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Veranstaltungsberichte

Eine Debatte über die Regionale Ordnung in der Levante

Expertendiskussion

Das Regionalprogramm Politischer Dialog Südliches Mittelmeer der KAS hat in Zusammenarbeit mit dem International Relations Council of Turkey und dem Center for Turkish Studies eine hochkarätige Podiumsdiskussion über die regionale Ordnung in der Levante organisiert. Die Veranstaltung fand am 25. April an der Kadir Has Universität in Istanbul statt und ist die Fortsetzung einer Konferenz und einer Anthologie zu diesem Thema, die in Zusammenarbeit mit dem KAS-Regionalprogramm Südliches Mittelmeer und dem International Relations Council of Turkey erstellt wurde.

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Die Levante - allgemein bekannt als das östliche Mittelmeer - hat aufgrund ihrer geostrategischen Nähe zu Europa, ihrer enormen natürlichen Ressourcen und ihrer vielfältigen religiösen Disposition historisch gesehen die Bühne für große Machtrivalitäten geschaffen. In den letzten Jahren haben sich die historischen Spannungslinien verstärkt und vertieft und es sind neue Konflikttreiber entstanden, die zum Zusammenbruch des vorherrschenden regionalen Modells der Machtteilung geführt haben. Vor diesem Hintergrund hat die KAS Regionalprogramm Südliches Mittelmeer in Zusammenarbeit mit dem International Relations Council of Turkey einen Band mit dem Titel „The Levant: From Ancient Gateway to Modern Chaos - Search for a Regional Order” publiziert. Die Diskussion am Runden Tisch an der Kadir Has University brachte die Debatte einen Schritt weiter und engagierte sich kritisch mit dem aktuellen Ringen für eine regionale Ordnung in der Levante.

Moderiert wurde das Panel von Prof. Dr. Mustafa Aydin von der Kadir Has University und bestand aus Beiträgen von Sami Nader aus dem Libanon, Dr. Irina Zvyagelskaya aus Russland, Dr. Nader Habibi aus den USA, Dr. Hassan Ahmadian aus dem Iran und Dr. Özlem Tür von der METU in Ankara.

Sami Nader begann die Podiumsdiskussion mit dem Hinweis auf den amerikanischen Rückzug, der es Russland und dem Iran ermöglicht hat, in der Levante stärker Fuß zu fassen, und nutzte den Irak als Beispiel, welches symbolisch für die vorherrschenden Probleme in der Region steht: Während das durchschnittliche Wirtschaftswachstum ein Prozent nicht übersteigt, wächst die Bevölkerung weiterhin überproportional. Die daraus resultierenden Sozialökonomischen Spannungen werden die Region auch weiterhin prägen.

Irina Zvyagelskaya fügte hinzu, dass es im Nahen Osten nie Nationalstaaten geben hat, sondern die Region auf ein System der Checks-and-Balances angewiesen sei, das in den letzten Jahren sein Gleichgewicht verloren habe. Die Erwartungen an die Levante sind daher völlig unvorhersehbar. Doch im Einklang mit der Annahme von Sami Nader, dass neue Technologien ein neues Checks and Balances-System ermöglichen, welche einer dringend benötigten und oft fehlenden oppositionellen Komponente in der Region ähnelt. Die Region, wie Zvyagelskaya feststellte, die durch einen schwachen Staat und eine starke Gesellschaft gekennzeichnet ist, ist geprägt durch die Suche nach Gerechtigkeit als Kernziel, was sich in der Suche nach einer neuen regionalen Ordnung wiederspiegelt, und diesbezüglich auch in Form des islamischen Staates zu erkennen war.

Nader Habibi hingegen stellte zunächst Sami Naders Argument in Frage, dass sich die USA aus den regionalen Angelegenheiten zurückgezogen hätten, da sie immer noch stark in den arabisch-israelischen Konflikt, den syrischen Konflikt und die spürbaren Auswirkungen der US-Sanktionen auf die Länder der Levante verwickelt seien. Darüber hinaus argumentierte Habibi, dass die Nationalstaaten nicht an Wichtigkeit verlieren, wie es bei den Golfstaaten, die immer noch sehr mächtig sind, offensichtlich ist.  Die Frage, wer eine neue regionale Ordnung bestimmt, wird sich auf vor allem darauf konzentrieren, "wer mehr wirtschaftliche Anreize bieten kann", und in dieser Hinsicht kann die Fluidität der Ölpreise ein zentraler Indikator sein.

Hassan Ahmadian betonte, dass die Vision des Iran sehr stark mit der Levante verbunden ist und dass sie wahrscheinlich eine Schlüsselrolle für die regionale und sogar internationale Politik des Iran spielen wird. Derzeit befindet sich der Iran aufgrund einer maximalen Drucksituation durch US-Sanktionen sowie Tendenzen zum Regimewechsel in einer "Verhandlungsstimmung", wie sie der Astana-Prozess und der vorherige Atomvertrag zeigen. Nach dem Scheitern einiger Verhandlungen stellte das Panel jedoch die Frage, ob der Iran aufgrund des Überlebensmodus des Regimes in den letzten Jahren mit einer "geladenen Waffe" an den Verhandlungstisch zurückkehren wird. Dennoch stellt Ahmadian fest, dass sich die Regionalpolitik des Iran wahrscheinlich nicht ändern wird, da die militärische Eigenständigkeit, wie seine ballistischen Raketen, und die Vernetzung der Milizen in der gesamten Region der einzige Weg für den Iran ist, seine nationalen und regionalen Ziele zu verfolgen.

Özlem Tür warnte das Panel davor, dass zwar in der gesamten Region Verwerfungen auftreten, wir aber den "Proxy"-Aspekt und das sektiererische Paradigma auf Kosten der geopolitischen Realitäten in regionalen Angelegenheiten zu sehr betonen. Darüber hinaus muss mehr Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, dass die Demografie der Region vernachlässigt wird und dass der Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und geopolitischen Fragen mehr Beachtung finden muss. Nach kritischen Fragen aus dem Publikum argumentierte Tür weiter, dass die Staats- und Regierungschefs von Vetternwirtschaft besessen seien - an der Macht bleiben statt Reformen durchzuführen. Dennoch war sich das Gremium einig, dass die Dynamik der Jugendlichen im Einklang mit einem immer höheren Bildungsniveau steht, und somit die Jugend die Hoffnung für die regionale Entwicklung darstellt.

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