Veranstaltungsberichte
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Ramallah und MIFTAH arbeiten seit 2010 im Bereich der Stärkung der Medien zusammen. Das gemeinsam erarbeitete Projekt „Promoting Good Governance through Empowering Media Students: A Critical Reading of Print Media“ wurde durch die Schaffung einer die Medien beobachtenden Analystengruppe initiiert. Den Journalistikstudenten an den palästinensischen Universitäten werden dazu praxisorientierte Vorträge, Workshops und Schulungen zur verantwortlichen Berichterstattung angeboten. Dies soll die Studenten dazu befähigen, die palästinensische Medienberichterstattung kritisch aufzunehmen.
Die zweite von fünf Präsentationen 2011 fand am 7. Juli in den Räumen von MIFTAH statt. Medienstudenten verschiedener palästinensischer Universitäten nahmen daran teil. Die Studenten analysierten wie die Berichterstattung der drei großen palästinensischen Tageszeitungen („al-Quds“, „al-Ayyam“ und „al-Hayat al-Jadida“) am Tag nach dem Bombenanschlag auf einen israelischen Bus in Jerusalem im März 2011 ausfiel. Zur gleichen Zeit eskalierte die Gewalt im Gazastreifen und die Proteste in Syrien begannen in der Stadt Deraa.
Während al-Quds' auf der ersten Seite in ihrem Hauptartikel über die beginnenden Proteste in Deraa berichtete, drehten sich die Hauptartikel in al-Ayyam und al-Hayat al-Jadida um die Gewalt in Gaza und den Anschlag in Jerusalem. Die Studenten kritisierten hierbei scharf, dass diese beiden Ereignisse innerhalb einer Überschrift miteinander verbunden wurden, und so der Eindruck erzeugt wurde, die Eskalation in Gaza und der Anschlag in Jerusalem stünden in Verbindung. Diesen Zusammenhang hatte auch Israels Premierminister Netanjahu in einer ersten Stellungnahme hergestellt.
Die Studenten erklärten dies als politische Entscheidungen der Redaktionen. Dass al-Quds zwar auch auf der ersten Seite, nicht jedoch im Hauptartikel, über die Eskalation in Gaza und den Jerusalemer Anschlag berichtete, sahen sie als bewusste Abgrenzung gegenüber der Hamas. Da die Zeitung als Fayyad-nah gilt, sei dies der Versuch der Hamas so wenig Öffentlichkeit wie möglich zu bieten.
Ein weiterer Kritikpunkt der Studenten richtete sich gegen den Einsatz von expliziten Fotos auf den Titelseiten aller Zeitungen. Die übliche Praxis, Leichen von Kindern abzubilden, sei unmoralisch und nicht vertretbar. Stattdessen könnte man zum Beispiel Fotos von Hinterbliebenen benutzen. Weiter fiel den jungen Analysten auf, dass die Medien zögerlich seien, Opfer des Gegners abzubilden. Außerdem seien die Fotos oft von schlechter Qualität und es werden oft zu viele auf einer Seite gedruckt.
Als Ergebnis wurde festgehalten, dass es im Bereich der unabhängigen Berichterstattung noch viel Nachholbedarf gäbe. Oft würden die Entscheidungen, welches Ereignis zum Hauptartikel gemacht werde, aus politischen Gründen von den Redaktionen getroffen. Interne redaktionelle Entscheidungsprozesse müssten reformiert werden. Auch sei es fragwürdig, dass führende Kräfte in den Zeitungen über keinen journalistischen Hintergrund verfügen bzw. enge private Kontakte zu Spitzenpolitikern pflegen. Genau dieser Punkt, die überparteiliche und kritische Arbeit eines Journalisten, ist ein Kernthema der Zusammenarbeit der KAS Ramallah mit MIFTAH.