Die Konrad-Adenauer-Stiftung wollte es genau wissen und hat in den Wochen nach der Bundestagswahl repräsentativ erhoben, von welcher Partei welche Art von Wahlwerbung erinnert wird.
Wahlkampf erreicht alle
Zunächst einmal: unübersehbar ist tatsächlich unübersehbar. 99 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland sehen über irgendeinen Kanal Wahlwerbung. Es braucht schon den genau getimeten Pazifikurlaub, um dem Wahlkampf zu entgehen.
Ganz vorne liegen die guten alten Plakate. 92 Prozent haben ein Wahlplakat gesehen. Doch auch der Flyer im Briefkasten liegt mit 65 Prozent gut im Rennen. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) erinnern sich an einen Straßenstand mit Wahlwerbung. Printanzeigen (39 Prozent) und Social-Media-Werbung (33 Prozent) sind fast gleich auf und immerhin 14 Prozent berichten von einem Besuch an Haustür oder Gartenzaun. E-Mails liegen mit fünf Prozent abgeschlagen am Ende, wohl dank der DSGVO.
Bei fast allen Formen der Wahlwerbung ist eine Erinnerung an CDU und SPD am häufigsten. Egal ob Plakate, Straßenstand, Email oder Printanzeigen, auf all diesen Kanälen erinnern sich mehr Menschen an Wahlwerbung der beiden Volksparteien als an Werbung der anderen Parteien. Einzig bei der Werbung auf Social Media ziehen die Grünen zumindest gleich. Die unterschiedlichen Wahlkampfbudgets zeigen sich recht deutlich.
Wirkung: das große Rätsel
Wie die Wahlwerbung am Ende wirkt, lässt sich mit der Befragung nicht klären. Wer wüsste schon zu sagen, welche Werbung zur Entscheidung für diesen oder jenen Schokoriegel geführt hat? Interessant ist aber doch ein Muster, das sich über alle Werbungskanäle und alle Parteien zeigt: Wahlwerbung der jeweils gewählten Partei erinnern die Menschen häufiger. Die Unterschiede sind klein, aber konsistent.
Die Bedeutung dieses Befundes ist aber weniger klar. Vielleicht überzeugte die häufigere Wahlwerbung zumindest in manchen Fällen und führte zur Wahlentscheidung für die jeweilige Partei. Vielleicht wird aber auch Wahlwerbung der ohnehin präferierten Partei besser erinnert. Oder Menschen, die generell zu einer Partei tendieren, werden von dieser Partei häufiger mit Wahlwerbung erreicht, zum Beispiel, weil das Mikrotargeting so ausgesteuert war oder in einer Nachbarschaft mit vielen Wählerinnen und Wählern der Partei auch die Ortsgruppe besonders stark ist und viele Plakate geklebt hat.
Offene Entscheidung
So bleibt offen, wie stark der Effekt von Wahlwerbung auf die Wahlentscheidung ist. Das ist bei einer rückblickenden Befragung kaum anders zu erwarten – und eine begleitende Wirkungsmessung (die auch ihre methodischen Probleme hat) ist für eine politische Stiftung aufgrund des rechtlich geforderten Abstandes zwischen Partei und Stiftung nicht möglich.
Zumindest zeitlich kann der Wahlkampf noch einen Unterschied machen. Knapp die Hälfte der Wahlberechtigten entscheidet sich nach eigenen Angaben schon einige Monate vor der Wahl. 30 Prozent treffen ihre Entscheidung nach eigener Auskunft dagegen in den letzten Wochen oder auch letzten Tagen vor der Wahl. Sie können also all die schönen Plakate, Werbebanner und Informationszettel im Briefkasten in ihre Entscheidung einbeziehen. Wie sie sich dabei entscheiden, zeigt sich dann um 18 Uhr.Über den Autor
Dr. Jochen Roose ist promovierter Soziologe und ehemaliger Juniorprofessor an der Freien Universität Berlin. Der Experte für Methoden der empirischen Sozialforschung, Partizipation und europäischen Integration ist seit 2018 in der Wahl- und Sozialforschung der Konrad-Adenauer-Stiftung
tätig. Hier stellt er seine repräsentative Studie zu Zusammenhalt in der Gesellschaft vor.
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Über diese Reihe
Rund um die Themen Kommunikation, Kampagnenmanagement und Digitale Strategie gibt der Blog Einblicke in aktuelle Trends der Politischen Kommunikation. Kommunikationsexpertinnen und -experten geben innovative, praktische Tipps für die politische Kampagne und für die Umsetzung.