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Veranstaltungsberichte

IOL - Legal Encounter in Birzeit - „Recht, Politik, Sozialwissenschaften“

Im Rahmen der Vortragsreihe “Legal Encounter”, einem Gemeinschaftsprojekt des Institute of Law (IOL) der Birzeit Universität und der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Ramallah, hielt Prof. Jacques Comaille, Vorsitzender des Centre for Interdisciplinary Research in Vaucresson (Frankreich) und Professor Emeritus an der Ecole Normal Superieure Cachan einen Vortrag zum Thema „Recht, Politik, Sozialwissenschaften“.

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Comaille betonte dabei die Wichtigkeit einer interdisziplinären Annäherung innerhalb der Forschung in der heutigen schnelllebigen Zeit. Er erklärte, dass diese interdisziplinäre Annäherung an die Gesetzgebung aus der Arbeit früher Soziologen erwachsen sei, die die Grundidee der Legislative als Angelegenheit der Anwälte und Richter in Frage stellten und dieser widerstrebten. Sie argumentierten, dass die Gesetzgebung als Phänomen von Soziologen und Sozialwissenschaftlern untersucht werden könnte, ja sogar müsste, und dass die Natur, die Rolle und die Folgerungen der Gesetzgebung in einem sozialen Kontext erforscht werden müsse. Die Vorstellungen, was Gesetzgebung darstellt, seien geschichts- und kulturspezifischer Art, im Gegensatz zu Rechtstheorien, die oftmals eine positivistische, puristische Gesetzestheorie postulieren.

Die wissenschaftlichen Disziplinen, die die Idee der Gesetzgebung als geschlossenes und statisches System anfechten, reichen von der Soziologie, über die Philosophie, die Psychologie, die Politikwissenschaft bis hin zur Anthropologie. Aus anthropologischer Sicht beispielsweise ist die Gesetzgebung ein relatives System. Anthropologen sehen ebenso viele Denkansätze bezüglich der Gesetzgebung, wie Denkansätze über die Welt und die Gesellschaft.

Nach Comaille bringe ein derartiges interdisziplinäres Verständnis von Gesetzgebung die Ablehnung herkömmlicher Arbeitsaufteilung mit sich, die Anwälten und Juristen die Aufgabe der Gesetzesanalyse als Doktrin (Normen, Regeln, Leitsätze, Konzepte und deren Art der Interprätation und Validierung) und Soziologen die Aufgabe, diese als kausatives Verhalten zu betrachten, zuweise.

Comaille plädierte auf eine Rückbesinnung auf die Begründer der Soziologie der Rechtslehre (wie Weber, Durkheim und andere), die Rechts- und Gesetzesdoktrin zum zentralen Punkt ihrer soziolinguistischen Interessen in diesem Forschungsfeld machten. Inzwischen sind Gesetzesideen als Ergebnis historischer, kultureller, politischer oder fachmännischer Grundgegebenheiten anerkannt, die durch soziolinguistische Untersuchungen beschrieben und erklärt werden könnten.

Der Redner verwies auch auf die Idee, dass sozial-gesetzliche Studien – im Gegensatz zu der Auffassung der meisten Rechtsberater – einen Einblick in die Beschaffenheit von Gesetzesideen verschaffen könnten und zu einem besseren Verständnis der Gesetzeslehre beitragen könnten. Das soziologische Verständnis von Recht sei möglich, sowie notwendig. Prof. Commaille betonte, dass eine interdisziplinäre Annäherung an das Gesetz nicht als Einhaltung der Methoden der Soziologie oder der Politikwissenschaft, sondern eher als Annäherung an disziplinübergreifenden Verständnis von Gesetzesideen aufgefasst werden solle, um die Gesetzgebung als soziales Phänomen zu betrachten.

In der nachfolgenden Diskussion stand die zentrale Frage im Mittelpunkt, wie man eine interdisziplinäre Annäherung an die Gesetzgebung in den unterschiedlichen Forschungsbemühungen von Forschungszentren, wie dem IOL erzielen könne. Ebenso wurde die Frage behandelt, wie man sicherstellen könne, dass Rechtsberater, Richter und Staatsanwälte im Bildungsprozess Initiativen bezüglich Rechtsreformen der Palästinensischen Autoritätsregierung kritisch beurteilen könnten. Besonders in einem Kontext, der zahlreiche Unsicherheiten in sich birgt.

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Institute of Law http://www.kas.de/palaestinensische-autonomiegebiete/de/publications/20267/

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