Veranstaltungsberichte
1. Veränderung der Energiematrix: das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland
Dr. Christian Hübner, Leiter des Regionalprogramms „Energiesicherheit und Klimawandel in Lateinamerika“ der KAS in Lima/Peru, referierte über die deutsche Energiewende unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, bei der es sich um eine tiefgreifende Veränderung der Energiematrix handele. Zu den Zielen der Energiewende gehört der komplette Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie bis 2022. Zudem sollen 70 Prozent des Energieverbrauchs mit erneuerbaren Energien gedeckt und die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 Prozent reduziert werden. Der Rechtsrahmen für diese Umwandlung ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches die Preise der erneuerbaren Energien regelt und die Verteilung der Kosten auf alle Verbraucher ermöglicht. Strategische Kriterien für den Erfolg der Energiewende sind etwa Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit in der Energiebeschaffung und die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit.
Der Anteil an erneuerbaren Energien beträgt momentan 11 Prozent. Mit 35 Prozent Erdöl, 20 Prozent Erdgas und jeweils zwölf Prozent Stein- und Braunkohle haben fossile Brennstoffe bisher noch den größten Anteil an der deutschen Energiematrix, Kernenergie macht acht Prozent aus. Die Energiewende stellt somit eine große Herausforderung dar, insbesondere: die Einrichtung neuer Vertriebsnetze von den Produktionsbereichen zu den Regionen mit hohem Verbrauch, die Einbeziehung erneuerbarer Energien im Verkehrssektor und die Dezentralisierung der Energieproduktion. Als positive, kurzfristige Auswirkungen der Energiewende hob Hübner die zunehmende Unabhängigkeit Deutschlands von der Erdölproduktion sowie den stärkeren Willen für die Bereitstellung von innovativen Lösungen seitens der Unternehmen hervor.
Darüber hinaus nannte Hübner die Hauptziele des Regionalprogramms „Energiesicherheit und Klimawandel in Lateinamerika“: die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des Klimawandels auf lokaler Ebene, die Energiesicherheit sowie den Dialog zwischen Lateinamerika und Deutschland.
2. Gesetzesreformen für die Energiesicherheit
Der Abgeordnete Rubén Camarillo, Sekretär der Energiekommission der Abgeordnetenkammer der Vereinigten Mexikanischen Staaten, stellte Mexiko, wo 70 Jahre lang ein staatliches Monopol herrschte, als Paradigma in der Energieproduktion vor. Aus der politischen Opposition heraus versucht die nationale Aktionspartei (Partido Acción Nacional) dazu beizutragen, Alternativen zu dem Monopol aufzubauen. Dadurch verspricht sich die Partei zunehmende Investitionen, positive Ergebnisse bei der Bekämpfung von Armut sowie die Unterstützung der lokalen Energieproduktion.
Mexiko als Öl-Macht ist zu 50 Prozent auf Benzinimporte angewiesen. Dies zeigt deutlich die Notwendigkeit, den Export von Erdöl aufzugeben und neue Raffinerien im Land aufzubauen – dies geschieht allerdings seit über 40 Jahren nicht.
3. Energieregulierungskommissionen – das Beispiel Mexiko
Guillermo Bustamante, Generaldirektor für Rechtsfragen der Energieregulierungskommission (Comisión Reguladora de Energía), hielt eine Präsentation über das neue institutionelle Arrangement, das Mexiko benötigt, um die Reformen seines Vorgängers durchzuführen. Einer der Erfolge der Reform ist die Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse und die Entwicklung einer klaren und sichtbaren Energiepolitik. Die Reform wird außerdem durch eine institutionelle Struktur unterstützt, die den Beteiligten Rechtssicherheit bietet. Bustamante erläuterte die Probleme, die durch die Verwendung der Investmentfonds entstehen, sowie die Tatsache, dass die öffentlichen Finanzen von mehr als 80 Prozent von der Nutzung fossiler Brennstoffe abhängig sind.
Abschließend erwähnte er auch die Probleme im Zusammenhang mit der Beseitigung der fossilen Abfälle. Es müsse ein Weg gefunden werden, diese Abfälle zu reduzieren.
4. Energiematrix und Klimawandel: Herausforderungen in Lateinamerika für die Nachhaltigkeit
Der Abgeordnete Patricio Vallespín der christlich-demokratischen Partei (Partido Demócrata Cristiano), Mitglied der Kommission für Umwelt und Naturressourcen der Abgeordnetenkammer von Chile, definierte den Klimawandel als neue Herausforderung für die Menschheit. Wissenschaftler bestätigen, dass der Wandel mit einem nicht-nachhaltigen Entwicklungsmodell verbunden ist und dieses langfristig geändert werden müsste.
Einige Folgen des Klimawandels sind die Zunahme extremer Wetterereignisse, Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion und das Wiederaufleben von Krankheiten. Das sind alles Phänomene, die eine Gefahr für die menschliche Zivilisation darstellen. Diese Diagnose zeigt, dass eine bloße Anpassung oder die Hoffnung auf eine technologische Lösung (Reengineering) keinen begehbaren Weg darstellt. Um eine langfristige Änderung zu erreichen, ist die sofortige Reduzierung der Emissionen eine plausible Lösung.
Um dieses Ziel erfolgreich umzusetzen, ist jedes Land auf die Teilnahme seiner Bevölkerung angewiesen. Der gehorsame Verbraucher muss Verantwortung übernehmen und sich zu einem mündigen Bürger entwickeln. Die Entscheidungen, die heute getroffen werden, legen den Grundstein für zukünftige Generationen und stellen die große Herausforderung für die christlich-demokratischen Parteien und den Humanismus dar.