Als europäische Nachbarn ist die Geschichte Polens und Deutschlands eng miteinander verwoben. Als am 9. November 1989 die Berliner Mauer fiel und es wenige Monate später zur Wiedervereinigung Deutschlands kam, lag die Grundlage dieser historischen Entwicklungen vor allem auch in Polen. Es waren die Polen und ihre Solidarność-Bewegung, die durch den erfolgreichen Streik in der Danziger Werft, den Zusammenbruch des Sozialismus in Polen und bald darauf im gesamten Ostblock einläuteten. Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges waren die deutsch-polnischen Beziehungen von einem Geist der Zusammenarbeit geprägt, der in der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages (1991) und des vorausgehenden Grenzvertrages gipfelte.
Nach dem Beitritt zur NATO und später zur EU entwickelte sich Polen als Staat im Zentrum Europas zu einem wichtigen Eckpfeiler der Europäischen Union. Aus früheren Feinden, die sich in einem über zwei Jahrhunderte andauernden Nationalitätenkampf gegenüberstanden, wurden Warschau und Berlin zu Partnern mit ähnlichen Interessen. Und doch ist das Verhältnis beider Staaten zueinander nicht spannungsfrei und hat sich seit dem Amtsantritt der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) erheblich abgekühlt. Daran hat die außenpolitische Bedrohung, die sich durch Russlands Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 ergeben hat, wenig geändert.
Während die wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Kontakte zwischen Polen und Deutschland aufblühen, stagnieren die politischen Beziehungen im Jahr der polnischen Parlamentswahlen. Gesucht sind daher weitsichtige Politiker und Brückenbauer beiderseits der Oder, die in einem vitalen deutsch-polnischen Verhältnis den Schlüssel für die Vollendung der Europäischen Einigung sehen. Von deutscher Seiter bedarf es dabei mehr Verständnis und Zugewandtheit, von polnischer Seite den Willen zu pragmatischer Kooperation um gemeinsam die Zukunft zu gewinnen.
„Rolf Nikel legt eine abgewogene Bestandsaufnahme der deutsch-polnischen Beziehungen vor. Reflektiert, kritisch und inspiriert durch eine langjährige, diplomatische Karriere beleuchtet er ein komplexes Nachbarschaftsverhältnis. Prädikat: lesenswert.“
David Gregosz,
Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen