin bei deutschen oder britischen Politikern wollen, dann müssen sie meist lange warten. Da ist es viel einfacher, sich ‚zufällig‘ im Stadion zu treffen, auf der VIP-Tribüne z. B. Und es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass im Aufsichtsratsgremium der UEFA ein russischer Vertreter sitzt, der auch Manager einer Gazprom-Tochter ist. Das ist aus russischer Sicht schon clever. Das ist ein neues Modell der Außenpolitik im 21. Jahrhundert.“

 

Fußball als politisches Schmiermittel

 

Mit den Austragungsorten Budapest in Ungarn und Baku in Aserbaidschan sind zwei Länder bei dieser EM vertreten, die nicht gerade als Demokratie-Vorbilder gelten. Viktor Orbáns Politik ist nationalistisch geprägt, innerhalb der EU tritt er als Blockierer auf. In Aserbaidschan gibt es keine freien Medien, Staatschef Aliev kann man getrost als Diktator bezeichnen. Beide Länder nutzen den Fußball generell auch für politische Zwecke, so Ronny Blaschke: „Im Fußball, weil er vermeintlich so unpolitisch ist, kann man doch weite Netzwerke knüpfen – und das ist auch bei dieser EM der Fall.“

 

Beispiel Ungarn: Victor Orbán ist seit 2010 in Ungarn an der Macht und hat seitdem Beträge in Milliardenhöhe in neue Stadien, Sportstätten und Talentwerkstätten gesteckt. Einige seiner Partei-Vertrauten sitzen in den Führungsetagen großer Fußballclubs. „Da werden Netzwerke geschmiedet, es werden Kontakte zu Wirtschaftsgrößen geknüpft, Aufträge verteilt, z. B. für Bauvorhaben, im In- und Ausland. Der Fußball ist da so eine Art Schmiermittel für Führungskräfte innerhalb des Landes. Jetzt, mit der EM, ist Zahltag und jetzt kann der in der EU ungeliebte Orban zeigen: wir sind da.“

 

Boykott als Lösung?

 

Auch Machtplayer, die mit der EM gar nichts zu tun haben, mischen mit: von den wichtigsten EM-Sponsoren kommen einer aus Katar und fünf aus China, so Ronny Blaschke. Die UEFA denke nicht in Kategorien von Menschenrechten, sondern v. a. kommerziell. Die Fußball-WM 2022 wird in Katar gespielt. Der FC Bayern München ist geschäftlich eng mit Katar verbunden, trotz der Menschenrechtsverletzungen in dem arabischen Land, über die immer wieder berichtet wird. Viele Fußball-Fans stört das, immer wieder gibt es Forderungen, die WM 2022 zu boykottieren. Auch im Vorfeld der EM gab es Boykott-Aufrufe. Ist das die Lösung? Ronny Blaschke sagt dazu:

 

„Wer das konsequent zu Ende denkt: jeder darf sich ein neues Hobby suchen, jeder kann weniger Trikots kaufen. In Deutschland geben die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sehr viel Geld aus, um die WM oder die EM ausstrahlen zu dürfen, auch das kann man kritisieren. Aber ich will das Ganze nicht komplett aufgeben. Innerhalb eines schlechten Systems kann man auch für etwas Gutes streiten.“

 

Ronny Blaschke sieht für Deutschland vor allem die Politik in der Pflicht. „Wenn der Fußball sich selbst nicht reformieren kann – und offenbar kann er das nicht, denn in den Führungsetagen sitzen überwiegen Männer, es gibt kaum Schwarze Menschen, kaum Menschen mit Einwandererbiographie – dann sollte die Politik hier Druck ausüben. Sie sollte den Wandel und die Reformen im Fußball an Bedingungen knüpfen.“

 

Weitere Folgen von #KASkonkret…

 

…und die ganze Folge mit Ronny Blaschke findet ihr auf dem YouTube-Kanal der Konrad-Adenauer-Stiftung, „onlinekas“. 

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Über diese Reihe

Unsere Interviewreihe, in der wir jede Woche aktuelle und dringliche Themen besprechen. Wir tun dies auf Facebook und wir tun es live!