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Polen und die Einführung des Euro

Stand und Perspektiven

Bericht

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Polen und die Einführung des Euro

Stand und Perspektiven

von

Oda von Breitenstein und Stephan Raabe

Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen

Warschau, 30. Mai 2005

1. Der Euro in der öffentlichen Debatte

Bei der öffentlichen Diskussion europäischer Fragen stehen momentan die Themen Finanzplanung und Verfassungsvertrag im Vordergrund. In Expertenkreisen in Politik und Wirtschaft wird jedoch sehr wohl über den Termin der Einführung des Euros und der damit verbunden Chancen und Probleme debattiert. Bereits vor dem Beitritt Po-lens zur EU nahm der Euro einen wichtigen Platz in der öffentlichen Debatte in Polen ein. Denn mit dem Euro als gemeinsames Zahlungsmittel wird die Europäische Union für die Menschen ganz praktisch erfahrbar. Statt starker D-Mark und schwachem Zlo-ty eine gemeinsame Währung – diese Belohnung für die schwierigen Zeiten der Transformation möchten viele Politiker ihren Wählern so schnell wie möglich zuteil werden lassen. Dementsprechend breit ist auch die Zustimmung zum Euro in der politischen Klasse: Die noch regierenden Postkommunisten sprechen sich genau wie die voraussichtlich zukünftigen Regierungsparteien, die liberal-konservative Bürger-plattform (PO) und die national-konservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) für einen Beitritt zur Eurozone aus. In der Bürgerplattform wird sogar die – wenig rea-listische – unilaterale, also einseitig von Polen betriebene Einführung des Euros dis-kutiert, eine Diskussion, die auch schon vor Polens EU-Beitritt geführt wurde, aber aller Voraussicht nach am Widerstand der polnischen und europäischen Zentralban-ken scheitern wird. Die PiS möchte sich dagegen lieber noch etwas Zeit mit der Eu-roeinführung lassen. Nur die populistische Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidi-gung) sowie die national-populistische Partei der Liga der polnischen Familien haben ihren Widerstand gegen die Euro-Einführung angekündigt. Die Wirtschaft erhofft sich durch einen raschen Beitritt Vorteile. Eine Reihe von Studien, die in den letzten Mo-naten von der Polnischen Nationalbank, von unabhängigen Think Tanks wie von Banken veröffentlicht wurden, bestätigen die Auffassung, dass die Vorteile der Euro-einführung über die Nachteile und Risiken, die damit auch verbunden sind, überwie-gen.

2. Polens „Euroreife“ und administrative Vorkehrungen

Mit seinem Beitritt zur Europäischen Union verpflichtete sich Polen zur Mitgliedschaft in der Eurozone. Opt-out Klauseln, wie sie z. B. für England gelten, sind für die neu-en Beitrittsländer nicht vorgesehen. Um der Eurozone dann auch tatsächlich beizu-treten, muss Polen jedoch zwei Kriterien erfüllen: Zum einen muss Polen zwei Jahre lang am Wechselkursmechanismus (EWS II) teilgenommen, d.h. seinen Wechselkurs gegenüber dem Euro innerhalb einer Bandbreite von +/– 15 % gehalten haben. Zum anderen müssen die Maastrichtkriterien eingehalten werden. Dadurch soll sowohl die nominale Konvergenz gefördert, als auch Zurückhaltung in der Fiskalpolitik garantiert werden. Zusätzlich zu den 15%-Bandbreiten müssen daher vier Referenzwerte ein-gehalten werden:

•Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1,5% von der durchschnittlichen Inflati-onsrate der drei EU-Länder mit den niedrigsten Inflationsraten abweichen.

•Der durchschnittliche langfristige Zinssatz darf nicht mehr als 2 % über der durchschnittlichen Rate dieser drei Länder liegen.

•Das Haushaltsdefizit sollte in der Regel 3 %

•und die Staatsverschuldung 60 % des BIP nicht überschreiten.

ReferenzwertInflation:

2,5%Zinsen (10 J.) :

5,7%Budgetdefizit in % des BIPs:

-3,0%Staatsverschuldung in % des BIP:

60%Wechselkurs max.(2 J.):

+/- 15%

Polen (2004)3,5%5,5%-4,7%50,6% -14,4 %

Quellen:

  • EU-Monitor, 7. April 2005, Deutsche Bank Research, www.dbresearch.de
Polens größtes Problem auf dem Weg zum Euro ist die hohe jährliche Verschuldung, die gleichzeitig zu einem immer höheren Anstieg der Staatsverschuldung insgesamt führt. Einige Experten befürchten, dass Polen 2006 die 60 % Grenze der Staatsver-schuldung überschreiten könnte.

Die Bürgerplattform (PO), die gemeinsam mit der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) nach konstanten Umfrageergebnissen sehr wahrscheinlich ab Herbst 2005 die Regierung stellen wird, hat deshalb bereits ein Sparprogramm angekündigt, um die Verschuldung in den Griff zu bekommen und das Land „reif“ für den Euro zu machen. Politiker und Experten sind sich einig, dass mit politischem Willen die Erfüllung der Maastrichtkritierien in den nächsten zwei bis drei Jahren möglich ist. In wie weit die dafür notwendigen Einschnitte politisch gewollt werden, gerade angesichts der hohen Arbeitslosigkeit von 20 % und der fehlenden Einhaltung des Stabilitätspaktes durch Deutschland, bleibt fraglich. Auf Grund dessen würde derzeit der Eintritt Polens in das EWS II ein Stabilitätsrisko bedeuten. Denn die Finanzmärkte könnten an der Glaubwürdigkeit der Wechselkursanbindung an den Euro und der Erreichbarkeit der notwendigen Euroeintrittskriterien in den angestrebten zwei Jahren zweifeln, was Attacken auf die Währung auslösen könnte. Die große EWS-Krise 1992 beweist, dass diese Befürchtungen nicht nur graue Theorie sind.

3. Datum der Euroeinführung:

Bisher ist, auch auf Grund der politischen Unsicherheiten im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Herbst 2005, noch kein Termin für den Eintritt in das EWS II festgelegt worden. Als früheste Möglichkeit wird derzeit das Datum 2009 für die Einführung des Euros genannt, ein Datum, das insbesondere von der Bürger-plattform (PO) angestrebt wird. Allen politischen Akteuren ist jedoch bewusst, dass eine Reihe von grundlegenden Reformen notwendig sind, um die Einführung des Euros zum Erfolg werden zu lassen. Erwartet wird, dass die positive Wahrnehmung des Euros in Polen einen Anreiz schaffen könnte, der die Umsetzung der Reformen erleichtern könnte.

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